Ihr Hass dürfte nun größer sein

Terror Was soll man mit Europas Dschihadisten tun?
Ausgabe 08/2019
Christliche Milizen transportieren mutmaßliche IS-Kämpfer in Mosul
Christliche Milizen transportieren mutmaßliche IS-Kämpfer in Mosul

Foto: Jim Lopez/AFP/Getty Images

In US-Gefangenschaft geratene Dschihadisten sollten von ihren Heimatstaaten zurückgenommen werden: Diese Forderung Donald Trumps traf Deutschland & Co. recht unerwartet. In der allgemeinen Aufregung darüber, wie mit den damit verbundenen Gefahren und Rechtsfragen umzugehen sei, ist daran zu erinnern, dass junge Muslime, die 2011 und später nach Syrien zogen, sich damals in Einklang mit den politischen Forderungen westlicher Regierungen und vieler Medien wähnen konnten: Das Assad-Regime sollte zum Verschwinden gebracht werden.

Diejenigen, die das bewerkstelligen würden, durften erwarten, als Demokraten gefeiert und belohnt zu werden – jedenfalls so lange, bis sich im Dunstkreis der Dschihadistengruppen der Islamische Staat als immer eigenständigeres, auch gegen den Westen positioniertes Gebilde herauskristallisierte.

Hinter der Zurücknahme der Dschihadisten lauert deshalb sogar doppelte Gefahr: Es handelt sich nicht nur um radikalisierte Muslime schlechthin, sondern ihr Hass auf den Westen, der das Spiel in Syrien nicht konsequent mitspielte, dürfte sich enorm vergrößert haben und eine Resozialisierung – die als Ziel rechtsstaatlicher Justiz in Kraft bleiben muss – immens erschweren.

Normalerweise werden Menschenrechtsverbrechen in dem Staat geahndet, in dem sie begangen wurden. Dass Syrien kein Rechtsstaat im westlichen Sinne ist, entkräftet diesen Grundsatz nicht. Zumal auch eine in den europäischen Heimatstaaten der Dschihadisten berufene Gerichtsbarkeit nicht umhinkönnte, Beweismaterial aus syrischer Hand auszuwerten. Das freilich würde eine Anerkennung des Regimes bedeuten, die eigentlich unbedingt verhindert werden soll. Zudem hätte es die brisante Folge, dass europäische Dschihadisten früher oder später wieder auf freien Fuß kämen. Das wäre aber auch das Ergebnis des auf den ersten Blick eher annehmbaren kurdischen Vorschlags einer internationalen Gerichtsbarkeit.

Das Problem des Verbleibs der in den Syrien-Krieg verwickelten Ausländer betrifft im Übrigen nicht nur Europäer: In der an die Türkei grenzenden Provinz Idlib befinden sich – bislang noch als legitime Opposition geltend – Zehntausende Kämpfer, darunter allein 900 Uiguren, die der Logik des US-Präsidenten zufolge nach China zurückmüssten.

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