Wenn die Chinesen kommen

Österreich Während Frank Stronach in seiner zweiten TV-Konfrontation überraschend ruhig und gefasst war, wirkte Michael Spindelegger völlig überdreht und viel zu übercoached.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Der Politikwissenschafter Peter Filzmaier war über das Auftreten sowohl Michael Spindeleggers als auch Frank Stronachs sichtlich überrascht. Praktisch niemand hatte erwartet, dass Hr. Stronach so ruhig und beinah gefasst wirkte, oder dass Hr. Spindelegger fast nicht zu bremsen war. Tatsächlich war der Vizekanzler und Außenminister nicht nur kaum zu stoppen, er zeigte sich angriffslustig und vital – zu angriffslustig, zu vital. Hr. Spindelegger wirkte beinahe wie eine Karikatur seiner selbst, total überdreht und dadurch auch künstlich.

„Frank Stronach ist eine Herausforderung für jeden, der mit ihm im Fernsehen auftritt.“
Daniel Kapp

https://www.youtube.com/watch?v=GBPQCEyf-_8

Wahrscheinlich hatten die Coaches Michael Spindeleggers die vorigen Auftritte Frank Stronachs im Fernsehen im Hinterkopf, als sie dem ÖVP-Spitzenkandidaten auf die gestrige Konfrontation vorbereiteten. Es gelang ihnen auch, diesen gut vorzubereiten, allerdings auf Kosten der Natürlichkeit und der Glaubwürdigkeit. Die Art und Weise, wie er Fragen nicht beantwortete ist man eher von seinem gestrigen Konkurrentengewohnt – einfach zu versuchen, sein Programm an der Frage vorbei herunterzubeten. Ansatzweise war das gestern auch bei dem Milliardär zu bemerken, der zum ersten Mal während eines TV-Auftritts Infotäfelchen zeigte – die Entwicklung des Schuldenstands und die Zinsen, die Österreich deswegen zu bezahlen hätte, während der 27 Jahre ÖVP-Regierungsbeteiligung. Nichtsdestotrotz hatte Michael Spindelegger leidlich Erfolg damit, seine Partei als wirtschaftskompetenter darzustellen. Während dieser nämlich Konzepte vorlegte, wie beispielsweise der durch die Pleite der Hypo Alpe Adria angewachsene Schuldenstand abgebaut werden könnte oder wie er gedenkt, die Wirtschaft nach der Wahlanzukurbeln, ist es hauptsächlich Hr. Stronachs Protest und seine Erfahrung, die ihn auszeichnet. Konzepte zu erarbeiten ist offenbar etwas, mit dem er sich nicht oder nur sehr wenig beschäftigt.

„Der könnte Österreich dienen, wenn er die ÖBB kauft und sie saniert.“
Michael Spindelegger

Der Verkauf der ÖBB war ein weiteres wirtschaftliches Thema in der Diskussion. Nachdem Michael Spindelegger vor einem Jahr in den Sommergesprächen bei Armin Wolf angedeutet hat, Hr. Stronach könne die Bahn kaufen und sie wirschaflich sanieren, stellte Ingrid Thurnher die Frage nach einem möglichen Deal. Das Ergebnis dieser Diskussionsrunde war wenig ertragreich, ging es doch vor allem darum, ob eine prinzipielle Bereitschaft Hrn. Stronachs vorhanden wäre, die Bahn zu kaufen. Danach stellte der Milliardär allerdings ein recht interessantes Konzept vor: Ein von Bürgerinnen und Bürgern gewählter Aufsichtsrat solle ein Management bestimmen und Politikerinnen und Politiker sollten nicht mehr eingreifen dürfen.

„Wenn irgendwer, die Chinesen, oder irgendwer einmarschieren würden, was hilft die Neutralität?“
Frank Stronach

Wurde zumindest eines aus der Diskussion klar, dann, dass Frank Stronach nicht viel Ahnung von Außenpolitik zu haben scheint. In der Hoffnung, eine klare und detaillierte Antwort des Milliardärs zu bekommen, hakte die Moderatorin nach – und stieß hauptsächlich auf Halbwissen. Man merkte deutlich, dass Hr. Stronach wesentlich lieber über wirtschaftliche Themen gesprochen hätte. Das sorgte dafür, dass Michael Spindelegger als Außenminister wesentlich mehr kompetent wirkte als Hr. Stronach. Nichtsdestotrotz muss konstatiert werden, dass Michael Spindelegger wieder einmal aus innenpolitischen Gründen der Profilierung seiner selbst Flüchtlinge als Politikum ansieht – ich habe mich mit diesem Thema bereits an anderer Stelle auseinandergesetzt.

„Ich glaube, der Herr Stronach sollte lieber bei der Wirtschaft bleiben.“
Michael Spindelegger

Frank Stronach wirkt bei der Außenpolitik wesentlich inkompetenter als in Fragen der Wirtschaft. Das merkt man auch daran, dass das ÖVP-dominierte Außenministerium sehr viel Angriffsfläche bietet. Ingrid Thurnher sprang für Hrn. Stronach sogar beinahe in die Bresche, als sie die internationale Kritik am Golan-Abzug ansprach. Hr. Stronach spricht eigentlich immer über dieselben Themen, nämlich Wirtschaft und Währung. Insgesamt kann man behaupten, dass das Duell mit einem schwachen Sieg Michael Spindeleggers geendet hat, der durch sein übercoachtes Auftreten sehr viel verschenkt hat.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

rjspoetta

International relations and security policy aficionado, diplomat by training.Twitter: @rjspoetta

rjspoetta

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden