Europa in politischer Bedrängnis

Füchtlingspolitik Das Fehlen einer europäischen Politik hat zur Entstehung der sogenannten Flüchtlingskrise maßgeblich beigetragen.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/04/European_flag_outside_the_Commission.jpgDas Fehlen einer europäischen Politik hat zur Entstehung der sogenannten Flüchtlingskrise maßgeblich beigetragen. Ohne politisch relevantes Parlament und eine agile Regierung lässt sich zwar eine Bürokratie betreiben, nicht jedoch politisch angemessen reagieren. Zwar gibt es ein von Bürgern gewähltes Parlament, doch die Befugnisse sind beschränkt. Die Kommission, die ähnlich einer Regierung fungieren könnte, ist nur durch die Länderregierungen legitimiert. Mehr als ein länderübergreifender bürokratischer Versuch, die Flüchtlingsströme zu verteilen, ist bislang nicht zustande gekommen. Das Konzept eines partnerschaftlichen Zusammenlebens der Mitgliedsländer ist den gesellschaftlichen Veränderungen nicht gewachsen, ist apolitisch, beruht auf einem naiven Idealismus. Es handelt sich nicht um eine Flüchtlingskrise, sondern um eine europäische politische Katastrophe.

Zu lange hat man die südeuropäischen Länder, die ohnehin mit wirtschaftlichen und politischen Problemen zu kämpfen haben, alleine gelassen. Seit Monaten ist die Situation der in Italien und Griechenland angekommenen Flüchtlinge erbärmlich. Sich gegen Schlepperbanden auf dem Mittelmeer zu richten, nachdem tausende Tote zu beklagen waren, hilft zwar Menschenleben zu retten, ist politisch aber vollkommen unzureichend, nur eine situative Reaktion. Die harte Haltung von Ungarn (V. Orbán), das einen Grenzzaun zu Serbien errichten ließ, ist auch vor diesem Hintergrund interpretierbar. Gibt es keine europäische Politik, entscheidet jede Provinz für sich.

Fragt man, was Europa außer einem bürokratischen Idealismus ausmacht, wird man auf einen wirtschaftlich militärischen Komplex verwiesen. Der Ausweitung des europäischen Marktes nach Osten folgte eine Expansion der NATO, ohne politische Kalkulation, wie diese Vorgänge von außen wirken könnten, vor allem von Russland aus. Man hat die Gefahr einer politischen Krise in Kauf genommen. Dass eine entstandene Krise nicht mehr kalkulierbar ist, haben die Auseinandersetzungen um die und in der Ukraine demonstiert. Mögliche Kisen zu verhindern, wäre aber eine Aufgabe der Politik.

Politisch hat die Zahl der brennenden Herde mit den Flüchtlingsströmen zugenommen. Bürokratisch wird sich die Lage nicht bewältigen lassen, im Gegenteil: Rauft sich Europa nicht zusammen, ist ein Scheitern gewiss.

Der Beitrag entstand für die Ruhrbarone.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

R.M.

Anmerkungen über Politik und 'Kultur'.

R.M.

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden