Darja Dugin: Attentat im Auto

Russland Für den Mord an der rechten Aktivistin Darja Dugin zirkulieren etliche, interessengeleitete Erklärungen. Der Einfluss ihres Vaters Alexander Dugin auf Wladimir Putin aber wird überschätzt
Ausgabe 34/2022
Alexander Dugin bei der Trauerfeier für seine Tochter Darja
Alexander Dugin bei der Trauerfeier für seine Tochter Darja

Foto: Vyacheslav Prokofyev/Itar-Tass/Imago Images

Eine ferngesteuerte Autobombe mit einer Sprengkraft von 400 Gramm TNT beendete am vergangenen Samstag das Leben der rechtsradikalen russischen Philosophin Darja Dugina, 29, Tochter des international bekannten Ideologen Alexander Dugin. Der Sprengsatz war in Duginas Toyota Land Cruiser unter dem Fahrersitz platziert und tötete sie sofort. Kurz nach der Explosion war Dugin selbst am Unfallort. Sehr schnell mutmaßten mehrere Personen aus seinem Umfeld, der Anschlag habe eigentlich ihm gegolten. Dugina kam von einer nationalistischen Veranstaltung, bei der ihr Vater einen Vortrag gehalten hatte. Dieser hatte sich erst kurz vor der Heimfahrt entschlossen, die Reise in einem anderen Fahrzeug anzutreten.

Die politische Dimension des Anschlags ist nicht zu übersehen – auch wegen der heftigen antiukrainischen und rechtsextremen Statements, für die Dugin bekannt ist. Er gilt als Vordenker der nun auch vom Kreml propagierten Ideologie einer „Russischen Welt“ – des Wiedererstehens eines autokratischen, ultrakonservativen Russlands, das nicht auf seine aktuellen Grenzen beschränkt bleiben soll. Dugin gehört in Bezug auf den Ukrainekrieg zu den Hardlinern, die eine Besetzung weiter Teile des Nachbarlandes durch Russlands Armee befürworten.

Schnell zur Hand waren Schuldzuweisungen in Richtung Ukraine: Denis Puschilin, Chef der selbsternannten prorussischen Donezker Volksrepublik, war sofort nicht nur davon überzeugt, dass der Anschlag Alexander Dugin galt, sondern auch davon, dass die Regierung in Kiew dahintersteckt. Von dort kam sofort ein Dementi, noch am Montag erklärte der russische Inlandsgeheimdienst FSB aber, eine mutmaßliche ukrainische Agentin namens Natalia Wowk aus Mariupol der Tat überführt zu haben.

Von ganz anderer Seite hingegen stammt ein Bekennervideo, das schnell im Internet Kreise zog: Der im Exil lebende russische Oppositionspolitiker Ilja Ponomarjow veröffentlichte auf seinem Youtube-Kanal den Clip einer „Nationalen Republikanischen Armee“ in Russland. Diese stellt sich dar als gegen Präsident Wladimir Putin gerichtete, militante russische Oppositionsgruppe, die die Tat begangen habe.

Darja Dugina nicht schon immer rechts

Beide Erklärungen für den Anschlag sind mit äußerster Vorsicht zu genießen. Bereits vor Verkündung der ukrainischen Theorie hatten zahlreiche Russland-Experten gemutmaßt, die russischen Behörden präsentierten der Öffentlichkeit einen mit der Ukraine verbundenen Täter, um das entsprechende Feindbild zu stärken. Zahlreiche politische Stimmen aus dem Umfeld des Kreml wiederum mutmaßten sofort über eine Beteiligung westlicher Geheimdienste, allen voran der US-amerikanischen CIA, an dem Attentat. Die „Nationale Republikanische Armee“ ist noch nicht groß in Erscheinung getreten, selbst Ponomarjow spricht nur von einem anonymisierten Kontakt, den er zu einer solchen Gruppe habe. Viele in der russischen Bevölkerung hat der Tod der jungen Frau, etwa 40 Kilometer von Moskaus Stadtzentrum entfernt, erschüttert. Das nutzt die russische Führung aus.

Darja Dugina galt zuletzt als Unterstützerin der antiliberalen Ideologie ihres Vaters. Sie trat als solche auch öffentlich im russischen Staatsfernsehen auf und schrieb für die monarchistische russische Zeitung Zargrad. Als bekennende Neuplatonistin trat sie auch unter dem Pseudonym Platonowa auf, galt als Hoffnungsträgerin der russischen Rechten. Im Gegensatz zu vielen Mitstreitern war Dugina international erfahren, lebte zeitweise in Frankreich und war Sympathisantin der Bewegung um Marine Le Pen. Dugina war nicht immer schon als Rechtsextreme bekannt. Der lettischen Onlinezeitung Meduza zufolge war das Verhältnis zum Vater in ihrer Jugend schlecht, sie selbst engagierte sich eher als Popmusikerin denn als Politikerin. Erst nach 2015 habe sie sich der Bewegung ihres Vaters zugewandt, so eine Studienkollegin.

Alexander Dugin ist einer der bekanntesten rechtsextremen Ideologen in Russland. Dass er erheblichen Einfluss auf Putin habe, wie einige westliche Journalisten behaupten, bestreiten die meisten russischen Experten, so auch Alexander Baunov, Fachmann für russische Innenpolitik am Carnegie Moscow Center, zuletzt gegenüber dem Freitag (31/2022).

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Roland Bathon

Journalist und Politblogger über Russland und Osteuropa /// www.journalismus.ru

Roland Bathon

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden