Kontinuität der Materie und der Zahlen

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Wer Euro-Krise sagt, hat schon gelogen. Es ist so ähnlich wie bei Windows, wer das Programm beenden will, muss auf Start drücken. Daran hatte sich jeder gewöhnt. Irreführende Bezeichnungen sind integrierte Teile des Systems. Bei der Euro-Krise ist es klare Absicht: Regierungen und Banken wollen davon ablenken, dass ihre direkte Beziehung über die Staats-Schulden in der Krise ist. Es ist eine Schulden-Krise, wobei auch das Wort Krise noch ins Ungefähre ablenkt, es sind die Staats-Schulden in Höhe von Billionen (1 Billion = 1.000.000.000.000,-).

Der Deal zwischen Banken und Regierungen läuft seit vielen Jahren so: Wir machen Staats-Schulden, ihr gebt uns das Geld dafür. Davon profitieren beide Seiten. Die Banken verdienen an den Zinsen auf Staatsanleihen, die Regierenden können mehr Geld ausgeben, als sie haben. Das ist paradiesisch schön. Insbesondere, weil weder die Banker noch die Minister ihr Eigenes riskieren.

Da gibt es nur ein Problem mit der Realität: Du kannst aus einem Krug nicht mehr ausschütten, als du hineingefüllt hast. Das ist der Kontinuitäts-Satz, er gilt für Wasser, Bier, Wein, Wodka, Öl und auch für Geld. Doch weil Geld eine Zahl ist, auf einer Münze, einem Schein oder auf einem Konto, gibt es, wie es negative Zahlen gibt, auch negatives Geld, Schulden genannt. Der Kontinuitätssatz gilt trotzdem. Schon hier zeigt sich, dass es überhaupt nicht auf die Währung (den Euro) ankommt, sondern nur auf die Zahlen in den Staatsbilanzen und den entsprechenden Zahlen auf den Obligationen in den Tresoren der Banken. Geld wird nicht mehr durch Schulden Machen, egal wie man es verbucht.

Der Pakt zwischen Schulden machenden Politikern und Kredit gebenden Instituten kann nicht ewig halten. Schulden müssen irgendwann zurückgezahlt werden, aber das wollen die Politiker nicht. Darum reden sie von der Euro-Krise und sie suchen eine Lösung in der gleichen Richtung wie bisher, wo sie noch mehr Schulden machen können.

Auch die Banken sind daran interessiert, dass es so weiter geht, denn sie leben davon. Staatsschulden gelten als sicherste Geldanlage, sicherer als die Banken selbst. Denn der Staat ist sicherer als die Banken. Und es zeigt sich, dass jetzt Staaten ihre Banken stützen, damit sie ihnen weiterhin Geld leihen können. Spätestens hier setzt der Irrsinn ein.

Es ist Irrsinn, dass einer, der Schulden bei der Bank hat, die Pleite der Bank verhindert, indem er der Bank Geld schenkt. So geschehen nicht in Absurdistan, sondern in Deutschland (im Falle der Commerzbank) und jetzt in Spanien. Das ist Irrssinn, wo man&frau dran fühlen kann. Du kannst mit der Maus drauf klicken wie bei Windows, immer auf Start, nie auf Stop.

Besser wäre es für den Staat, also für uns, wenn Banken pleite gehen und der Staat nur die Einlagen der Bürger (Sparkonten) retten würde, nicht die Obligationen der Großanleger und die Bonusauszahlungen der Banker selbst. Das würde nicht Milliarden, sondern nur Millionen kosten, ein Klacks für einen Staatshaushalt. Im Falle Spanien hatte das jemand vorgeschlagen. Er fand kein Gehör, weil es leichter ist, 100 Milliarden (1 Milliarde = 1.000.000.000,- Euro) aus dem Rettungsschirm zu bekommen als die Sparguthaben der kleinen Leute zu bearbeiten und über die Verteilungs-Bürokratie auszuzahlen.

Dass der Rettungsschirm nicht den Euro, nicht Europa und auch nicht Spanien rettet, ist wohl jedem klar. Er rettet nur die Kumpanei zwischen Banken und Politikern. Und dass dieses System in eine Katastrophe führt, ist auch klar (Kontinuitäts-Satz). Es wird nur darum gekämpft (Rating Agenturen), ob diese Katastrophe zuerst in Europa oder zuerst in USA eintritt. Asien (außer Japan) ist aus der Gefahrenzone heraus, dank China und Russland, die ja keine Schulden haben. Wahrscheinlich, weil ihnen sowieso keiner Geld leihen würde.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Rob Kenius

Rob Kenius ist Diplom-Physiker und freier Autor. Er lebt selbständig, verfasst politische Bücher und betreibt die systemkritische Webseite kritlit.de

Während des Studiums, mit Schwerpunkt auf theoretischer Physik, begann Rob Kenius für die Studentenzeitung aachener prisma zu schreiben und wurde deren Chefredakteur. Nach dem Diplom gelang ihm der Start als wissenschaftlicher Journalist beim WDR-Fernsehen und er betreute dort eine Sendereihe über Akustik. Die Hierarchie der Sendeanstalt war nicht seine Welt. Er verließ die akademische Laufbahn und eröffnete einen Musik-Club in Köln. Mit diesen Erfahrungen stieg er ins Musikgeschäft ein und blieb 25 Jahre lang selbständiger Medienkaufmann. Er hörte nie auf zu schreiben und interessierte sich mit wachsender Lebenserfahrung mehr und mehr für Politik. Als das Musikgeschäft im Internet unterging, wurde er freier Autor mit Schwerpunkt auf Systemkritik und Finanzwirtschaft. Bücher: Neustart mit Direkter Digitaler Demokratie 2017, Überleben im Überfluss 2018, Leben im Geldüberfluss 2019, Geld stinkt zum Himmel 2021. Seit mehr als 10 Jahren veröffentlicht er Artikel und Essays auf Internet-Portalen und betreibt die eigene Webseite kritlit.de

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