Implosion statt Explosion

Frankreich Der aufgesetzte Bellizismus hat sich für Sarkozy nicht ausgezahlt: Bei den Kantonalwahlen schnitt die Präsidentenpartei UMP wesentlich schlechter als die Sozialisten ab

Zwischen dem ersten Durchgang am 20. März und der Stichwahl bei den französischen Kantonalwahlen am 27. März machte sich Präsident Sarkozy zum Kriegsherrn im Libyen-Krieg. Die Eile, mit der er die Spitze der Kriegswilligen und das Kommando der Intervention übernahm, war auch dem Blick auf die Heimatfront und den eigenen schlechten Umfrageergebnissen geschuldet. Genützt hat ihm die brachiale Methode so wenig wie die Hetze gegen den Islam und die Beschwörung „nationaler Identität“ im Wahlkampf. Was sich nach dem ersten Wahlgang abzeichnete, wurde am Sonntag Gewissheit: Der Präsident und seine Partei kassierten eine herbe Niederlage. Und auch die Grünen konnten nicht punkten. Im Unterschied zu den Wahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gab es für sie im Atomstaat Frankreich keinen Japan-Bonus.

Der Parti Socialiste (PS) erreichte beachtliche 36,9 Prozent der gültigen Stimmen, Sarkozys Union pour un Mouvement Populaire (UMP) kam auf 22,4 und der rechtsradikale Front National (FN) von Marine Le Pen erreichte 11,6 Prozent. Letztere profitierte von der geringen Wahlbeteiligung (knapp 45 Prozent). Die Sozialisten erreichten in 63 von 101 Départements, deren Wahlkreise die 2.026 Kantone bilden, eine Mehrheit. Zusammen mit den linken Splitterparteien eroberte die Linke 1.213 Kantone. Das Mehrheitswahlrecht täuscht: Die Ultrarechten bringen es zwar nur auf zwei Sitze, aber in den 403 Kantonen, in denen er in die Stichwahl kam, erzielten sie mit etwa 915.000 Stimmen, rund 300.000 mehr als vor gut einer Woche.

Ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen 2012 ist das mehr als ein böses Omen. Kommentatoren sprechen von einer „Implosion“ der UMP. Bei den Präsidentschaftswahlen kommen nur die beiden erst platzierten Kandidaten in die Stichwahl. Wenn der Trend anhält, könnte Sarkozy trotz seiner kriegerischen Auftritte auf Platz drei landen und ausscheiden. Solche Aussichten heizen natürlich die Diskussion innerhalb und außerhalb der UMP an, ob denn Sarkozy noch der Kandidat sei mit wirklich reellen Aussichten auf einen Wahlerfolg. Zunächst trösten sich die Wahlverlierer allerdings damit, die Niederlagen hätten rein lokale Gründe.

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