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Offener Brief Den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens grob verfehlt. Zur Sendung „Lizenz zum Töten – Wie Israel seine Feinde liquidiert“

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Screenshot ARD

Sehr geehrte Damen und Herren der „Monitor“-Redaktion,

ich schreibe Ihnen wegen des von Ihnen am 03.04.2013 in der ARD ausgestrahlten Films von Egmont R. Koch „Lizenz zum Töten – Wie Israel seine Feinde liqudiert“. Bevor ich zu meinem eigentlichen Anliegen komme, möchte ich betonen, dass ich persönlich die Praxis der extralegalen, gezielten Tötungen per se ablehne, aus ethischen, völkerrechtlich-juristischen wie politischen Gründen. Seien diese nun durch Israel, die USA oder die NATO in Afghanistan/Pakistan durchgeführt. Mehrmals habe ich mich öffentlich dagegen ausgesprochen und u.a. in der Financial Times Deutschland vom 13.08.2010 in meinem Artikel „Die Afghanisierung der deutschen Demokratie“ darauf hingewiesen, dass die Bundeswehr in Afghanistan „sogar ‚offiziell’ das Kommando über die im Norden stationierten, Menschen jagenden US-Truppen“ hat und dies als „untragbares Vorgehen“ verurteilt.

Dennoch bin ich über die Machart und die suggerierte Botschaft Ihrer Sendung entsetzt. Warum vermitteln Sie eigentlich mit dem Untertitel des Films „Wie Israel seine Feinde liqudiert“ und der vollständigen Ausblendung der vergleichbaren Praxis von gezielten Tötungen etwa durch die USA oder die NATO den Eindruck, dies sei lediglich ein Vorgehen Israels, also der Juden? Warum erwähnt der Film dies mit keinem Wort? Brauchen Sie wieder einen „ewigen Sündenbock“? Am Ende bedienen Sie damit nur den hier Deutschland allzu bekannten und mittlerweile wieder zum medialen Mainstream gewordenen psychologischen Mechanismus der Schuldabwehr. Oder fehlt Ihnen einfach nur der Mut, einmal etwas genauer auf mögliche Verwicklungen deutscher Einheiten in die Praxis gezielter Tötungen im Rahmen des „Krieges gegen den Terror“ zu schauen (etwa in der Erstellung von Tötungslisten)?

Jedenfalls kann ich Ihnen keinesfalls zu Ihrer vermeintlichen Fürsorge für den Fortbestand der israelischen Demokratie gratulieren, im Gegenteil möchte ich darauf hinweisen, dass Sie mit einer derart tendziösen Sendung - mit ihrer generellen Auslassung eines weit größeren Kontextes bei diesen Thema - den mittlerweile wieder offen aufgebrochenen Antisemitismus in Europa und Deutschland nur befördern und zum erneuten „Restrangement“ (Alfred Bodenheimer) in der Gesellschaft dieses Landes beitragen. Herr Koch und Sie als Verantwortliche haben damit den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens meiner Ansicht nach grob verfehlt.

Mit freundlichen Grüßen

Robert Zion

Gelsenkirchen, den 04.04.2013

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Robert Zion

Gruenen-Politiker, Publizist

Robert Zion

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