Die sprachliche Kunst wäre tot, oder?

Literaturkritik Markt und Schluss - mit Seitenblicken auf "Es bringen" und "Scherben schlucken"

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Einfach ist es nicht, Matern, aus Kindheitserinnerungen von einer anderen Welt zu sprechen, weil sich die Sprachen mischen, die Eindrücke verformen, alles seltsam ambivalent wird. Es besteht die Gefahr, zu übertreiben, um innerlich Abstand halten zu können. Mir gefällt an Cordula Simons Ausschnitt, dass die romantischen Fantasien über Magie und magische Welten entfallen. Dennoch ist der Text alles andere als literarisch innovativ.

Gibt sich die gegenwärtige deutsche Literatur nicht ziemlich angepasst? Und in aller eventuell aufgebrachten sprachlichen Flapsigkeit auch traditionell? Die Zweitplazierte (Verena Güntner) des Wettbewerbs erzählt in “Es bringen” von dem Widerstand eines Jugendlichen gegen ein Zuklugwerden, ein Zuklugsterbenwollen. Das sei nicht schlau. Eine solche Haltung reicht, vermute ich, für den Markt. Die Nachfrage!

Wo aber bleiben die Angebote, die niemand eingefordert hat? Und die Lust auf Autonomie? Ist es nicht schlau, das wirtschaftswissenschaftliche Wort ‘Kreativität’ auch und besonders auf ein Nachfragebefrieden beziehen zu lassen? Nun ist per Diktion jeder kreativ, zwecklos, sich zu wehren! Doch Angebote zu machen, höre und lese ich immer wieder, sei nicht professionell!

Die sprachliche Kunst wäre tot, oder?

Überwiegend Verrisse erhielt "Scherben schlucken" (Nadine Kegele), ein Text, der sich über traditionelle Gestaltungen hinwegsetzt, kein einheitliches Bild entwirft, in zwanzig Abschnitte durchnummmert ist. Eingeklagt wurde Konsistenz und eine fehlende Möglichkeit, die Stücke zusammenzuführen, Respekt vor dem Thema schlichte Herkunft wurde geäußert, der Text jedoch als misslungen beurteilt. Nur Burkhard Spinnen, der Kegele eingeladen hatte, fand einige treffende Worte, die sich auf den Zustand der Figur bezogen, auf ihre Artikulation. Erzählerische Wirklichkeit und Anspruch an die künstlerische Form können sich quer kommen! Die Autorin erhielt den Publikumspreis.

[Als Antwort auf: Ins Vergebliche rinnen lassen, oder?]

Dieses Gespräch wird im Herbst in "Analytische Belletristik" erscheinen, hg. v. M. Ammern, Autorenverlag Matern.

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Geschrieben von

R.M.

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R.M.

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