1966: Force de frappe

Zeitgeschichte Frankreichs Präsident de Gaulle ist auf eine Aktion nationaler Stärke bedacht. Mit seiner „Politik des leeren Stuhls“ lähmt er die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 37/2016
Mitte der 60er Jahre im Zenit der Macht: Charles de Gaulle
Mitte der 60er Jahre im Zenit der Macht: Charles de Gaulle

Foto: AFP/Getty Images

Bei konservativen Kommentatoren und Leitartiklern ist momentan kein Textgenre so beliebt wie die mit Häme und Verachtung unterlegte Kritik an der EU und am Euro. Doch sind die Abgesänge auf das vereinte Europa so wenig neu wie der schlechte Zustand der EU-Integration. Bereits vor 50 Jahren schlitterte der damalige Staatenbund Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) über einen verhältnismäßig banalen Konflikt in eine riskante Krise. Vom 6. Juli 1965 bis zum 28. Januar 1966 praktizierte Frankreich gegenüber der EWG oder „Brüssel“, wie es in Paris hieß, eine „Politik des leeren Stuhls“ und blockierte die 1957 mit Deutschland, Italien, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden gegründete Gemeinschaft fast vollst