Harmlosigkeiten

Kommentar Reform der Parteienfinanzierung

Im Jahr Eins nach der CDU-Spendenaffäre verwundert das Fazit, das heutige Modell der Parteienfinanzierung habe sich »grundsätzlich bewährt«. So schreibt es eine Kommission, die der Bundespräsident eingesetzt hat, um die Parteifinanzierung zu reformieren. Alles in Ordnung? Fast: »Es gilt, dafür Sorge zu tragen, dass das Gesetz besser respektiert und dass viele Einzelbestimmungen präzisiert werden.« Ein großer Wurf war von den fünf Autoren des Berichts, die unter Leitung der Bundesrechnungshof-Präsidentin Hedda von Wedel tagten, also nicht beabsichtigt, und die Erkenntnisse sind dementsprechend harmlos: Es soll weiterhin keine Obergrenze für Spenden geben, die unternehmerische Tätigkeit von Parteien bleibt unangetastet. Stattdessen: Ein bisschen mehr Transparenz und Kontrolle. Immerhin will man staatsnahen Unternehmen die Spenderei verbieten. Besondere Resonanz fand der Vorschlag, wegen falscher Rechnungslegung die Parteikassenwarte möglicherweise zu bestrafen. Kohl und Co. im Kittchen? Gerade die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass es an Straftatbeständen nicht mangelt - wohl aber an Staatsanwälten und Richtern, die sie durchsetzen.

Das Problem stellen weniger die Einzelnormen des Parteiengesetzes dar, die die Kommission mit großer Sorgfalt untersucht hat, sondern der Morast, den machtversessene und machtvergessene Parteiprofis über die Republik gezogen haben. Die allumfassende Parteibuchwirtschaft und die undurchsichtigen Verflechtungen nagen beharrlich an der Demokratie. Deshalb wirkt das Herumdoktern an einzelnen Vorschriften so, als operiere man den kleinen Zeh, ohne sich um das lebensbedrohliche Magengeschwür zu kümmern. Der erste wichtige Schnitt wäre, den permanenten Wechsel zu institutionalisieren. Denn Filz taucht immer dann auf, wenn einer zu lange in seiner Position verharrt.

Das schwierige Verhältnis von Einfluss und Geld ist damit noch nicht gelöst. Doch auch hier muss Schluss sein mit den Selbstverständlichkeiten. Dass Parteien ausgeben dürfen, soviel sie wollen - und sei es für sinnentleerte Wahlkampagnen -, dass sie über viele Kanäle staatlicherseits automatisch alimentiert werden, dass sie sich unbegrenzt sponsern lassen dürfen - all das gehört umgekrempelt. Munter ist die Idee, mit einem »Demokratiepfennig«, der den Parteien abgezwackt wird, bürgerschaftliches Engagement außerhalb der Kanzlerwahlvereine zu unterstützen.

Ob der Parteiensumpf so tief ist, dass nicht einmal die Forderungen der Wedel-Kommission umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Was pessimistisch stimmt: Schon im letzten Jahr war es just zur Sommerpause, als sich Talkshow-Touristen aller Parteien mit Vorschlägen übertrumpften, wie sie sich selbst kasteien könnten. Geändert wurde nichts.

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