Kuschelkurs oder Widerstand

Klimapolitik Die Rosa-Luxemburg-Stiftung sucht Lösungen nach dem Scheitern des Klimagipfels

Beim Thema Klimawandel ist viel Optimismus gefordert. Die Polkappen schmelzen, der Meeresspiegel steigt, die Regenwälder werden kontinuierlich abgeholzt und die UN-Versammlung in Kopenhagen, die all diese Probleme lösen sollte, war ein gigantischer Flop. Insofern verbreitete eine Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) in Berlin unter dem Titel „Linke Antworten auf Kopenhagen – Perspektiven nach dem Scheitern des Weltklimagipfels“ Optimismus.

Doch bevor Antworten gegeben werden konnten, mussten die Referenten am vergangenen Donnerstag zunächst der Frage nachgehen, warum der Klimagipfel gescheitert ist. Die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Eva Bulling-Schröter war jedenfalls „maßlos enttäuscht“ und kritisierte besonders, dass die Angebote zur Minderung des CO2-Ausstoßes seitens der Industrieländer zu gering ausfallen. Da die Vereinigten Staaten diesen lediglich um vier Prozent reduzieren wollen, habe es nicht verwundert, dass „die Verhandlungen in der Sackgasse endeten“. Auch die Verständigung auf eine Reduzierung der globalen Erwärmung auf zwei Grad ist nicht verpflichtend gewesen. Noch dazu sei die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen eine „Luftnummer“ gewesen, so die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Im Kampf gegen die Erderwärmung bieten die USA nur 3,6 Milliarden Euro an. Wie die Linkspolitikerin feststellte, entspreche das den Ausgaben von sechzig Stunden US-Militäreinsatz.

Obwohl die Delegierten aus 192 Ländern in Kopenhagen zu keinem Ergebnis gekommen sind, sieht Tadzio Müller in dem Klimagipfel auch ein Chance. Für den Sprecher des Bündnisses Climate Action Justice, der durch seine Verhaftung in Dänemark in den Medien bekannt wurde, bieten internationale Versammlungen die Möglichkeit, sich mit Klimaaktivsten anderer Länder zu treffen und den Widerstand gemeinsam zu verabreden. Auch Chris Methmann, Mitglied bei Attac, sieht in dem Gipfel die „Geburtsstunde der Klimabewegung“. Allerdings wären die Proteste in der dänischen Hauptstadt zu unspezifisch gewesen. Konkrete Forderungen seien nicht deutlich geworden, erklärte Methmann.

Am Ende der Debatte ging es dann doch noch um die Frage, wie es nun weiter geht, oder wie es Tadzio Müller formulierte, ob „Kuschelkurs oder Widerstand“ der richtige Weg sei. Für die Bundestagsabgeordnete Bulling-Schröter stand fest, dass „'Klimaschutz von unten' ein internationales Abkommen nicht ersetzen kann. Tadzio Müller rief sofort zum „zivilen Ungehorsam“ auf. Nur durch die Besetzung von Kohle- und Atomkraftwerken ließe sich genügend Druck für eine entscheidende Wende in der Klimapolitik erreichen. Der Attacie Methmann riet dagegen von einem „radikalen Antagonismus“ ab, da dieser nicht hilfreich sei für die gemeinsame Rettung des Klimas. So würden auch staatliche Hilfen wie Investitionen in Erneuerbare Energien und öffentliche Verkehrsmittel die Umwelt schonen.

Sozial-ökologische Transformation

All diese Vorschläge bezeichnete jedoch der RLS-Mitarbeiter Mario Candeias als „unrealistisch“. Der Wandel könne kein Projekt von oben sein, erklärte der Politikwissenschaftler. Einen „Green New Deal“, der Kapitalinteressen und Umweltschutz harmonisch verbindet, wird es nicht geben. Als Beispiel nannte Candeias das Elektroauto, das den Automobilkonzernen ein neues Investitionsfeld eröffnet, ohne dass die Struktur des Individualverkehrs oder der enorme Ressourcenverbrauch für die Produktion vermindert wird. Candeias forderte daher eine sozial-ökologischen Transformation. Nur durch eine Abkehr von einer Wirtschaft die auf fossilen Brennstoffen, Raubbau, kontinuierlichem Wachstum und Profitgier basiert, sei ein Wandel wirklich möglich. Dazu müsste allerdings die Bevölkerung an den staatlichen wie ökonomischen Entscheidungsprozessen beteiligt werden, so Candeias. Wie dieser Wandel allerdings zustande kommen könnte, blieb trotz des Optimismus unbeantwortet.

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