Das feudalistische Erbe des Ruhrgebiets

eBook Aus meinem neu erscheinenden eBook "Wie wärs mit einer Revolution? Saturnalien aus dem Ruhrgebiet" ein Auszug aus der Einleitung

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Duisburg
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Bild: Sean Gallup/Getty Images

In der Region, die erst seit relativ kurzer Zeit, seit den Zwanziger-, Dreißiger Jahren, als ‚Ruhrgebiet‘ bezeichnet wird, ist es historisch nur zweimal gelungen, ein übergreifendes gemeinsames Interesse zu entfachen: gegen Varus und seine Legionen im Jahre 9 heutiger Zeitrechnung, gegen den Kapp-Putsch in der Weimarer Republik im Jahr 1920.

In jüngerer Zeit, im Hinblick auf einen erforderlich gewordenen Strukturwandel, führte die Kommunen die vom Land NRW initierte internationale Bausstellung Emscherpark zusammen, um die Altlasten der Schwerindustrie loszuwerden. Die verbliebenen Konzerne, die sich auf HighTech spezialisiert hatten, legten ein wirtschaftliches Konzept für die Region (Ruhr2030) vor, unter Einbezug und Mitwirkung der Kommunen, das jedoch an markanten Fehleinschätzungen scheiterte. Im Rahmen der Festlichkeiten zur Kulturhauptstadt 2010 kam man erneut zusammen; getrübt wurden die Feiern allerdings durch das grobe Versagen bei der Planung und Ausrichtung der Love-Parade in Duisburg.

Die Region ist seit dem Mittelalter in einen rheinischen und einen westfälischen Bereich gespalten: Diese Gliederung geht auf Lehnsherren zurück, auf die Grafen von Kleve im Westen, auf die Grafen von der Mark im Osten. Die Aufteilung ist noch heute als (Nord-)Rheinland und Westfalen bekannt. In der Preussischen Verwaltungsgliederung, die nach 1815 entworfen wurde, umfasste das Rheinland, noch Wesel, Essen und Elberfeld (Wuppertal). Das feudalistische Erbe wurde in der Region bis heute nicht überwunden.

Nordrhein-Westfalen ist eine Erfindung der Briten, die nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Code-Namen „Marriage“ den rheinländischen Norden und Westfalen zusammenführten. Doch durch die angelegten Regierungsbezirke wurde das zu jener Zeit noch wirtschaftlich interessante Ruhrgebiet wie ein Kuchen aufgeteilt: unter Düsseldorf, Arnsberg und Münster, deren Bezirke allesamt ins Ruhrgebiet ragen und an der preussischen Aufteilung angelehnt sind. Eine Vereinfachung in drei neu zu schaffende Bezirke Rheinland, Ruhrgebiet und Westfalen konnte sich bislang nicht durchsetzen, u.a. weil auch innerhalb der Region vor einem gemeinsamen Verwaltungsbezirk gescheut wird.

In der aktuellen Diskussion wird immer wieder bemängelt, dass das Ruhrgebiet zu groß sei, zu heterogen, um eine gemeinsame Strategie entwickeln zu können. Doch ein gemeinsames Vorgehen muss zu keiner Gleichschaltung führen. Auch innerhalb der Städte wird nicht jeder Stadtteil strategisch gleich behandelt. Erst die Kombination verschiedener, jeweils angemessener Ansätze, kann aus den Kommunen vielfältige und lebenswerte Räume machen.

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Geschrieben von

R.M.

Anmerkungen über Politik und 'Kultur'.

R.M.

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