Der Nachfolger des Internets

Medien Facebook heißt jetzt Meta, entsprechend seiner Vision für das Internet der Zukunft: das Metaverse. Doch wie genau soll das aussehen?

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Mit einer neuen Idee kommt für Facebook auch ein neuer Name - Meta
Mit einer neuen Idee kommt für Facebook auch ein neuer Name - Meta

Foto: Justin Sullivan/Getty Images

Facebook hat sich einen neuen Namen gegeben: "Meta". Damit möchte der Tech-Gigant das nächste Zeitalter des Internets einläuten und als Technologiepionier das Metaverse für alle entwickeln. Doch was ist das Metaverse und warum spricht ganz Silicon Valley seit Monaten von kaum etwas anderem mehr?

Das Metaverse geisterte dieses Jahr immer wieder durch verschiedene Ecken des Internets. Der Investor und Tech-Blogger Matthew Ball hatte zu Beginn des Jahres die Debatte um einen möglichen Nachfolger des Internets angeheizt, nachdem er am Beispiel des beliebten Videospiels Fortnite einige Eckpfeiler des Metaverse umriss.

Während wir heute hauptsächlich über Touchscreens oder mit Maus und Tastatur mit virtuellen Gegenständen interagieren, soll es in Zukunft keinen Unterschied mehr zwischen dem Virtuellen und Realen geben. So hielte man im Metaverse bei einem Kartenspiel seine Karten genauso in der Hand wie am heimischen Wohnzimmertisch, nur dass man dabei beispielsweise als Roboter in einem Raumschiff schweben kann. So jedenfalls die Vision Facebooks in seiner Ankündigung.

Dabei geht es beim Metaverse nicht darum, eine zweite Realität zu schaffen, wie dies beispielsweise in den Matrix-Filmen der Fall war. Das Metaverse soll uns überall hin begleiten und ein Teil unserer Realität werden.

Ein Beispiel, das auch bei der Vorstellung von Facebooks CEO Mark Zuckerberg herangezogen wurde, ist das Arbeiten von Zuhause. Es ist eine Sache, über Software wie Microsoft Teams miteinander in Chatrooms zu arbeiten und in zu langen Meetings zum Blumen gießen die Kamera auszuschalten. Im Metaverse sitzt man selbst mit anderen Teilnehmer*innen in einem virtuellen Raum, geht zum Präsentieren nach vorne, schaut aus dem virtuellen Fenster oder schreibt mit virtueller Kreide an eine Tafel.

Möglich ist das beispielsweise durch VR-Headsets, wie sie von Facebook schon heute verkauft werden. Jedoch sprach Zuckerberg in seiner Ankündigung ebenso von Hologrammen oder zeigte, wie sich Nutzer*innen ganz klassisch über die Videofunktion ihres Smartphones ins Metaverse schalten.

Im Metaverse soll Technologie de facto während des Benutzens verschwinden. Damit einher geht auch, wie Matthew Ball ausführt, dass Inkompatibilitäten abgebaut werden. Dateiformate oder Betriebssysteme sollen keine Rolle mehr spielen. In wie weit sich diese Vision durchsetzt, bleibt abzuwarten. Die heutige Technologielandschaft zeigt, wie profitabel es für Unternehmen wie beispielsweise Apple ist, Nutzer*innen an das eigene Ökosystem zu binden und den Wechsel zu anderen Anbietern äußerst kostspielig zu gestalten.

Auch ist nicht gesagt, dass es in Zukunft nur ein Metaverse geben wird. Denn nicht nur Facebook arbeitet an einem Nachfolger des Internets. Unternehmen wie Microsoft, Amazon oder auch Google arbeiten an ihren eigenen Versionen. So baut Amazon eifrig seine Cloud-Infrastruktur aus, die schon heute einen Großteil des Internets am Laufen hält und entwickelt gleichzeitig Produkte für fast alle Fassetten des digitalen Lebens, die zusammengenommen schon jetzt Amazon unumgänglich machen.

Und genau das macht das Metaverse so attraktiv für die großen Tech-Unternehmen: Mit dem Metaverse werden die Giganten voraussichtlich, soweit nicht heute schon der Fall, unumkehrbarer Bestandteil des Alltags. Anfänge davon sind heute schon abzusehen: Wir verabreden uns mit Freunden über den Facebook Service WhatsApp zu einem Treffen, nur dass im Metaverse nicht nur die Verabredung auf Facebook-Servern stattfindet, sondern gleich das gesamte Treffen. Im Homeoffice kollaborieren wir auf verschiedensten Microsoft-Services miteinander, im Metaverse verbringen wir womöglich auch die Mittagspause oder das Feierabendbier im Metaverse.

Wer die technischen Entwicklungen der vergangenen Jahre mit verfolgt hat, den wird Facebooks nächster Schritt in der Unternehmensgeschichte und auch das Metaverse nicht überraschen. Regelmäßig stellen Tech-Unternehmen neue Produkte vor, mit denen sie nach mehr Einfluss im Alltag streben. Das Metaverse stellt dabei das Nonplusultra für zahlreiche Tech-Unternehmen dar: Eine digitale Welt, in der ein Großteil des Alltags auf der eigenen virtuellen Infrastruktur stattfindet, erlaubt nicht nur die Erfassung noch umfassenderer Daten als heute, sondern ist ein riesiger Marktplatz, um die eigenen Produkte zu verkaufen.

So verlockend die virtuellen Raumschiffe oder die grünen Landschaften aus dem virtuellen Metaverse-Fenster aussehen mögen, sollte man sich jedoch stets fragen: Welches Problem genau löst das Metaverse für mich und ist es diese Lösung wert, einem einzelnen Unternehmen die Kreation meiner Realität zu überlassen?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Mathis Römer

Studiert Philosophie, Politik und Wirtschaft an der Universität Leiden, Themenschwerpunkte insb. Aufmerksamkeitsökonomie und Medienkritik.

Mathis Römer

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