Neue Verfassung in Tunesien: Islam soll nicht mehr Staatsräson sein, sondern Privatsache

Verfassungsreform Eine neue Verfassung in Tunesien relativiert das Bekenntnis zum Islam. Die Entstehung des Verfassungstextes gibt allerdings Grund zur Sorge
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 29/2022
Demonstrant:innen auf einem Protestmarsch gegen die von der tunesischen Regierung angestrebte Verfassungsänderung
Demonstrant:innen auf einem Protestmarsch gegen die von der tunesischen Regierung angestrebte Verfassungsänderung

Foto: Chedly Ben Ibrahim/Imago

Wenn die Tunesier am Wochenende über ihre neue Verfassung abstimmen, haben sie vielleicht eine Aussage von Präsident Kaïs Saïed im Ohr. Sie lautet, man werde künftig „nicht mehr von einem Staat sprechen, dessen Religion der Islam ist, sondern von der Zugehörigkeit Tunesiens zu einer Umma, deren Religion der Islam ist“. Die Umma und der Staat seien zwei verschiedene Dinge. Mit der Umma ist die Weltgemeinschaft der Muslime gemeint, wobei die zur Abstimmung stehende Verfassung für diese eine Premiere ist, weil die Religion nicht mehr als Ausdruck der Staatsräson, sondern als Privatsache gilt.

Tunesien würde damit nach Syrien zum zweiten laizistischen Staat der islamischen Welt. Das sorgt ebenso für Furore wie die Entstehung des Verf