Lachen mit Laschet

Kommunikation 2 Monate vor der Bundestagswahl kann auch ein Lachen sehr gefährlich werden.

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Armin Laschet lacht, wir wissen nicht worüber und warum er mit seinem Stab gelacht hat, aber er hat gefälligst die Betroffenheit zu zeigen, wie sie sich nach einer Flutkatastrophe gebührt.

Ich würde die Empörung aller politischen Akteure gern glauben, wenn sie nicht so klammheimlich schadenfroh und kalkuliert in Richtung der Kanzlerschaft des Übeltäters, also der, der gelacht hat, gerichtet gewesen wäre.

Womöglich liegt das Problem in uns selbst und unserem Verhältnis zur spontanen Heiterkeit verborgen. Ein Mensch der in so einer Extremsituation noch ein Lachen hervorbringt, der kann doch nicht ganz bei Trost sein. Spaß darf man in Deutschland nur nach Kommando zulassen, in Kellern, Klubs und Hallen. Tür zu. Es ist Zeit zu lachen. Genehmigung erteilt mit Eintrittskarte.

Ein Lachen in der aller Öffentlichkeit, nach einer Flutkatastrophe. - Schwieriges Terrain und der Kanzlerkandidat hat alles dazu getan, um zielsicher auf jede Tretmine zu treten, die dieses Terrain bietet.

Eine lachende Person in der Öffentlichkeit ist mindestens irritierend, vorne im Fokus der Kamera steht das Staatsoberhaupt und gedenkt den Toten, während im Hintergrund fröhlich Sprüche geklopft werden. Ich gebe zu bedenken, dass wir den Inhalt des Gesprochenen nicht kennen, räume im Gegenzug jedem ein, dass der Kanzlerkandidat der CDU hier keine gute Figur macht, aber wer macht das schon in diesen Tagen. Wenn wir kurz schwurbeln wollen, sieht es fast so aus, als würde Laschet mit seinem Stab den ganzen Vorgang ins Lächerliche ziehen und Sprüche über Steinmeier und den ganzen Vorgang klopfen. Das ganze war übrigens eine Äußerung vor der Presse vor Ort und keine offizielle Gedenkveranstaltung.

Doch wollen sich nicht alle selbst darstellen, die von Kameras begleitet durch den Schlamm stapfen oder sich mit Sandsäcken in der Vergangenheit haben fotografieren lassen? Jeder könnte sich das Gerede und Getwittere sparen, aber irgendwie ist es leider zur verfluchten Mode geworden, lieber schöne Bilder zu erzeugen und viral gehende Einzeiler vor sich hinzu zwitschern, als seiner Pflicht nachzukommen und etwas zu unternehmen, ohne sich dafür von der Presse oder politischen Konkurrenten wahlweise abfeiern oder anzählen zu lassen.

Wie wäre es, wenn wir uns alle unsere medial befeuerte Empörung ins Tagebuch schreiben und vergessen. Wir spielen das Spiel der Empörungsspirale einfach nicht mehr mit und zwingen die politische Handelnden einfach wieder dazu, wozu sie gewählt wurden: Handeln. Und das tun wir, indem wir dieses ganze Ankreiden von jedem Fehltritt jetzt einfach bis zur Bundestagswahl ignorieren, denn wir können so kurz vor einer wichtigen Wahl bei keinem mehr klar sagen, was ist Kalkül und was ist eine spontane Äußerung. Ich setze immer auf Kalkül, so bin ich im Nachhinein nie völlig überrascht über die Folgen. Wir können nur hoffen, dass dieses Thema jetzt nicht bis Ende September penetriert wird. Mir ist es egal, ob der Kanzlerkandidat der CDU dabei gut ausgesehen hat oder nicht, ich muss ihn ja nicht wählen und auch nicht mögen. Ich würde mein Votum und meine Einschätzung über sein Charakter, der von so vielen gerade in Frage gestellt wurde, auch nicht davon abhängig machen, wann er wie und warum gelacht hat und dabei gefilmt wurde. Ich beurteile ihn anhand seiner Taten - auf die vielen Absichtserklärungen im Vorfeld kAnn ich verzichten.

Und nur mal so nebenbei, falls einigen das Wesentliche durch diesen Unsinn abhanden gekommen sein soll: Die Betroffenen der Flutkatastrophe in NRW, Rheinland-Pfalz, Belgien, den Niederlanden und nun auch Österreich haben andere Sorgen, als sich zu fragen, ob ein Lachen gerade angebracht war oder nicht. Ein Lachen schafft den Schlamm nicht aus dem Haus und hilft auch nicht denjenigen, die jetzt mit nichts dastehen.

Just put your money where your mouth is, hier bitte:

Wer den Betroffenen im Landkreis Ahrweiler direkt helfen möchte und dem andere Spendenaktionen nicht zielgerichtet genug sind: Spendenkonto „Hochwasser“ bei der Kreissparkasse Ahrweiler, IBAN: DE86 5775 1310 0000 3394 57, BIC: MALADE51AHR.

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Geschrieben von

Rajner Tatz

Angestellter | Politik, Medien und Gesellschaft | Jeder Mensch hat seine eigene Sprache. | I don't read comments, write a piece on your own.

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