Résumé einer Bahnfahrt

Politik bei der Bahn - Frustrierte Bahn Mitarbeiter, frustrierte Kunden. Die Sackgasse der Bahn und eine weit verbreitete Auffassung von Unternehmens- und Mitarbeiterführung

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Seitdem ich heute morgen um 6Uhr in den Zug gestiegen bin, beschäftige ich mich damit, dass ich kurz nach Fahrtantritt vom Zugbegleiter um 117€ erleichtert wurde, obwohl ich eine Fahrkarte für 135€ erstanden habe und diese (in elektronischer Form – und damit nicht AGB konform) vorgezeigt habe.

Daraufhin habe ich über das Erlebte einen Artikel auf meinem Blog verfasst. Vielleicht ist es übertrieben von Betrug zu sprechen, aber das Gefühl ist ein Ähnliches. Daher habe ich mich auf dem Facebook-Portal der deutschen Bahn beschwert und mein Unverständnis kundgetan. Dieser wurde wegen Nennung des Nachnahmen eines Zugbegleiters wieder gelöscht. Die Beschwerde über die Löschung wiederum wurde verhältnismäßig rasch bearbeitet. Ich wurde belehrt, dass der Zugbegleiter, von nun an Herr L., korrekt und den AGB entsprechend gehandelt hat. Ich bin Schuld – bedingungslos.
Nun kann das ja sein und es ist auch das gute Recht der Bahn das Thema damit ad acta zu legen. Nur ist es auch richtig?

Im Laufe der Diskussion haben sich dann nebst den offiziellen Service-Mitarbeitern der Bahn und einigen anderen verständnislosen Bahnkunden auch Herr Mewes, Herr Schock, Herr Himmelreich und Herr Reibestein (jeweils Namen die sie in der öffentlichen Facebook Diskussion verwendeten) eingebracht. Sie gaben sich (mit Ausnahme von Herrn Reibenstein) als Bahnmitarbeiter zu erkennen. Deren Kommentare fachten eine imposante Diskussion an, die mich den Tag über beschäftigte.

So zum Beispiel verwies man mich darauf, dass mein Problem ein häufiges, wiederkehrendes Problem sei. Wieso aber wird man dann wie ein Aussätziger behandelt? Es ist doch absurd jeden der die Regeln der Bahn nicht versteht als Kriminellen zu behandeln. Und das offenbar häufig – wiederkehrend.
Ferner zeigen die Herren Bahnmitarbeiter teilweise Aggressionen gegenüber ihren Kunden. Herr Schock hätte mich auch direkt der Bundespolizei übergeben. Ohne Diskussion. Wie treue Söldner wiederholen sie gebetsmühlenartig die AGB der Bahn. Abweichungen kann es nicht geben. Kulanzfälle tauchten wohl von Zeit zu Zeit auf, wären aber nicht rechtens und daher kein Weg. Irgendwie ist das steif, beinahe militärisch. Selten sehe ich Menschen so wenig lösungsorientiert hetzen. Hetzen gegen den Kunden, gegen den, der hier kritisiert, der nicht versteht.

Wie konnte es dazu kommen? Zwei Parteien mögen sich nicht. Ein Konzern, repräsentiert durch seine Mitarbeiter, mag offenbar seine Kunden nicht und die Kunden, nun, da stehe ich nicht allein, mögen Die Bahn nicht. Jedenfalls nicht so richtig. Beide sind aber aufeinander angewiesen. Die Bahn braucht ohne Kunden nicht zu fahren und die Fahrgäste kommen wegen fehlender Alternativen schon von ganz alleine. Ein Teufelskreis. Vielleicht ein Beispiel von beschränkter Marktwirtschaft? Wird Herr Rösler von der FDP doch Recht behalten und erst die vollständige Privatisierung der Bahn ein Umdenken einleiten?

Ich glaube nicht. Ich vermute, dass das Verhalten der Herren Bahnangestellten kein Problem allein der Bahn ist, sondern eindrucksvoll schildert wie Angestellte mit einer kundenunfreundlichen Politik ihres Unternehmens, schlechten Arbeitsbedingungen und ständigen Drucks maßlos überfordert sind.

Es ist gleich 23Uhr und für mich kommt der Zug für heute zum stehen. Tausende Bahnangestellte werden aber weiterhin durch die Nacht fahren und Deutschland verbinden. Eigentlich ein schöner Gedanke.

(im Original auf http://wanderwort.de/2013/01/08/eine-bahnfahrt)

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