Schlechter als das Image der Großbanken UBS und Credit Suisse ist nur noch das der FIFA und ihres ewigen Schweizer Häuptlings Joseph Blatter. Aber während das amerikanische FBI gegen Korruption in der FIFA erst seit kurzem ermittelt, dauern die Untersuchungen und Anklagen gegen Schweizer Bankhäuser schon jahrelang. In regelmäßigem Rhythmus kommen neue Fälle hinzu. Seit 2009 wurden die UBS sieben-, die Credit Suisse acht- und andere Schweizer Institute dreimal zu hohen Strafen wegen Beihilfe zum Steuerbetrug und zu Kursmanipulationen verurteilt.
Das zehrt am Image eines reputierlichen Finanzplatzes und erschüttert notorisch selbstgerechte Schweizer, die gern der Vorstellung anhängen, in der saubersten aller Welten zu leben. Die starke Minderheit von durch und durch national imprägnierten Eidgenossen bekommt bald täglich bescheinigt, dass ihre Scheinwelt auch von der Halbwelt der Banken mitbewohnt wird, deren kriminelle Machenschaften Aufsehen erregen. Die große Zustimmung, wie sie gerade Christoph Blochers rechte Volkspartei (SVP) erfährt, oder die ostentative Solidarität mit dem mafiösen FIFA-Boss sind auch als Trotzreaktionen auf die Verunsicherung vieler Schweizer zu deuten. Es wird eng, und man rückt zusammen in der Alpenrepublik.
Deren rechte Opposition lebt nicht von politischen Alternativen, sondern einem ressentimentgesteuerten „Jetzt erst recht“ gegen Kritik von außen. Wenn es ein Sinnbild gibt, mit dem sich die National-Rechten identifizieren, so ist es nicht der Held, der feindliche Speere mit seiner Brust abfängt wie Winkelried im Schweizer Mythenzeughaus, sondern das gewöhnliche Stachelschwein, das mit seinem Grunzen, seinem Geruch und seinen spitzen Borsten den Feind abwehrt. Schließlich präsentierte sich auf der Landesausstellung 1964 das tief im Kalten Krieg steckende Berner Verteidigungsministerium als symbolisch aufgeblähtes Stachelschwein.
Betriebsgeheimnis in Gefahr
Die beiden Geldhäuser UBS und Credit Suisse waren nicht nur Mitläufer und -täter im weltweiten Konkurrenzkampf des „Oktetts der kriminellen Schwestern“, zu dem noch die Bank of America, Citigroup, HSBC, die Royal Bank of Scotland, die Deutsche Bank und BNP Paribas gehören, sondern „an vorderster Front involviert“, wie die Neue Zürcher Zeitung, das helvetische Kampfblatt für das Bankgeheimnis, am 14. November fast beleidigt feststellt. Nach der Citigroup (810 Millionen Euro) hatte die UBS mit 640 Millionen die zweithöchste Strafe zu entrichten. Wenn man alles addiert, dann mussten seit Beginn der Finanzkrise 2008 diese acht übel beleumdeten Institute für Strafen in Höhe von 190 Milliarden Dollar aufkommen – die Quittung für die von den Geschäftsführungen mindestens geduldete kriminelle Intensität ihrer Händler. Erst vergangene Woche haben sich die acht mit dem US-Justizministerium auf die Zahlung von 4,3 Milliarden Dollar wegen Manipulationen am Devisenmarkt geeinigt. Dabei gilt die UBS als Serientäter, sie war 2011 federführend bei der Manipulation des Libor-Satzes (Zins im Interbankengeschäft), ein Jahr später sorgte der smarte Händler Kweku Adoboli in London für einen Milliardenverlust der Bank und bei der im Oktober 2014 entdeckten, laut Schweizer Bankenaufsicht Finma „schwersten Marktmanipulation“ mischte die UBS ganz vorn mit. Die Behörde registrierte „haarsträubende Zustände“: Kundendaten und Kundeninteressen wurden verraten, die interne Kontrolle heruntergefahren. Zum Ende des III. Quartals hatte die UBS für Rechtsfälle – etwa die diskrete Regelung von Regressansprüchen geschädigter Kunden – drei Milliarden Euro zurückgestellt. Weitere Untersuchungen sind bereits angekündigt, so dass noch einiges auf die UBS-Banker zukommen dürfte. Doch reden stramme Schweizer ungern über Geld und Banken, gehören doch Letztere zum Betriebsgeheimnis der Alpenrepublik.
Die Leitartikelpredigt zum Nationalfeiertag von NZZ-Chefredakteur Markus Spillmann am 2. August 2014 warnte vor „nationalen Regungen“, die in eine „Verengung des Horizonts“, „Provinzialisierung“ und „Engstirnigkeit“ umschlagen könnten, vermied aber jedes Wort über das kriminelle Schwesternoktett oder gar die beiden helvetischen Mitglieder UBS und Credit Suisse, die im Visier von Steuer- und Justizbehörden vieler Länder stehen. Selbst der Rechtspopulist Blocher, der nichts und niemandem aus dem Weg geht, fasst den Dauerskandal um die Schweizer Großbanken nicht oder nur mit Samthandschuhen an.
Die Stimmung im Land ist weniger gut als der Tenor der Leitartikel. In Leserbriefen wird die steuerliche Abzugsfähigkeit von Strafen, die Banken zahlen müssen, als Skandal ebenso angeprangert wie die Rettung der UBS mit Steuergeldern in Höhe von sechs Milliarden Franken.
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