Glückliches Deutschland – du bist die Heimat Hunderttausender Bildungsexperten! Denn alle, die hierzulande mal eine Schule von innen gesehen haben, werden dadurch automatisch zu ausgewiesenen Fachleuten auf dem Gebiet der Pädagogik. Deshalb können sie ihren Landsleuten auch ganz genau erklären, warum sie es ohne Häschenschule und Aussonderung nie zur Pisa-Weltmeisterschaft bringen werden.
Freilich: Auch bei jenen, die sich professionell mit Schule und Bildung befassen, scheint es einige sehr gut isolierte Echoräume zu geben. Auch sie beglücken das Publikum in regelmäßigen Abständen mit Pamphleten, die mit Trump'schem Überlegenheitsgestus die Undurchführbarkeit der Inklusion behaupten.
Wissenschaftliche Studien, die das Gegenteil belegen? Eine pädagogische Praxis, die eine Verbesserung des Lernklimas für alle Lernenden durch die Inklusion bezeugt? Uninteressant! Alles Fake-Facts. Was zählt, sind allein die "alternativen Fakten", die man sich am pädagogischen Stammtisch zusammenbastelt.
Das Resultat ist eine Loch-Ness-Pädagogik, bei der die Existenz von Phänomenen behauptet wird, die in Wahrheit nichts als Seemanns- bzw. Lehrerstübchengarn sind. Leider haben aber selbst die abenteuerlichsten Behauptungen die Tendenz, für bare Münze genommen zu werden, wenn man sie nur oft genug wiederholt. Wer noch nie zur See gefahren ist, kann nicht beurteilen, ob an den Geschichten von schiffsverschlingenden Monstern am Ende nicht doch etwas dran ist. Ebenso sind diejenigen, die selbst nicht pädagogisch tätig sind, den Horrorerzählungen mancher PädagogInnen von der angeblich zersetzenden Wirkung der Inklusion hilflos ausgeliefert.
Deshalb sollen an dieser Stelle noch einmal die wichtigsten pädagogischen Ammenmärchen aufgelistet werden. Ich unterscheide dabei zwischen der Loch-Ness-Pädagogik im engeren Sinne, also dem pädagogischen Handeln auf der Basis von Phantasmen, und der sinnentstellenden Deutung von Tatsachen. Zu ersterem Bereich zähle ich insbesondere:
- das Konstrukt der "Begabung". Das begriffsgeschichtlich auf das lateinische "ingenium" zurückgehende Begabungskonzept unterstellt, dass jeder Mensch mit bestimmten geistigen "Gaben" auf die Welt kommt, seine kognitive Leistungsfähigkeit also quasi schon bei seiner Geburt feststeht. Ähnlich wie das verwandte Genie-Konstrukt, das besondere geistige Fähigkeiten auf eine Art "Auserwähltheit" der Betreffenden zurückführt, war der Begabungsbegriff bereits in der frühen Neuzeit von "irrationalen" und "subjektivistischen" Elementen "durchsetzt" (vgl. Engels 1998, Sp. 415).
Diese Elemente prägen auch den heutigen Begabungsdiskurs. "Begabung" ist ein alltagstheoretisches "hypothetisches Konstrukt" (vgl. Heid/Fink 2004: 148 f.), das in der Weise eines Zirkelschlusses aus den gezeigten Leistungen eines Individuums abgeleitet wird. Mangelnde Leistungsfähigkeit wird so nicht zum Anlass für verstärkte Förderung genommen, sondern als Beweis für eine von der Natur vorgegebene fehlende kognitive Kompetenz hingestellt. In der Konsequenz legitimiert der Begabungsbegriff damit "gesellschaftliche Ungleichheit und verstellt den Blick auf die sozialen Bedingungen von Lernen und Leistung" (Höhne/Karcher 2013).
2. das Konstrukt des "Intelligenzquotienten". In der Verwendung als Selektionsinstrument ist das Begabungskonstrukt eng an die Durchführung von Intelligenztests gekoppelt. Das von William Stern entwickelte Verfahren zur Berechnung des Intelligenzquotienten wurde dabei zunächst vom US-amerikanischen Militär aufgegriffen, das es im Ersten Weltkrieg für die Bestimmung von Leistungsfähigkeit und Einsatzmöglichkeiten der Rekruten nutzte. Von hier aus fanden die Intelligenztests auf breiter Front Eingang in die Bildungseinrichtungen, wo sie eine Grundlage für die Festlegung von Bildungswegen und Berufschancen bildeten.
Diese Entwicklung wurde von William Stern selbst stark kritisiert. Für ihn stellte es ein "Bildungsmanko" und ein Zeichen von niedriger Intelligenz dar, wenn man annähme, dass "Anstreichenkönnen Denkenkönnen beweise" (vgl. Tschenne 2012).
Noch fundamentaler ist Pierre Bourdieus Kritik an Intelligenztests. Für ihn stellen diese "eine legitimierte und wissenschaftlich ausgewiesene soziale Diskriminierung" dar (Bourdieu 1980, S. 254 f.). Ihre Nutzung in der Schule erklärt er damit, "dass dank der Schulpflicht Schüler in das Schulsystem kamen, mit denen dieses Schulsystem nichts anzufangen wusste" (ebd.), so dass nach Möglichkeiten gesucht wurde, diese Schüler in einem schein-objektiven Verfahren aus der Schule herauszudrängen.
3. das Konstrukt der "Lernbehinderung". Überall auf der Welt kennt die Pädagogik Phänomene wie Lernschwierigkeiten, Lernprobleme, Lernstörungen, Lernblockaden oder Lernbeeinträchtigungen. Aber "Lernbehinderungen"? Das gibt es nur in Deutschland. Dies wirft die Frage auf, ob es bei den Deutschen etwa ein spezielles "Dummen-Gen" gibt, ob sie an spezifisch deutschen Erbkrankheiten leiden oder ob etwa die Dummheit in Deutschland so ungeheure Ausmaße annimmt, dass sie zu manifesten Behinderungen führt. Und: Wie ist die deutsche Besonderheit zu erklären, dass hier Phänomene wie soziale Benachteiligung und Migration, die an Förderschulen überdurchschnittlich häufig zu beobachten sind, offenbar Behinderungen auslösen?
Wer auf all das keine Antwort weiß, wird zu der Überzeugung gelangen, dass es sich bei der "Lernbehinderung" um einen Komplementärbegriff zum Begabungskonstrukt handelt. In beiden Fällen werden die Betreffenden auf einen einmal diagnostizierten Lernstand festgelegt und an ihrer Entwicklung gehindert. "Lernbehinderung" ist demzufolge nur dann ein sinnvoller Begriff, wenn er aktivisch verstanden wird, also in dem Sinn, dass ein Kind durch bestimmte Stigmatisierungsprozesse in seiner geistigen Entwicklung behindert wird.
4. das Konstrukt des "Inklusionskindes". Der Begriff des "Inklusionskindes" ist in Anlehnung an die Begriffe "Förder-" bzw. "Integrationskind" entstanden. Schon diese Ausdrücke konterkarierten das formal mit ihnen bezeichnete Ziel, indem sie diejenigen, die in die Schulgemeinschaft integriert werden sollten, mit einem Stigma belegten und so faktisch der Integration im Wege standen. Dies gilt analog auch für den Ausdruck "Inklusionskind". In diesem Fall kommt jedoch noch hinzu, dass mit dem Begriff der Gedanke der Inklusion entstellt wird, indem diese stillschweigend mit "Integration" gleichgesetzt wird. Der Inklusionsgedanke aber zielt gerade nicht darauf ab, dass einzelnen Kindern bei guter Führung ihre minimale Andersartigkeit nachgesehen und die Teilhabe an der Gemeinschaft der anderen Lernenden gewährt wird. Die Inklusion bezeichnet vielmehr einen grundlegenden Paradigmenwechsel, bei dem nicht mehr zuerst eine abstrakte Lernzielnorm aufgestellt wird, an welche die Kinder sich anzupassen haben, sondern an der Persönlichkeit des einzelnen Kindes angesetzt wird.
Eine inklusive Schule ist damit nicht eine Einrichtung, an der besonders viele "förderbedürftige" Kinder aufgenommen werden, sondern eine Schule, an der alle Kinder entsprechend ihren je eigenen Voraussetzungen und Lernbedürfnissen gefördert werden. Der Begriff "Inklusionskind" ist folglich eine Tautologie, die ähnlich wie etwa "Menschheitsmensch" eine Selbstverständlichkeit bezeichnet. Allenfalls könnte man ihn im Sinne der heranwachsenden Mitglieder einer Gesellschaft, welche ihre menschenrechtsbasierte Verfassung auch konsequent auf Kinder bezieht und diesen ebenso wie den Erwachsenen das Recht auf Teilhabe und die Entfaltung ihrer Persönlichkeit zugesteht, verwenden.
Unter den "alternativen Fakten", mit denen die Inklusion torpediert wird, sind besonders folgenschwer:
1. die Mär von der Unbezahlbarkeit der Inklusion. Die Finanzen sind ein Lieblingsargument der Inklusionsverweigerer. Dabei wird die Inklusion interessanterweise gleichzeitig als unbezahlbar und als Sparmodell hingestellt. Die Argumentation geht so: Durch die Schließung von Sondereinrichtungen spart der Staat Geld, das er aber nicht uneingeschränkt auf die Regelschulen überträgt. Anstatt für ihre inklusionsbedingten Zusatzaufgaben mehr Geld zu erhalten, haben diese daher mit denselben Mitteln mehr zu leisten.
Richtig ist, dass die Finanzminister aller Länder immer froh sind, wenn sie irgendwo Einsparmöglichkeiten entdecken. Dies darf jedoch kein Grund sein, Kindern das Menschenrecht auf soziale Teilhabe vorzuenthalten. Schließlich lässt sich über Bildungsorganisationen aller Art ja auch Druck auf die Politik ausüben, um die Sparfüchse in den Regierungen zu bremsen.
Hinzu kommt, dass die Idee der inklusiven Schule auch mit mehr organisatorischen Freiräumen einhergeht. Vielerorts haben Schulen neuerdings eigene Budgets, mit denen sie selbst Schwerpunkte bei der pädagogischen Arbeit setzen können. Bei nicht wenigen Schulleitungen setzt die neu gewonnene Autonomie zudem kreatives Potenzial in der Beschaffung finanzieller Mittel frei und führt zur Bewerbung um regionale oder auch europäische Fördermittel, die oft viel üppiger ausfallen als die knapp bemessenen Zuwendungen der Schulträger.
Schließlich ist die Inklusion aber auch gar nicht so kostenaufwändig, wie immer wieder behauptet wird. Es muss keineswegs hinter jedem Kind mit Lernproblemen eine Armada von Förderspezialisten stehen. Vieles lässt sich auch durch das soziale Miteinander in der Klasse, durch die erhöhte intrinsische Motivation der Lernenden in einem an ihren Bedürfnissen ausgerichteten Unterricht, durch einen effektiven Einsatz der vorhandenen Ressourcen und einen an die neue Situation angepassten Unterrichtsstil regulieren.
2. die Mär von der gleichmacherischen Wirkung einer Schule für alle. Mit Vorliebe malen Inklusionsverweigerer das Schreckensszenario einer gleichmacherischen Einheitsschule aus. Dies ist insofern paradox, als es doch in Wahrheit das von ihnen verteidigte Schul- und Unterrichtsmodell ist, das eine gleichmacherische Wirkung entfaltet. Denn etwas Gleichmacherischeres als der gleichschrittige Unterricht, der von allen Lernenden zur selben Zeit dieselben Lernleistungen einfordert, ist doch kaum vorstellbar. Aufzuklären ist dieses Paradoxon nur durch den sozialen Vorteil, der sich dem Bildungsbürgertum dadurch bietet: Wenn Lernende, die nicht zu ihren Kreisen gehören, einem solchen Unterricht nicht folgen können, so lässt sich die faktisch sozial begründete Aussonderung der Betreffenden mit deren angeblich fehlender geistiger Kompetenz legitimieren.
Die fehlende Bereitschaft von Lehrkräften und Bildungsbürgern, etwas an diesem Unterrichtsmodell zu ändern, ist ein zentrales Hemmnis auf dem Weg zu einer inklusiven Schule. Natürlich erfordert eine Schule, die nicht von einer einheitlichen Lernzielnorm ausgeht, sondern alle Lernenden entsprechend ihren jeweiligen Kompetenzen fördern möchte, einen anderen, differenzierenden und individualisierenden Unterricht. Modelle, die dies ermöglichen, werden schon seit Jahrzehnten entwickelt (siehe Literaturhinweise). Die Umstellung hierauf ist anfangs natürlich mit zusätzlichem Arbeitsaufwand verbunden. Einmal etabliert, ist ein so organisierter Unterricht, in dem die Lehrenden eher Lernpartner als Vortragsredner sind, aber für alle Seiten befriedigender, weil das Lernen dann kein Zwang mehr ist, sondern aus innerem Antrieb heraus erfolgt.
3. die Mär von der Unverzichtbarkeit der Sondereinrichtungen. Ein Argument, das immer wieder zur Legitimation eines separierenden Schulsystems herangezogen wird, ist die angebliche Notwendigkeit homogener Lerngruppen. Dabei hat schon Peter Petersen mit den jahrgangsübergreifenden Lerngruppen, einem zentralen Bestandteil seines 1927 vorgelegten Plans zur Schulerneuerung, demonstriert, dass heterogene Lerngruppen das überlegene Modell sind. Sie ermöglichen zum einen, indem sie Vielfalt abbilden, eher das soziale Lernen. Zum anderen lernen Kinder aber sehr stark voneinander, was in heterogenen Lerngruppen naturgemäß eher möglich ist.
Hinzu kommt, dass Andersartigkeit von Kindern oft ganz anders wahrgenommen wird als von Erwachsenen. Wo Lehrkräfte Probleme sehen, gehen Kinder einfach aufeinander zu und stärken sich so gegenseitig in ihren Lernprozessen. Gerade für Kinder mit vermeintlichen "Lernbeeinträchtigungen" ist dies von unschätzbarem Vorteil, weil das Beispiel und die Hilfe der anderen ihnen viel besser dazu verhelfen, ihre Lernprobleme zu überwinden, als es eine Sondereinrichtung je könnte.
In Fällen schwererer geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung werden natürlich zusätzliche personelle und materielle Ressourcen notwendig sein. Die natürliche Neugier von Kindern auf andere wird jedoch auch in diesen Fällen das zumindest zeitweise gemeinsame Lernen gegenüber einer vollständigen Separation als nicht nur humanere, sondern im Interesse optimaler Lernfortschritte auch effektivere Variante erscheinen lassen.
Schon Heinrich Stötzner, der 1864 mit seiner Schrift über "Schulen für schwachbefähigte Kinder" die moderne Hilfsschule begründete, verband die Forderung nach dieser mit dem Gedanken einer Entlastung der Volksschule. Diese habe "andere Aufgaben zu lösen, als sich mit geistig Schwachen und Stumpfsinnigen herumzumühen. Diese hindern und hemmen nur" (Stötzner 1864: 36). Gleichzeitig erweckte er jedoch den Anschein, mit der Aussonderung der "Schwachbefähigte[n]" diesen selbst etwas Gutes zu tun, da sie als "die Letzten in der Klasse" nur dem Spott ihrer Altersgenossen ausgesetzt seien (ebd.: 35 f.).
Denkt man diese Argumentation zu Ende, so müsste man auch eigene Schulen für Mobbing-Opfer, für zu dicke und zu dünne Kinder, für Kinder, die sich keine Markenkleidung leisten können, für depressive und rothaarige, für kleinwüchsige Kinder und für Kinder "mit Migrationshintergrund" einrichten. Denn sie alle stehen zweifellos in der Gefahr, von anderen verspottet zu werden. Natürlich könnte man stattdessen auch versuchen, die Mobber und Hänseler zu einem anderen Verhalten anzuregen. Aber die Deutschen sind nun einmal wahre Meister der Aussonderung, sie haben Ghettos und Sondereinrichtungen aller Art schon immer geliebt. Und so überlässt man die Schule eher den Mobbern, die alles Andersartige lächerlich machen und ins soziale Abseits drängen.
Als Krönung wird diese Form der Separation dann, wie bei Stötzner, auch noch als fürsorglicher Akt hingestellt. Wie bedenklich dies ist, wird deutlich, wenn man sich die erstaunliche Kontinuität der Argumentation Stötzners zur späteren Rolle der Hilfsschule im Nationalsozialismus vor Augen führt. So forderte damals die 'Reichsfachschaft V Sonderschulen im NS-Lehrerbund', Kinder, "die den Bildungsprozess der Volksschule dauernd hemmen", ebenso wie Kinder, die "die Formung der Klassengemeinschaft hindern oder ihr gefährlich sind", gleichermaßen auf die Hilfsschule zu überweisen (vgl. Krampf 1936: 180).
Die "Sammelbeckenfunktion" für die "auf dem Gebiete des Gefühls- und Willenslebens Abartigen", die der Hilfsschule auf diese Weise zukam (vgl. Myschker 1989: 171), war für die Betroffenen auch deshalb fatal, weil "psychopathische Konstitutionen" aller Art (ebd.: 184) im Rahmen der nationalsozialistischen Volkskörperideologie wie Krankheitskeime behandelt wurden, die man entsprechend 'auszumerzen' gedachte. Die Überweisung auf die Hilfsschule wurde so zur Entscheidungshilfe für nationalsozialistische Behörden, um bei den so genannten 'Erbgesundheitsgerichten' Sterilisations- oder gar Euthanasiemaßnahmen einzuleiten (vgl. Brill 2011; Hänsel 2012).
Es mag sein, dass auch im "Dritten Reich" selbst solche Meldeakte, die den Tod der Schutzbefohlenen zur Folge haben konnten, im Selbstverständnis der handelnden PädagogInnen in der Überzeugung erfolgten, das Richtige zu tun. Womöglich hatten sie in der damaligen Zeit tatsächlich das Gefühl, "zum Besten der Kinder", die ja ansonsten nur sinnlos zu leiden hätten, zu handeln, und "zum Wohle des Volkes", das so viel "unreines Blut" einfach nicht vertragen könne. Dies macht es aber nur umso erschreckender, dass ausgerechnet in Deutschland in manchen bildungsbürgerlichen Kreisen mit geradezu religiöser Inbrunst an der separierenden Praxis unseres Bildungssystems festgehalten wird.
Weiterführende Websites zum Thema 'Inklusion'
Grundlagenliteratur zur Inklusion: "Literaturliste Inklusion" der Universität Bielefeld.
Reimann, Lisa: Inklusionsfakten.de. Mythen und Fakten rund um das Thema Inklusion. [detaillierte Auflistung von Vorurteilen über inklusive Bildung, die jeweils durch den Verweis auf entsprechende wissenschaftliche Studien entkräftet werden]
Saarländisches Landesinstitut für Pädagogik und Medien: Links zur Inklusion; u.a. mit Links zu inklusiv arbeitenden Schulen; vgl. hierzu auch:
Hoffmann, Ilka: Inklusion in der Praxis: Die Erweiterte Realschule Freisen im Saarland. In: Die Demokratische Schule (DDS), Oktober 2011 [Beschreibung des Transformationsprozesses an einer inklusiv arbeitenden Regelschule].
Unterrichtsmodelle für die inklusive Schule:
Brunner, Ilse / Häcker, Thomas / Winter Felix (Hg.): Handbuch Portfolioarbeit. Seelze 2006: Friedrich.
Claussen, Claus: Unterrichten mit Wochenplänen. Kinder zur Selbständigkeit begleiten. Weinheim und Basel 1997: Beltz.
Erlberg, Günter: Organisation von Wochenplanarbeit. In: Jürgens (1994), S. 77 – 85.
Feuser, Georg: Gemeinsames Lernen am gemeinsamen Gegenstand. Didaktisches Fundamentum einer Allgemeinen (integrativen) Pädagogik. In: Hildeschmidt, Schnell, Irmtraud (Hg.): Integrationspädagogik. Auf dem Weg zu einer Schule für alle, S. 19 – 35. Weinheim und München 1998: Juventa.
Hänsel, Dagmar (Hg.): Projektunterricht. Beltz-Handbuch (1997). Weinheim und Basel, 2., neu ausgestattete Aufl. 1999: Beltz.
Jürgens, Eiko: Offener Unterricht: Einige Anmerkungen zur aktuellen Diskussion und zur Praxis. In: Ders. (1994), S. 19 – 38.
Ders. (Hg.): Erprobte Wochenplan- und Freiarbeits-Ideen in der Sekundarstufe I. Praxisberichte über effektives Lernen im Offenen Unterricht. Heinsberg 1994: Agentur Dieck.
Ders. / Ramisch-Kornmann, Brigitte: Lernen in Projekten – oder: Veränderungen der Welt als Gegenstand und Impuls subjektorientierten Unterrichts. In: Geiling, Ute (Hg.): Pädagogik, die Kinder stark macht, S. 91 – 100. Opladen 2000: Leske + Budrich.
Morgenthau, Lena: Was ist offener Unterricht? Wochenplan und Freie Arbeit organisieren. Mülheim an der Ruhr 2003: Verlag an der Ruhr.
Peschel, Falko: Offener Unterricht – Idee, Realität, Perspektive. Baltmannsweiler 2002: Schneider Verlag Hohengehren.
Filmklassiker zur Inklusion und zu alternativen Lernformen
Berg Fidel. Eine Schule für alle (2011).
Interview mit der Regisseurin Hella Wenders.
Website der Grundschule Berg Fidel.
Klassenleben (2005): Trailer, Interview mit dem Regisseur (Hubertus Siegert) u.a.
Website der Berliner Fläming-Grundschule, an welcher der Film gedreht worden ist.
Treibhäuser der Zukunft. Wie in Deutschland Schulen gelingen (2004); verlinkt u.a. auf
Interviews mit dem Regisseur (Reinhard Kahl); Film ist auch online abrufbar.
Websites von Schulen, an denen der Film u.a. gedreht worden ist:
Bodensee-Schule St. Martin, Bildungszentrum, Friedrichshafen,
Jenaplan-Schule, Staatliche Gemeinschaftsschule, Jena
Klosterschule, Ganztagsgymnasium und Kulturschule, Hamburg
Kommentare 10
Ein richtiger Rundumschlag mit Verweis auf das 3. Reich. Keule rausgeholt und drauf! Was willst du? Eine Schule für alle von Klasse 1 bis 13?
2006 wurde die UN-Menschenrechtskonvention verabschiedet. Deutschland hat sie unterzeichnet. Inklusion ist zum Menschenrecht geworden. Die Frage ist nun, wie setzt man diese um? Etwa, indem man Förderschulen auflöst, deren Klassen je nach Art der Bildungsstätte bis zu zehn, zwölf Kindern umfassen, um diese anschließend in Großklassen von 25 bis 30 Schülern zu "inkludieren"? Es gibt nicht wenige Förderschullehrer, die darin eine Verschlechterung für die betroffenen Kinder sehen.
Eines ist jetzt schon absehbar: Inklusion, wie von dir vermutlich gewollt, wird es nie geben. Der Grund: Die Privatschulen in Deutschland boomen. Ein Zweiklassensystem zeichnet sich immer mehr ab. Die finanziell Bessergestellten schaffen sich ihre eigenen Bildungsstätten, während das dann öffentlich verbleibende Einheitsschulwesen alle diejenigen aufzunehmen hat, die mit irgendwelchen Problemen zu kämpfen haben.
den grat (und die grat-wanderung)
zwischen herausforderung und überforderung bei lernenden
zu treffen, brauchts eine möglichst individuell-abgestmmte,
aufmerksamkeits-gespannte interaktion zwischen dem instrukteur und dem lern-willigen.
allzuhäufiges produkt
der gewohnt-belasteten schul-produktion:
miß-erfolge.
die sich die erfolglosen leider(aber gesteuert):
selbst zuschreiben.
aufklärung schafft:-->freerk huisken: macht die schule dumm?
auf youtube. empfehle ich.
Glückliches Deutschland – du bist die Heimat Hunderttausender Bildungsexperten! Denn alle, die hierzulande mal eine Schule von innen gesehen haben, werden dadurch automatisch zu ausgewiesenen Fachleuten auf dem Gebiet der Pädagogik.
und
Auch sie beglücken das Publikum in regelmäßigen Abständen mit Pamphleten, die mit Trump'schem Überlegenheitsgestus die Undurchführbarkeit der Inklusion behaupten.
ergibt zusammen ein gerüttelt Maß an Selbstreflektion.
@Achtermann: Ich bin eine schon alte Förderschullehrerin mit langjähriger Erfahrung sowohl an Förderschulen als auch im gemeinsamen Unterricht. Ja, es gibt sie die KollegInnen, die ihre Förderschulen behalten möchten. Die Frage ist: Zum Wohl der Kinder oder zum eigenen? Und: Alle Förderschulen in einen Topf werfen: Das geht nicht. Die Schule für Lernbehinderte gibt es nur in Deutschland. Sie hat diese unrühmliche Geschichte wie im Artikel beschrieben. Während die Ärzte ihre Vergangenheit teilweise aufgearbeitet haben, verbreiten wir SonderpädagogInnen in Teilen weiterhin das Bild der heilpädagogischen Gutmenschen. Und wenn Sie hier nur auf die Klassengröße abheben: Sie haben nicht verstanden, um was es bei der Inklusion geht. Es geht um gesellschaftliche Zugehörigkeit und nicht um ein Förderghetto. Die Literatur zum Thema ist schier erdrückend. Die Förderschule fördert nicht, sie sondert aus. Nicht, weil die Lehrkräfte so schlecht sind, sondern weil sie die Kinder separiert und nicht fordert. Die SchülerInnen meines letzten Jahrgangs , den ich aus dem gemeinsamen Unterricht entlassen habe (alles Kinder, die mit dem Stempel "Lernbehinderung" in unsere Schule gekommen ist), haben alle eine Berufsausbildung abgeschlossen und zwar auf dem ersten Arbeitsmarkt. Nun die Frage: Woher kommt die Abwehr in Deutschland gegen ein pädagogisches Konzept, das in Finnland, Kanada und anderen Ländern der Erde selbstverständlich und von den Leistungen her äußerst erfolgreich ist? Es ist der Besitzkampf von Teilen des des priviligierten Bildungsbürgertums für Exklusivität. Es zeigt, wie tief die Spaltung der Gesellschaft ist. Der größte Teil der so genannten Lernbehinderten sind Kinder aus Armutsverhältnissen. Ja, das war ja auch der Slogan der Yuppies: Eure Armut kotzt mich an. Da geht man dann halt auf eine Privatschule, um fern sozialer Probleme an seiner Karriere zu basteln. Besonders perfide wird es dann, wenn Salonkommunisten von der tollen, mitmenschlichen Förderung in Sondereinrichtung schwärmen. Seid ehrlich Leute!- Behinderte und Benachteiligte sind Euch so was von Sch...egal. Die haben nicht dazu zu gehören. Da spendet man für die Lebenshilfe, drückt sich ein Tränchen ab und meldet seine Kinder auf der Privatschule an, damit sie nicht mit "minderwertigen" Kindern aus der Unterschicht in Berührung kommen. JA: Gemeinsamer Unterricht funktioniert. Ich habe das Jahrzehnte erfahren als Praktikerin und mit mir noch viele andere engagierte Lehrkräfte. JA: Wir haben auch gute AbiturientInnen hervorgebracht und hohe Fähigkeiten befördert...wir haben aber auch etwas für den sozialen Zusammenhalt und das soziale und demokratische Bewusstsein der nachwachsenden Generation getan!- Gebt uns die personellen und materiellen Mittel und wir werden noch erfolgreicher und arbeiten weiter mit unseren Mittel für eine soziale und demokratische Gesellschaft. So das musste raus. Nach 30 Jahren Kamof für eine humane Pädagogik kann ich die immer gleichen Gemeinplätze gegen die Integration/Inklusion einfach nicht mehr hören. Man verzeihe mir meinen harschen Ton.
