1919: Lawine in Turin

Zeitgeschichte Auch in Italien entsteht nach dem Ersten Weltkrieg eine Rätebewegung. Aus den Betrieben heraus werde sie den Staat übernehmen, hofft Antonio Gramsci
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 28/2019
Gramsci-Wandbild in Orgosolo auf Sardinien, 1975
Gramsci-Wandbild in Orgosolo auf Sardinien, 1975

Foto: Mondadori Portfolio/Getty Images

In Turin, dem größten Industriezentrum des Landes, wo damals zwei Drittel der Bevölkerung in Fabriken arbeiten, wird 1915 und 1917 energisch gegen die Waffenproduktion gestreikt. Hat das schon die Regierung alarmiert, so erst die erkennbaren Sympathie der Arbeiterschaft für die Oktoberrevolution in Russland. Daraufhin werden im März 1919 Soldaten der Brigade Sassari aus Sardinien in die Stadt verlegt. Bald darauf, am 1. Mai 1919, erscheint die erste Ausgabe der von den Marxisten Antonio Gramsci und Palmiro Togliatti gegründeten Wochenzeitung L’Ordine Nuovo, die sich der kulturellen wie politischen Bildung der Arbeiter widmen will. In einem Arbeiterdemokratie betitelten Artikel vom 21. Juni wirft Gramsci die Frage auf, wie die „ungeheuren, vom Krieg