Wann kommen die Urwälder im Ruhrgebiet?

Rückbau: Die anhaltenden Hemmnisse im Strukturwandel des Ruhrgebiets haben zu entvölkerten Stadtteilen geführt.

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Jüngere Bürger flohen aus einer Region, die es nicht schafft, ihnen Arbeitsplätze anzubieten, und die Alten sterben allmählich weg.

Zwar bilden die hiesige Universitäten junge Menschen aus. Und die Universitätslandschaft ist so dicht wie kaum andernorts in Europa, dennoch ist die Region alles andere als ein Magnet für Unternehmen. Lediglich sehr spezielle Gegebenheiten wie der Duisburger Binnenhafen konnten profitieren.

Die nach dem Niedergang der Montanindustrie noch verbliebene HighTech-Erzeugung und -Verarbeitung von Stahl steht inzwischen vor dem Untergang. Sie war im wirtschaftspolitischen Konzept der Konzerne (Ruhr 2030) noch eine tragende Säule gewesen. Es waren seit der industiellen Revolution stets die Konzerne gewesen, die die Wirtschaftspolitik der Region bestimmt hatten. Eine andere regionale Kraft gibt es bis heute nicht, schon gar keine politische. Der Regionalverband würde sich derzeit bereits darüber freuen, die Präsentation eines mittelständischen Unternehmens präsentieren zu können.

Man hat die Zeit vertan. Mit Groß- und Leuchturmsprojekten, die die Schulden ins Unermessliche steigen ließen. Eine, vielleicht DIE Perspektive, die heute noch bleibt, ist der Rückbau des Ruhrgebiets. Aus den Erzählungen der Römer über das alte Germanien ist zu erfahren, wie es hier mal ausgesehen hatte: dichte Urwälder, Nebel, Sümpfe, beständige Gefahr! Vielleicht ließe sich daraus ein touristisches Konzept entwickeln. Urwälder gibt es in Deutschland so gut wie keine mehr. Und ein Kontrast von Stadt und Urwald, Bequemlichkeit und Abenteuer, wäre ein reizvolles Angebot. Hinzu kämen die Angebote, auf die sich der bisherige Strukturwandel durch die Mittel des Landes konzentriert hat: ehemalige Industriegelände und -gebäude, die eine Eventkultur haben entstehen lassen.

Ein angemessener Rückbau ließe sich sogar als ökologische Maßnahme anpreisen. Brachflächen verfügen über eine weitaus größere Artenvielfalt als Park- und Gartenanlagen. Und geschähe dies koordiniert, könnte im Ruhrgebiet der größte Urwald Deutschlands entstehen. Dies wäre politisch vielleicht einfacher zu bewerkstelligen, als an einer wirtschaftspolitischen Diskrepanz von Größenwahn und Handlungsunfähigkeit zu scheitern.

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Geschrieben von

R.M.

Anmerkungen über Politik und 'Kultur'.

R.M.

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