Die Duisburger Filmwoche

Filmwoche Auch Dokumentarfilme kommen ohne Interpretation nicht aus. Das diesjährige Motto der Duisburger Filmwoche weist darauf hin: "gut gedeutet".

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Die Duisburger Filmwoche

Foto: duisburger-filmwoche.de

Am Montag den 03.11. hat die 38. Duisburger Filmwoche begonnen, auf der deutschsprachige Dokumentarfilme im Zentrum stehen. Erfreulich war während der Eröffnungsfeierlichkeiten zu hören, dass die Sender ARTE und 3SAT, das Land NRW, die Stadt Duisburg als auch weitere Sponsoren ihr Engagement weiterhin aufrechterhalten. Den Fortbestand dieses besonderen Festivals zu sichern, ist für die deutschsprachige Filmlandschaft, für Duisburg, aber auch für das Publikum unter den derzeitigen Bedingungen keineswegs selbstverständlich, sondern ein Gewinn!

Wie sehr das Festival auch für das Publikum ein Gewinn ist, hat der diesjährige Eröffnungsfilm deutlich werden lassen: „Göttliche Lage – Eine Stadt erfindet sich neu“, von Ulrike Franke und Michael Loeken. Fünf Jahre lang folgten die Filmautoren einer für das Ruhrgebiet typischen Veränderung: der Umgestaltung eines Stahlwerkstandortes zu einer nicht weniger ‚künstlichen‘ urbanen Landschaft, die nicht mehr der Arbeit, sondern dem Wohnen und der Freizeit dient.

In den Fokus der Kamera geriet die Entstehung des Dortmunder Phönix-Sees, unter Berücksichtigung der Anwohner im Dortmunder Norden, der planerisch Tätigen und einiger Häuslebauer. Durch die heruntergekommenen Straßenzüge im Norden Dortmunds führte teilweise ein dort arbeitender Polizist, der ähnlich einem Sozialarbeiter agierte. Besonders beeindruckend an der filmischen Aufarbeitung war die Ausgewogenheit, mit der alle betroffenen Gruppen, inklusive der Enwicklungsgesellschaft, in ihrem Reden und Tun, auch in ihrem absurden, sich gleichsam selber portraitierten. Auswahl und Schnitt derart zu gestalten, ist eine außergewöhnliche Leistung. Als Zuschauer erlebt man anrisshaft viele verschiedene Geschichten mit wiederkehrenden ‚Figuren‘, die nebeneinander und in der Zeit die gesellschaftlichen Risse besonders deutlich hervortreten lassen.

Die Planer schwebten bereits über der Hamburger Alster, während sich Arbeiter und kleine Selbständige aus dem Anliegermilieu fragten, wie sie noch Geld verdienen könnten. Und als der See entstanden war, irritierte die bereitwillige Annahme der Landschaft durch das Anliegermilieu, das auch Drogenabhängige umfasste. Und all die Tiere, die einzogen, von Weißfischen bis zu Kanadagänsen. Solche irdenen Plagen hatte man am Reißbrett der Träume nicht eingeplant. Und die Musik im Film, die besonders bei Zeitraffern zum Tragen kam, wirkte wie eine ironische Brechung. Prädikat: besonders sehenswert!

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Geschrieben von

R.M.

Anmerkungen über Politik und 'Kultur'.

R.M.

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