1992: Wehender roter Schal

Zeitgeschichte Millionen Algerier versuchen, die Demokratie zu retten und ihr Land vor einem Kalifat der Islamischen Heilsfront sowie einem drohenden Bürgerkrieg zu bewahren
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 03/2022
Unsere Autorin hatte in dieser Szene das Hotelzimmer über Aït Ahmed (Mitte)
Unsere Autorin hatte in dieser Szene das Hotelzimmer über Aït Ahmed (Mitte)

Foto: AFP/Getty Images

Als 1989 in Algerien die neue Verfassung ein Mehrparteiensystem zuließ, waren freilich keine Parteien erlaubt, die sich über die Religion definierten. Dennoch wurde die Islamische Heilsfront (FIS) legalisiert, auch wenn sie kein offizielles Programm vorweisen konnte. Ein Verbot unterblieb auch, als ihre Führer die Demokratie als „Blasphemie“ verunglimpften oder FIS-Anhänger als gewalttätige Sittenpolizei auftraten und begannen, Polizisten und Soldaten zu töten. Obwohl die Heilsfront bei der Kommunalwahl 1991 viele Rathäuser erobert hatte, die neben den Moscheen zur Basis der Mobilisierung wurden, war sich die Einheitspartei Front de Libération Nationale (FLN) sicher, einen für den 26. Dezember 1991 angesetzten ersten Wahlgang fü