Hetzen für den Weltfrieden

Friedensbewegung Seit Ende März finden sich in zahlreichen Großstädten Verschwörungstheoretiker aller Coleur zu Montagsdemonstrationen zusammen.

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Laut Duden ist Friede ein „Zustand von Eintracht, Harmonie und ungestörter Ruhe“. Man würde nun annehmen, dieser Zustand sei heutzutage weitgehend unumstrittenes politisches Ziel. Die neu aufgekeimte, selbsternannte Friedensbewegung hat sich den Wunsch nach Frieden trotzdem zum Alleinstellungsmerkmal gemacht. Seit Ende März veranstalten ihre Anhänger allmontaglich Montagsdemos in zahlreichen Großstädten. Besucher erwartet ein Potpourri aus Linken und Rechten Verschwörungstheoretikern und Esoterikern.

Einer der Wortführer der neuen Bewegung ist der Journalist Jürgen Elsässer. Der ehemalige Konkret-Redakteur und Wortführer der Antideutschen Linken wurde nach langwierigem Gesinnungswandel Chefredakteur des rechtspopulistischen Monatsmagazins „Compact“ und gründete die „Volksinitiative gegen des Finanzkapital“.

Auch Ken Jebsen hat den Friedensanhängern viel Auftrieb verschafft. Heute betreibt er die Online-Plattform „KenFM“ und dient als Aushängeschild der Berliner Montagsdemos.

Dort trat gestern das umstrittene HipHop-Duo „Die Bandbreite“ auf, auch der Berliner NPD-Vorsitzende Sebastian Schmidtke besuchte die Veranstaltung mit mehreren Parteifreunden. Es redete außerdem der selbsternannte „Reichsbürger“ Andreas Popp, auch in Hamburg trat ein Gesinnungsgenosse ans Mikrofon. In Dortmund wurde die Veranstaltung von Neonazis unterwandert.

Wessen Geistes Kind die neue Bewegung ist, lässt sich exemplarisch in Jebsens Reden erkennen: Was als bloßer Antimilitarismus getarnt ist, entpuppt sich schnell als unreflektierter Antiimperialismus.

Die USA und die NATO-Staaten sieht er in der Ukraine als Aggressoren und unterstellt ihnen, gegenüber Russland einen dritten Weltkrieg zu provozieren, um für gute Konjunktur zu sorgen. Aufgrund der fortschreitenden Unterwanderung der Politik durch „das Finanzkapital“ sieht er die Abgeordneten des Bundestages schon lange nichtmehr als „unsere Volksvertreter“. Auch die deutsche Presselandschaft bezeichnet er regelmäßig als gleichgeschaltete Propagandainstrumente der NATO-Staaten und der Geheimdienste.

Dass diese obskure Koalition der Exzentriker nun den Friedensbegriff vereinnahmt, ist für eine wehrhafte, aufgeklärte Demokratie wie die unsere nicht hinzunehmen. Im Umgang mit der neuen Bewegung muss das Kind beim Namen genannt werden: Ihre Wortführer Jebsen und Elsässer sind keine Friedensaktivisten, sondern Verschwörungstheoretiker.

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