AfD-Kriegseinmischung in Moskau unwillkommen

Bergkarabach Die AfD hat mit Aktivitäten zum Karabachkonflikt - vor allem einer Reise in die Kriegsregion - auch in Russland sehr negative Reaktionen ausgelöst.

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Die AfD sonnt sich gerne in ihren guten Beziehungen in russische Regierungskreise - immerhin besitzt man ein Partnerschaftsabkommen mit der Putinpartei „Einiges Russland“. Dieses ist in Moskau unter den dortigen Parteiführern nicht unumstritten und die Gegner einer Kooperation mit den deutschen Rechten bekommen jetzt neue Nahrung.

Vier rechte Bundes- und Landtagsabgeordnete besuchten vor kurzem das Kriegsgebiet in Karabach auf der armenischen Seite. Der Zweck ihrer Reise ist klar: Solidarität mit den Armeniern. Der Aufenthalt war auch mit dem Kriegsgegner Aserbaidschan nicht abgesprochen und nach dortiger Auffassung illegal. Es gelte „eine drohende ethnische Säuberung der christlichen Bevölkerung“ zu verhindern, schrieb Reiseteilnehmer Stefan Keuter (MdB). Da die Armenier Christen, die Aserbaidschaner Muslime sind, ist das Statement eindeutig.

Kritik an der neuen Kooperation AfD-Armenien gab es aber nicht nur in Deutschland und Aserbaidschan - auch russische Zeitungen berichten über die aktuelle Aktion sehr kritisch. So das große Nachrichtenportal news.ru , das Eriwan im Zusammenhang mit dem Besuch die gefährliche Tendenz unterstellt, mit nationalistischen Einstellungen zu flirten. Sie verweist dazu auf Äußerungen des AfD-Spitzenpolitikers Gauland zum Siegestag des Zweiten Weltkriegs, die allgemein in Russland sehr negativ aufgenommen worden waren. Die Onlinezeitung utro.ru sprach in diesem Zusammenhang sogar von einem armenischen „Flirt mit Nazis“.

Die AfD wiederum habe als Oppositionspartei gar nicht das Recht, Deutschland zu vertreten, meint news.ru. Die renommierte Nesawisimaja Gaseta aus Moskau stößt ins gleiche Horn und sieht die Unterstützung der deutschen Rechten für Armenien als Eigentor. Diese Kontakte könnte nach Ansicht der Zeitung negative Auswirkungen auf das russisch-armenische Verhältnis haben. Spielereien armenischer Politiker „mit Nationalisten, insbesondere in Deutschland, könnten die Russische Föderation dazu zwingen, der Zusammenarbeit mit Aserbaidschan mehr Aufmerksamkeit zu schenken“ schreibt sie.

Die Moskauer Empfindlichkeit gegenüber dieser AfD-Aktion ist nicht nur Ausfluss negativer Erfahrungen mit deutschem Nationalismus im Zweiten Weltkrieg. Dahinter stecken daneben viel aktuellere Einstellungen. Russland betrachtet den Transkaukasus als eine Zone eigener Interessen, wie es der russische Journalist Krill Kovosheev in einer Analyse feststellt und lehne jede Einmischung von außen ab. Das gilt sowohl gegenüber der Türkei als auch gegenüber rechten deutschen Politikern. Moskau will Ruhe zwischen den verfeindeten Parteien, hat beide deshalb ins eigene Außenministerium eingeladen und einen sehr brüchigen Waffenstillstand hergestellt - weil man eben zu beiden Seiten umfangreiche Beziehungen unterhält. Es gibt da kaum etwas, was da so unwillkommen ist, wie westliche Politiker im Kriegsgebiet, egal von welcher Partei und das noch dazu unter Parteinahme für eine Seite. Es sei eine schlechte Tendenz, wenn der armenisch-aserbaidschanische Konflikt sich über immer mehr neue Teilnehmer ausbreite, meint dazu die russische Zeitung Argumente Nedeli.

Man darf nicht den Fehler machen, die Rolle der AfD als „Bündnispartner“ des Kreml zu übertreiben - was in deutschen Veröffentlichungen von AfD-Gegnern wie -Befürwortern gleichermaßen gerne getan wird. Die AfD ist für Russlands Obrigkeit in der deutschen Politik ein Notnagel. Das Verhältnis zwischen den Regierungen ist vergiftet, andere deutsche Abgeordnete reden kaum noch mit Politikern der russischen Regierungspartei, also wendet man sich an die dortige Opposition, die das bereitwillig tut. Wenn sie sich jedoch in richtige Weltpolitik einmischt und das noch in russischer Nachbarschaft, hört die Freundschaft schnell auf.

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Geschrieben von

Roland Bathon

Journalist und Politblogger über Russland und Osteuropa /// www.journalismus.ru

Roland Bathon

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