Und wenn Sie hier nur auf die Klassengröße abheben: Sie haben nicht verstanden, um was es bei der Inklusion geht.
So einfach sollte man es sich beim Aufbau einer (vermeintlichen) Gegenposition nicht machen, schließlich habe ich auf den Beschluss der UN verwiesen und festgestellt: Inklusion ist zum Menschenrecht geworden.
Es gibt immer wieder Über-Lehrerinnen und -lehrer, die alles schultern, was zu schultern ist, auch wenn sie daran zerbrechen. Und das, meine ich, ist ein wichtiger Punkt. Die Umsetzung dessen, was Inklusion genannt wird, scheint bundesweit hanebüchen zu sein. Mir hat noch keine Lehrerin im persönlichen Gespräch von positiver Praxis gesprochen. Auch die Verlautbarungen der entsprechenden Lehrerverbände weichen davon kaum ab, außer, dass sie für die Öffentlichkeit mit einer gewissen Sachlichkeit in der Wortwahl versehen sind.
Die Agentur für Bildungsjournalismus schreibt über NRW, wo letztes Jahr drei Schulen aus Münster sich geweigert haben, die Inklusionsvorgaben umzusetzen, weil es an räumlichen und personellen Voraussetzungen mangelt:
„Das Beispiel Münster zeigt, dass das System Schule längst an seine Grenzen stößt, weil die Landesregierung ständig neue Herausforderungen an die Schulen heranträgt, Ihnen aber die notwendigen Rahmenbedingungen verweigert“, sagt Udo Beckmann, Bundes- und NRW-Vorsitzender des VBE. Als besonders bezeichnend sieht der Verband die Tatsache an, dass sich mit der Schulkonferenz neben den Lehrern auch die Schüler- und Elternvertreter gegen das gemeinsame Lernen wegen unzureichender Rahmenbedingungen ausgesprochen haben.
P.S: Ihre Antwort habe ich zufällig entdeckt. Bei "Kommentar beantworten" erhalte ich eine Nachricht.
@Achtermann. Das die Bedingungen in den Schulen schlecht sind, damit haben sie uneingeschränkt Recht. Allerdings war dies schon VOR der so genannten Inklusion der Fall. Die Klassengrößen in Gesamtscchulen sind in vielen Ländern schon lange zu hoch. Die Unterrichtsverpflichtung ist zu hoch. Da fehlen die Freiräume für Kooperationen. Wogegen ich mich aber entschieden wehre, ist die Unterfinanzierung des Bildungswesens sowie die mangelnden Strukturen mit dem Wort "Inklusion" zu überschriben. Die Konservativen geben zuerst kein Geld für die Umsetzung der UN-Konvention aus und behaupten dann dummdreist: Seht Ihr, wir brauchen die Sonderschulen, Inklusion geht nicht. Es gibt auch Lehrkräfte, die froh sind, die fehlenden Ressourcen vorschieben zu können. Deutschland ist ein Land, in dem gerne ausgegrenzt und in Schubladen gesteckt wird. Wir müssen beides tun: Uns inklusiv verändern, für eine Schule für alle kämpfen und Konzepte stärken und entwicklen sowie für die Rahmenbedingungen kämpfen. Der Rückszug auf die Schachtelpädagogik ist unpolitisch und falsch!- Das Konstrukt der Lernbehinderung und die Begabungsideologie werden Zu Recht vom Autor angegriffen. Das ist leider in schreckliches Tabu in der ganzen Debatte!
@Achtermann. Das die Bedingungen in den Schulen schlecht sind, damit haben sie uneingeschränkt Recht. Allerdings war dies schon VOR der so genannten Inklusion der Fall. Die Klassengrößen in Gesamtscchulen sind in vielen Ländern schon lange zu hoch. Die Unterrichtsverpflichtung ist zu hoch. Da fehlen die Freiräume für Kooperationen. Wogegen ich mich aber entschieden wehre, ist die Unterfinanzierung des Bildungswesens sowie die mangelnden Strukturen mit dem Wort "Inklusion" zu überschriben. Die Konservativen geben zuerst kein Geld für die Umsetzung der UN-Konvention aus und behaupten dann dummdreist: Seht Ihr, wir brauchen die Sonderschulen, Inklusion geht nicht. Es gibt auch Lehrkräfte, die froh sind, die fehlenden Ressourcen vorschieben zu können. Deutschland ist ein Land, in dem gerne ausgegrenzt und in Schubladen gesteckt wird. Wir müssen beides tun: Uns inklusiv verändern, für eine Schule für alle kämpfen und Konzepte stärken und entwicklen sowie für die Rahmenbedingungen kämpfen. Der Rückszug auf die Schachtelpädagogik ist unpolitisch und falsch!- Das Konstrukt der Lernbehinderung und die Begabungsideologie werden Zu Recht vom Autor angegriffen. Das ist leider in schreckliches Tabu in der ganzen Debatte!
