1955: Am Herd verkehrt

Zeitgeschichte Elfriede Brünings Roman „Regine Haberkorn“ löst in der frühen DDR eine heftige Debatte aus. Das neue Frauenbild kollidiert mit einem kleinbürgerlichen Ehebegriff
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 47/2020

„Sind Sie nicht auch ein wenig Egoist?“, fragt eine junge Frau einen jungen Mann, der sich beklagt, dass seine Braut den Lehrerberuf auch als Ehefrau ausüben wolle. Die Szene entstammt dem Roman Junges Herz muss wandern, den die 25-jährige Elfriede Brüning 1935 in Gestapo-Untersuchungshaft schrieb. So tarnte sie sich in den Verhören als harmlose Unterhaltungsschriftstellerin, die nur zufällig in eine illegale Versammlung des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller geraten sei. Obwohl ihr nicht geglaubt wurde, kam sie 1936 im Vorfeld der Olympischen Spiele frei. Ihr Roman wurde sogar publiziert, obwohl die berufliche Arbeit von Ehefrauen der NS-Geschlechterpolitik widersprach. Nicht parteigebundene Verlage druckten gern Texte ohne Blut-und