Impeachment!

Bye Mr President. President Trump wurde von seiner eigenen Partei viel zu lange toleriert und mitgeschleppt.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Das Wort, das so manchem amerikanischen Republikaner erzittern lässt.

Man hat es über mehr als ein Jahr vermeiden können, doch die Gräben innerhalb der eigenen Partei sowie in der amerikanischen Gesellschaft kann man nicht länger ignorieren.

Mit einem Präsidenten, der über Dekrete regiert, da er weiß, dass er für seine Politik im Kongress keine Mehrheit mobilisieren könnte. Einem Präsidenten, der einen Großteil seiner parlamentarischen Vorstöße verloren hat, einem Präsidenten, der mehr über Twitter kommuniziert, als über angemessenere Kanäle, mit so einem Präsidenten will man die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts angehen? Herausforderungen, zu denen man – ist man einmal ehrlich – mittlerweile als Trumps Amerika selber hinzugehört.

Eine Entwicklung, die im November 2016 ihren Anfang nahm, und die nun, etwas mehr als ein Jahr später deutlich zeigt, was ihre Konsequenzen sind: Isolation, Abschottung, Provokation, gesellschaftliche Polarisierung.

Politik ist ein kompliziertes Feld und es liegt in ihrer Natur, dass man sich selten einig ist, dass sich widersprechende Positionen eingenommen werden und dass man streitet. Dies ist gut so!

Auch den bisherigen amerikanischen Präsidenten kann man sehr kritisch gegenüberstehen – jedem auf seine Art und Weise.

Der aktuelle Präsident ähnelt allerdings eher einem Clown, einem großen Baby, dass sich darüber beschwert, wie unfair alle – zu allererst die Europäer, die Deutschen und der Mann mit dem roten Knopf aus Nordkorea - die Vereinigten Staaten von Amerika behandeln würden.

Man könnte schmunzeln, wenn es nicht so bitterer Ernst wäre.

Nach und nach verlassen alle diejenigen, von denen man erwartet und gehofft hatte, dass sie diesem Präsidenten den Weg weisen könnten, das Schiff. Nach Priebus und nun Cohn ist der 'last man standing' von Bord gegangen. Was nun?

Auch andere Berater, wie der Sicherheitsberater McMaster, zuletzt auf der Münchener Sicherheitskonferenz scheinen verzweifelt etwas Sinn, etwas Nachvollziehbares in die Performanz aus Twittertweets und dem 'gerechten' Zorn des weißen, amerikanischen Mannes im Trumptower zu verpacken.

Es war, aus republikanischer Perspektive, wohl einen Versuch wert.

Doch muss man sich nun eingestehen, dass die zu erwartenden Kosten, nicht nur für Amerika, sondern für die globale, liberale Weltordnung zu hoch geworden sind. Strafzölle, ökonomische Isolation, die auch zu einer normativen, einer Isolation der USA von der (vermeintlichen aber dennoch wirksamen) westlichen Wertegemeinschaft vorantreiben wird, mit unabsehbaren Spillover- Effekten auf verschiedenste Bereiche, nicht nur in der Wirtschaft.

Die Strafzölle, die heute per Dekret verabschiedet wurden und in 14 Tagen harte Realität werden sollen, sollten der Tropfen sein, der das Faß zum Überlaufen bringt.

Über 100 republikanische Abgeordnete flehten ihren Präsidenten förmlich an, dieses Dekret zurückzunehmen. Selbst Wirtschaftsexperten der betroffenen Bereiche, wie der Stahlindustrie stehen den Strafzöllen ablehnend gegenüber, obwohl sie doch das Ziel diese Politik sein sollten.