"Es gibt immer wieder Über-Lehrerinnen und -lehrer, die alles schultern, was zu schultern ist, auch wenn sie daran zerbrechen. Und das, meine ich, ist ein wichtiger Punkt. Die Umsetzung dessen, was Inklusion genannt wird, scheint bundesweit hanebüchen zu sein."
Ich meine, dass dies der wirklich zentrale Punkt ist. Wohl wird (zu Recht!) über Inklusion gesprochen, doch fehlen die Strukturen, dies auch umzusetzen. Das beginnt mit den personellen Ressourcen, scheitert vielerorts auch an den räumlichen Verhältnissen und wirft gleichzeitig grundsätzliche Fragen zur Unterrichtsplanung (z.B. individualisierte Lernzielplanung) usw. DAS alles kann nicht gelöst werden mit der Zuteilung von 2 oder 4 Förderstunden/Woche. Genau DIES ist jedoch der Beitrag vieler Bildungsministerien zum Thema Inklusion. Damit ist sie zum Scheitern verurteilt - für die Kinder wie auch für die Lehrkräfte. Ehrlich und realistisch angestrebte Inklusionskonzepte sind nicht zum Nulltarif zu haben. Vielmehr bedeutet dies, dass eben eine mind. 50% Stelle mit sonderpädagogischer Fachausbildung in diesen Klassen gesetzt wird - so wie dies beispielsweise in Österreich schon seit Langem gemacht wird. Damit wiederum ändert sich auch die Alltagssituation für die Lehrkräfte, indem eben ein Team im Klassenzimmer unterrichtet. DAS ist vielfach eine Anfangsherausforderung für alle Lehrkräfte, welche diese Situation so nicht kennen und sich zuerst mal darauf einstellen müssen.
Erfahrungsgemäß erleben sie dies nach anfänglicher Skepsis ziemlich schnell als Erleichterung und eine neue Qualität - und ganz nebenbei wird sehr viel Lehrer-Schüler- Eltern- Konfliktpotential aus dem Weg geräumt.
Wogegen ich mich aber entschieden wehre, ist die Unterfinanzierung des Bildungswesens sowie die mangelnden Strukturen mit dem Wort "Inklusion" zu überschriben.
Diese Diskrepanz ist offensichtlich. Mal unabhängig von Inklusion wird hier ein Bildungssystem "zurechtgespart" , welches folgendermaßen definiert ist:
- optimale Schüler-Lehrerstundenzuteilung ab einer bestimmten Schulgröße. (Einzügigkeit, Zweizügigkeit?)
- diese Anforderungen vermag der ländliche Raum vielfach nicht zu erfüllen, wie die laufenden Schulschließungsdiskussionen in vielen Bundesländern zeigen.
- Folge sind immer weitere Wege für die Kinder - Fahrschüler, welche bis zu 150 Minuten täglich im Bus verbringen, teilweise um 05:45 aufstehen müssen, damit sie um 07:30 Uhr in der Schule und irgendwann gegen 15:30 wieder zu Hause sind.. DAS hat keinen Einfluss auf die Unterrichtsqualität?
- Landesrechnungshöfe, welche errechnen, dass eine Erhöhung der durchschnittlichen Klassengrößen um 2 Kinder so und so viele hundert Lehrkräfte einsparen würden.... Was dann innerhalb weniger Jahre als Sonderschulungsbedarf anfällt, scheint diese Statistiker nicht zu interessieren.
- Betrachtung der Schulbauverordnungen und mal vergleichen, was derzeit so in Schweden und Finnland bezüglich dieses Themas aufgegleist wird.
- Zurückfahren der schülerbezogenen Lehrerstundenzuweisung (derzeit in Sachsen-Anhalt), was für eine Schule mit 120 Kindern den Verlust einer 50%-Lehrstelle zur Folge hat. Gleichzeitig Abbau der pädagogischen Mitarbeiter, das sei noch am Rande erwähnt. Verschiedene Bundesländer haben jedoch schon jetzt eine personelle Unterversorgung, welche sich in Form von Klassenzusammenlegungen, "beaufsichtigte Stillbeschäftigung durch eine andere Lehrkraft", Stundenausfall bis hin zu semesterlangem Fachstundenausfall darstellen. Tendenz steigend.
Das alles kann man durchaus kaputtsparen nennen. In dieser Situation Inklusion aufzupfropfen ist eine Torheit. Vergleichbar mit einem Bäckermeister, der in seinem Betrieb den drei am Limit arbeitenden Festangestellten erklärt:" Bisher habt ihr unsere Standardbrote gebacken. Wir haben errechnet, dass es möglich ist, auch die Spezialbrote durch euch herstellen zu lassen und außerdem jemand von euch zu 50% an der Verkaufstheke eingesetzt werden kann. Ihr werdet die Produktion mit 250-Stellenprozent schaffen." Die Frage nach Modernisierung und Automatisierung des Betriebes wischt er vom Tisch: "Liegt nicht drin."
Die Frage wird sein, ob es die Bäckerei in 5 Jahren noch geben wird, oder ob sie wegen Personalmangels/schlechter Qualität pleite gehen wird.
Politiker müssen sich solche Fragen nicht stellen.....
Behinderung im Kapitalismus und das Leitbild der Inklusion
Für die moderne Wissenschaft ist Inklusion – anders als für Menschen mit Behinderung, für Lehrer und Eltern, die sich hauptseitig mit den Zumutungen der Durch- und Umsetzung des neuen Ideals herumquälen – eine ‚spannende‘, eine ‚fruchtbare‘ Sache. Eine exemplarische Stimme: „Die immer wieder auszutarierende (sozialpolitische) Frage, wie wir unser Zusammenleben gestalten wollen, soll beleuchtet werden: Teilhaben und Teil sein – ein diskussionswürdiges Spannungsfeld. Aus sozialrechtlicher Sicht ist Teilhabe durch Ansprüche und Leistungen geprägt. ‚Teil sein‘ – also die Zugehörigkeit zur Gesellschaft – verlangt nach Anerkennung von Vielfalt und Verschiedenheit sowie die Möglichkeit von Beteiligung. Diese beiden Aspekte stehen nicht nebeneinander, vielmehr bestehen zwischen ihnen Beziehungen und Wechselwirkungen. Dahinter stehen Fragen, wie angesichts des demografischen Wandels und knapper werdender Ressourcen die Verantwortung von Staat, Gesellschaft und des Einzelnen auszutarieren ist, um den – zu Recht – steigenden Anspruch auf Teilhabe sicherstellen zu können.“ (Hagen 2015, 145)
Wenn man die demokratisch geregelte kapitalistische Konkurrenz als einen Ort des Zusammenlebens betrachtet, der immer wieder die – offene – Frage aufwirft, wie er gestaltet werden soll, dann kann man natürlich munter Modelle der Integration, der Kohäsion, der Inklusion, des gesellschaftlichen Zusammenhalts oder der kulturellen Diversität ausspinnen. Man muss dann nur vergessen, dass man sich in einer Parallelwelt befindet, die neben die privateigentümliche Festlegung und sozialstaatliche Einordnung der Gesellschaftsmitglieder tritt. Für den Wissenschaftsbetrieb ist das anscheinend eine einfache Übung. So kam auch bei der Kölner Veranstaltung prompt der Einwand, der Referent habe selber kein eigenes Konzept der Inklusion – das sich einen originellen Zugang wählt oder ans breite Spektrum vorhandener Ansätze (vgl. z.B. Möller 2012) anschließt – an den Anfang seiner Ausführungen gestellt und so den wissenschaftlichen Standard unterschritten. Dagegen hier in Thesenform die Position des Referenten.
Vier Thesen
Seit der UN-Behindertenrechtskonvention ist es in der Bundesrepublik üblich, den sozialpolitischen Idealen Selbstbestimmung und Teilhabe in der Behindertenpolitik das der Inklusion zur Seite zu stellen; praktisch wahr geworden ist es in der Öffnung der Regelschulen für Schüler mit Behinderungen, und auch die Bundesregierung beruft sich auf Inklusion in der Begründung ihres jüngst vorgelegten Entwurfs eines Bundesteilhabegesetzes.
1. Dabei ist fraglos bejaht, dass „die Gesellschaft“, an der Teilhabe ermöglicht und in die inkludiert werden soll, diejenige ist, in der alle sich um ihrer individuellen Lebensinteressen willen zunächst einmal der Konkurrenz am Arbeitsmarkt zu stellen haben: Ein Lebensstandard will verdient sein – und daran scheitern Menschen mit Behinderungen, weil ihre verminderte Leistungsfähigkeit mit erhöhtem Bedarf zusammen trifft. Diese Logik trifft aber nicht nur sie: Die Lebenslage Familie unterliegt demselben Dilemma.
2. Genauso ist deswegen fraglos klar, dass Menschen mit Behinderungen – ebenso wie Familien – ohne sozialstaatliche Hilfen nicht über die Runden kommen. Die bisherige Behindertenpolitik hat sich dem im Wesentlichen „fürsorglich“ gewidmet – also herablassend; die Betroffenen und ihre Verbände haben dagegen nach Kräften Selbstbestimmung und Gleichberechtigung gefordert. Dem kommt die Bundesregierung mit ihrem Gesetzentwurf auf ihre Weise nach – sortiert nämlich die Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen neu nach dem Kriterium ihres Bezugs zum Arbeitsmarkt.
3. Damit ist klar gestellt, wie Inklusion in der sozialstaatlich betreuten Konkurrenzgesellschaft zu verstehen ist: Teilhabe ist Pflicht zur selbstbestimmt-individuellen Bewährung an deren Anforderungen – und dabei und darin haben alle Anspruch auf Anerkennung. Die Schulpolitik erhebt das zum allgemeinen Leitbild, wenn sie in das selektive, fundamental leistungsorientierte Ausbildungswesen den Gesichtspunkt von Diversity einführt: Der Zwang zur Konkurrenz wird ergänzt um das verlogene Ideal der respektvollen Gemeinschaft ganz unterschiedlicher Individuen.
4. Inklusion ist also eine Modernisierung des staatsbürgerlichen Bekenntnisses zum Kapitalismus, das sich dadurch auszeichnet, dass es von dessen sozialen Gegensätzen endgültig nichts mehr wissen will.
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