Doch ist es nich nur der wirtschaftliche Bereich. Der angestrebte Bau einer Mauer zwischen den USA und Mexiko, die versuchten Gesetze gegen 'muslimische Migration' aus bestimmten Ländern, sein Vorstoß, als 'Friedensinitiative' für Nahost verkauft, die US- Botschaft nach Betlehem zu verlegen, Austritt aus dem Klimaabkommen von Paris und und und, man könnte diese Liste weiterführen. Alles unter dem Slogan 'America first' und 'make America great again'. Schaut man sich die Entwicklung in der amerikanischen Gesellschaft an, oder in der republikanischen Partei, ist es äußerst fraglich, inwiefern diese Politik tatsächlich die Amerikaner fördert und deren Unterstützung genießt.

Bereits im Jahre 2017 wurde ein Antrag auf 'Impeachment' gestellt, der allerdings relativ chancenlos war und geblieben ist. Mittlerweile stellt sich die Situation allerdings anders dar, so dass eine erneuter Versuch, vor allem, wenn er von einer breiten Mehrheit der Republikaner unterstützt würde, erfolgsversprechender wäre. So könnte die erste Hürde, die Annahme der Einleitung eines solchen Verfahrens, genommen werden. Da es bei diesem Verfahren nicht um die Beteiligung eines wirklichen Gerichtes geht, sondern den Senatoren die Richterwürde zukommt, sollte es möglich sein 2/3 der 100 Senatoren zu überzeugen.

Andererseits kommt es soweit wohlmöglich gar nicht, da der Präsident dem mit einem Rücktritt zuvorkommen könnte, was allerdings nicht sehr wahrscheinlich ist. Doch was ist dies schon bei diesem Präsidenten.

Im Falle des Falles würde Vizepräsident Mike Pence nachrücken. Auch nicht unbedingt die Wunschvorstellung eines Präsidenten, doch ist dieser seit langen Jahren in der republikanischen Partei verankert. Gehört zum Establishment. Eigentlich kein Kompliment, doch in diesem Falle würde es garantieren, dass die USA nicht vergleichbar isoliert würden, keine strategisch wichtigen Partnerschaften und Verbindlichkeiten aufs Spiel gesetzt würden und die so genannte 'liberal world- order' mit all ihren Vorteilen (natürlich auch den nachteilen) nicht durch eigensinnige Vorstöße, wie der aktuellen Strafzölle, aufs Spiel gesetzt würde. Der Präsident wäre wieder innerhalb der Partei gefestigt und diese hätte auch wieder Zugriff auf ihn.

Es ist an der Zeit dem Wort 'Impeachment' einen Sinngehalt, einen Praxisbezug zu geben. Hinsichtlich der bald anstehenden Kongresswahlen müssen sich die Republikaner ohnehin auf eine herbe Schlappe gefasst machen, somit könnten sie dem zuvorkommen, indem sie eine Entscheidung treffen, die ihnen nicht nur ihr Land sondern wohl ein Großteil dieser Welt danken würden.

Doch geht es hier nicht um Dank oder Gönnerhaftigkeit, sondern ganz einfach um politische Verantwortung. Um staats- und welttragende politische Verantwortung, derer sich die republikanische Partei Amerikas wieder entsinnen muss. Dies umfasst ebenso und zu allererst, sich um die Menschen zu sorgen, ihnen politische Angebote zu machen, die der Meinung sind President Trump wäre ihr Advokat. Dies ist mitnichten der Fall! Doch wird diese Realität durch die undurchsichtige Medienlandschaf und Instrumentalisierung von 'Alternativen Fakten' zu oft verklärt und verkehrt dargestellt. Kann man Aussagen in der heutigen Zeit problemlos zurücknehmen und behaupten 'So habe ich das doch gar nicht gemeint!'. Dies bekommt nur Niemand mehr mit.

Das Eingeständnis Fehler gemacht zu haben, indem man eine Entwicklung, die einen natürlich überfordert hat, zu lange toleriert hat, muss an dieser Stelle eher als ein evolutionärer Schritt in Richtung Zukunft, als ein Rückschritt angesehen werden.

Somit bliebe nur zu sagen: „Bye Mr President.“

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Frédéric Bravo Paredes

Frédéric Bravo Paredes studierte in Köln und Bonn Sozialpsychologie, Soziologie und Politikwissenschaft.

Avatar

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden