Etlichen Ländern haben im 20. Jahrhundert zwei Jahrzehnte genügt, um sich zu alphabetisieren, eine industrielle Grundlage und eine verteidigungsfähige Armee aufzubauen. Wieso das in Afghanistan innerhalb von zwanzig Jahren mit westlicher Hilfe nicht ansatzweise geglückt ist, muss von den verantwortlichen Regierungen nun gründlich analysiert werden. Aber nicht nur von diesen: In der Bundesrepublik ist auch das Parlament, einschließlich der Opposition, für die Zustimmung zu Militäreinsätzen verantwortlich. Bis in die Grünen-Fraktion hinein hat die Mehrheit dem Engagement immer wieder zugestimmt. Selbst die Friedensbewegung muss sich fragen, ob sie sich genug um die Vorgänge in Afghanistan gekümmert hat.
Wenn jetzt vorgebracht wird, dass es eben sinnlos gewesen sei, moderne demokratische Strukturen einem Land aufzuoktroyieren, das noch mittelalterliche Strukturen aufweist, dann ist zu sagen: Das ist rassistisch und geschichtsvergessen. Man erinnere sich nur an die 1960er- und 1970er-Jahre, in denen eine breite, von Studenten geführte laizistische Schicht in Afghanistan einen zähen Kampf gegen die herrschenden Feudalkräfte führte. Zum Unglück für das Land wurde dieser Kampf 1979 mit der sowjetischen Intervention in einen Stellvertreterkrieg transformiert, in dem der Westen sich auf die Seite der zur Widerstandskraft stilisierten Feudalität schlug.
Pakistans Einfluss
Diese Unterstützung zahlte sich jedoch nicht aus, weil die Feudalkräfte nach dem Abzug der sowjetischen Truppen ihre Partikularinteressen geltend machten. Dass die Taliban nach 1994 mit Unterstützung Saudi-Arabiens und indirekt auch der USA von Pakistan aus Afghanistan erobern konnten, war ein erneuter Versuch, doch wieder westlichen Einfluss auf das Land zu gewinnen. Er führte aber dazu, dass die Taliban ein drakonisches islamistisches Regime errichteten und al-Qaida eine Operationsbasis boten.
Der Kampf um die Modernisierung Afghanistans startete also nicht erst mit dem Beginn der militärischen Intervention 2001, sondern schon lange vorher, in der afghanischen Gesellschaft selbst. Um so schmerzvoller und existenzgefährdender ist es für viele, insbesondere die Frauen, dass ihr Land jetzt erneut zum Islamischen Emirat Afghanistan werden soll. Allerdings hat letzteres für die Mehrheit der Afghanen gar nicht aufgehört zu existieren. Die NATO-Truppen sicherten in den vergangenen zwanzig Jahren nur die großen Städte und ihre eigenen Stellungen. Viel umfassendere ländliche Zonen blieben unter dem Regime der Taliban. Mit Unterstützung von Pakistan konnten sich diese ausreichend bewaffnen, ihr Einflussgebiet halten und schließlich in das durch den Truppenrückzug entstehende Vakuum vorrücken.
Dass die 250.000 Mann starke, vom Westen trainierte und bewaffnete afghanische Armee offenbar keinerlei Motivation hatte, sich für die pro-westliche Regierung in die Bresche zu werfen, sondern es vorzog, nicht zu kämpfen oder sogar zu den Taliban überzulaufen, hat den Westen brüskiert. Dabei war es ein Ausdruck politischer Klugheit, in dem nunmehr seit vierzig Jahren von fremdbestimmten Instrumentalisierungen und Bürgerkriegen gezeichneten Land endlich einmal Blutvergießen zwischen Afghanen zu vermeiden. Dafür spricht auch die von den Taliban verkündete Generalamnestie. Wenngleich es keine Garantie für einen wirklich friedlich verlaufenden Machtwechsel gibt, könnte diese zum symbolischen Akt der Neugründung der afghanischen Nation werden.
Ebenfalls unklar sind die Konturen der Veränderung des geopolitischen Kräfteverhältnisses. Afghanistan ist ein riesiger Territorialstaat, der mit Pakistan über ein großes verbündetes Hinterland verfügt. Es grenzt an den Iran, dessen Macht nicht nur im Irak gewachsen ist, sondern auch in Richtung Osten weiter wachsen könnte. China, das in einigen von den Taliban beherrschten Gebieten schon seit Jahren investiert, kündigte bereits an, diplomatische Beziehungen aufnehmen zu wollen – obwohl das in Gegensatz zur Unterdrückung der muslimischen Uiguren in China selbst steht. Russland verlautbarte, dass es eine Entscheidung über seine Beziehungen zu Afghanistan erst treffen werde, wenn die politische Richtung der neuen Regierung deutlicher werde.
Auch in der arabischen Welt könnten sich die Kräfteverhältnis verschieben. Saudi-Arabien, das einst zu den Unterstützern der Taliban gehörte, sah sich gezwungen, sein Botschaftspersonal vollständig aus Kabul abzuziehen. Dass die Taliban ins Lager Katars, dem Widersacher der Saudis, gewechselt sind, deutete sich bereits an, als die Verhandlungen mit den USA in Doha und nicht in Riad stattfanden.
Die wichtigste Auseinandersetzung steht innerhalb der NATO bevor, wo zumindest die Art infrage steht, wie die Intervention von den USA geführt wurde. Es dürfte deutlich werden, dass die Kosten des Vasallentums zu hoch sind. Zu hoffen ist, dass die Epoche des angeblichen Exports von Demokratie nach westlichem Zuschnitt durch militärische Eingriffe zu Ende geht. Mehr Nutzen hätten die Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas von einer Epoche des wirtschaftlichen Wettbewerbs, in der der Westen einerseits und China und Russland andererseits allein mit friedlichen Mitten bei ihnen um Einfluss werben und sie ihr Schicksal selbst bestimmen.
Kommentare 42
es gibt also doch noch kluge artikel zum thema hier
wie den von sabine kebir, dem ich zustimme,
mit zwei anmerkungen:
- wo ist ein "nation-building" mit alfabetisierung,
industrialisierung, mit staatlicher struktur
(welcher qualität auch immer) innerhalb von zwei
jahrzehnten gelungen?
- zum charakter des krieges als bürger-krieg:
in einem bemerkenswerten interview
weist general petraeus daraufhin:
"daß 27-mal so viele afghanische sicherheits-kräfte
für ihr land gestorben sind wie US-amerikaner."
= ergo: die hier im FREITAG lancierten sichten,
es wäre um einen krieg von interventionisten
gegen das afghanische volk gegangen
und die taliban seien nun die befreier von fremd-herrschaft:
sind halt-los.
sorry fürs doppel-posten, "server-arbeiten"
hatten meinen ersten verschwinden lassen...
"Zu hoffen ist, dass die Epoche des angeblichen Exports von Demokratie nach westlichem Zuschnitt durch militärische Eingriffe zu Ende geht." Sehr richtig!- Der Westen ist in Afghanistan an seiner Ignoranz und der Ausblendung der sozialen Probleme der Menschen gescheitert. Und dies nicht zum ersten Mal: https://rotherbaron.com/2021/08/21/todliche-ignoranz/
Es waren gerade jene Staaten, gegen die die Nato in den letzten Jahrzehnten Krieg führte, die vorher eine sehr hohe Alphabetisierungsrate und ein relativ gut funktionierendes Bildungssystem sowie eine akzeptable medizinische Vesorgung aufwiesen, allen voran Libyen, das auch die nötigen finanziellen Mittel besaß, das aber 2011 durch die Nato wieder in die Steinzeit zurückgebombt wurde, inzwischen ein failed state ist, in der die Infrastruktur zusammengebrochen ist. Siehe ein ähnliches Szenario im Irak und in Syrien.Die ausländischen Besatzer haben sich in Afghanistan tatsächlich nur in den Städten hinter Mauern und Stacheldraht oder in Militärbasen halten können, ohne jedes Gefühl für Kultur und Geschichte des Landes. Es ging doch nie darum, das Land vorwärts zu bringen, sondern rein um geopolitische und wirtschaftliche Vorteile, die sich der Westen durch die Besatzung versprach. Aus diesem Grund wurde mit korrupten Politikern und Geschäftleuten zusammengearbeitet, die sich die Taschen vollstopften und denen es auch nur um ihren eigenen Vorteil und nicht um die Menschen ihres Landes ging. Völlig außer acht gelassen wurden die Lebensrealitäten der Menschen in dörflichen Gegenden. Was hat eine Bauersfrau auf dem Land, in den Bergen davon, wenn es sich in der Stadt eine junge Frau aus reicher Familie leisten kann, eine Boutique zu eröffnen? Der wäre mit einer Krankenstation und einem Brunnen mehr gedient, die ihre Lebensumstände erleichtert hätten.
Und natürlich werden in Afghanistan die sogenannten "Ortskräfte" als Kollaboratere von ausländischen Besatzungsmächten gesehen. Nichts destotrotz haben die ausländischen Kräfte natürlich jetzt eine Verwantwortung für diese Menschen, da sie sie in die jetzige Lage gebracht haben. Was ich mich in diesem Zusammenhang frage: Jene Afghanen, die für die USA arbeiteten und jetzt von den USA nach Ramstein ausgeflogen werden, sollen die in Deutschland bleiben?
Afghanistan den Afghanen und mit dem alten Fritz gesprochen: Jeder soll nach seiner Facon selig werden.
Dieses ständige Spalten von Gesellschaften und an allen Ecken und Enden zündeln, die Menschen gegeneinander aufhetzen, wie es die USA mit Hilfe der verbündeten Staaten betreiben, das muss endlich aufhören!
Der immer bestens imformierte Pepe Escobar schreibt: "Das Saigon-Moment kam schneller, als jeder westliche Geheimdienst-„Experte“ erwartet hatte. Dies ist ein Fall für die Annalen: vier hektische Tage, die den erstaunlichsten Guerilla-Blitzkrieg der jüngsten Zeit beendeten. Nach afghanischer Art: viel Überzeugungsarbeit, viele Stammesabsprachen, null Panzerkolonnen, minimales Blutvergießen. [...] Am Ende gab es keine Schlacht um Kabul. Tausende von Taliban befanden sich bereits innerhalb Kabuls – wieder einmal das klassische Schläferzellen-Drehbuch. Der Großteil ihrer Streitkräfte blieb in den Außenbezirken. In einer offiziellen Erklärung der Taliban wurde ihnen befohlen, nicht in die Stadt einzudringen, die kampflos eingenommen werden sollte, um zivile Opfer zu vermeiden. [...] Dies führte dazu, dass die USA und die NATO die Taliban buchstäblich anbettelten, dass sie alles, was sich in Reichweite von Kabul befindet, evakuieren durften – auf dem Luftweg, in aller Eile, ausgeliefert der Gnade der Taliban. Eine geopolitische Entwicklung, die einem die Sprache verschlägt. [...] Geopolitisch gesehen geht es jetzt darum, dass die Taliban ein ganz neues Skript geschrieben haben, das den Ländern des Islam wie auch dem globalen Süden vorführt, wie man das rein selbst-referenzielle, scheinbar unbesiegbare US/NATO-Imperium bezwingen kann. [...] Bei die Taliban geht es vor allem um den Umgang mit Stammesältesten und ausgedehnten Familienbeziehungen – und um einen bäuerlichen Guerilla-Ansatz, analog zu den Kommunisten in Vietnam. Sie haben jahrelang auf den richtigen Zeitpunkt hingearbeitet und nur Verbindungen aufgebaut – und diese Schläferzellen! [...] Nach Vietnam ist dies der zweite Protagonist des Globalen Südens, der der ganzen Welt zeigt, wie ein Imperium durch eine Bauern-Guerilla-Armee besiegt werden kann. [...] Jeder ernsthafte Analytiker weiß, dass der „vorrangige“ geopolitische Zweck der Bombardierung und Besetzung Afghanistans vor fast 20 Jahren darin bestand, ein zentrales Imperium von Stützpunkten im strategischen Knotenpunkt von Zentral- und Südasien zu errichten, das später mit der Besetzung des Irak in Südwestasien verknüpft werden sollte. [...] Doch jeder amerikanische Handlungsstrang braucht einen Sündenbock. Die NATO wurde soeben auf dem Friedhof der Imperien von einem Haufen Ziegenhirten kosmisch gedemütigt – und nicht etwa durch Begegnungen mit Herrn Khinzal! Was bleibt jetzt noch? Propaganda. Lernen Sie also den neuen Sündenbock kennen: die neue Achse des Bösen! Diese Achse heißt Taliban-Pakistan-China. Das neue große Spiel in Eurasien wurde gerade eben frisch geladen!"https://elynitthria.net/pepe-escobars-zwischenergebnis/
Der Westen hat wohl eher um die Bodenschätze Afghanistans gekämpft, und sich zurückgezogen als klar war, dass man nie so viel Kontrolle erlangen würde, um von diesen zu profitieren. Die Chinesen wird's freuen.
kommen Sie weiter damit, den USA als satan und exklusiven
verderber friedfertiger gesellschaften anzuprangern?
wäre die welt sicherer mit einem gaddafi, einem
ungestörten assad-clan, einem allein-herrschenden hussein,
und die volks-gemeinschaft auf ihre weise organisierende
taliban? haben sich diese herrscher verdienst-voll
für die entwicklung ländlicher räume hervor-getan?
nein, all diese mittleren satane haben mit terroristischen/
kriegerischen/opposition-ausrottenden taten
ihren teil zur instabilität/stagnation der verhältnisse
nach kräften beigetragen und sind zudem noch ins faden
-kreuz anderer mächte(im geringsten der nato):
den USA, mullah-iran, (putin-) rußland, saudi-arabien,
pakistan, der erdogan-türkei geraten.
und der libanon ist sowohl von israel als auch assad,
den iran-mullahs und eigenen kräften destabilisiert
und auf nahe null gebracht worden.
oda?
Ich gebe Ihnen völlig Recht, dass es nicht n u r um Bodenschätze ging.
Bei Grossereignissen, wie einem Krieg oder einer Pandemie, versuchen immer verschiedene Gruppen, ihre Interessen zu befördern. In der Ukraine ging es auch um Geostrategie (Krim als Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte, Ostverschiebung der "Systemgrenze"), Rohstoffe (Hoffnung auf Gas durch Fracking) und ganz primitive Russophobie.
Umgekehrt ging es der russischen Seite um Geostrategie (Schwarzmeerflotte, Pufferstaat zum Westen), aber auch um wirtschaftliche Interessen.
Nebenbei befördern dann immer noch einige Politiker ihre ganz persönlichen Interessen, vor allem Machtstreben und Ehrgeiz.
„Zu hoffen ist, dass die Epoche des angeblichen Exports von Demokratie nach westlichem Zuschnitt durch militärische Eingriffe zu Ende geht."
War das nicht ohnehin nur ein Vorwand.
Andrerseits können wir uns hierzulande eines erfolgreichen Imports von Demokratie durch militärische Eingriffe erfreuen (1945/wird immer wieder gern vergessen). Manchmal wird aus den falschen Gründen vielleicht das Richtige getan.
Warum geifern Sie denn so? Sind Libyen, der Irak, Syrien, Afghanistan militärisch in Europa oder den USA eingefallen, um dort den Islam, die Scharia, die Dschamahirija (Herrschaft der Massen) oder sonst etwas einzuführen? Das war doch wohl umgekehrt.
Tatsächlich war die Welt sicherer, als die von Ihnen genannten Herrscher noch alle an der Macht waren - oder es in Syrien noch sind.Und tatsächlich waren diese Länder gut entwickelte Länder, im Vergleich zu manch anderen. Darf ich an dieser Stelle nur einmal auf das von den USA beherrschte Haiti hinweisen? Da könnten sich die USA doch austoben, wenn sie Gutes verbreiten wollten. Übrigens auch bei ihren Verbündeten Saudi Arabien und VAE - wenn sie sich für Frauenrechte stark machen möchten.
Die Lage vor Ort in Afghanistan völlig falsch eingeschätzt zu haben, das sagen jetzt doch alle westlichen Regierungen selbst! Es ist nicht an uns, den Afghanen zu sagen, wie sie leben sollen. Wenn die Lebensbedingungen mittelalterlich sind mangels fehlender Infrastruktur ist es kein Wunder, dass auch die Gesellschaftsstrukturen mittelalterlich sind.
Und jeder Afghane, der nicht auf korrupte Art und Weise mit den Besatzungsmächten verbündet war, weiß, was die tatsächlichen Gründe für die Besatzung des Landes waren
Den Untergang der DDR in dieser Geschwindigkeit hatte noch im Sommer 1989 niemand auf dem Schirm. In dem Fall lässt sich der Tag klar benennen, an dem es klar wurde: Es war der Tag der Maueröffnung.
Es lässt sich auch sehr schwer vorhersagen, welche Kräfte dann hochgespült werden. Die Leute, die nach dem Mauerfall die Demonstrationen dominiert haben, waren ganz andere als diejenigen, die sich zuerst auf die Strasse gewagt hatten, mit ganz anderen Zielen.
Dass sich die Bürgerrechtsbewegung verstreiten würde, ist mir allerdings schon am 9. Oktober in der Dresdner Kreuzkirche klargeworden. Dorthin war eine Delegation von der Leipziger Montagsdemonstration gekommen. Es war der Tag, der wahrscheinlich der Kippunkt zwischen friedlichem und gewaltsamem Verlauf war. Bis die Delegation ausgeredet hatte, herrschte Einigkeit. Danach ging es darum, in welche Richtung man wollte und die Bruchlinien wurden sichtbar. Ich denke, dass ist bei jedem Umbruch unvermeidlich. In der DDR führte es deshalb nicht ins Chaos, weil eine äussere Kraft sofort in das Machtvakuum strömte.
Es ist schwer zu sagen, wie lange der politische Westen intern stabil bleibt. In den USA oder in Frankreich ist die Lage in dieser Hinsicht ernster als in Deutschland, vorerst aber nicht wirklich ernst. All diese Länder sind so reich, dass für einen hinreichend grossn Teil der Bevölkerung ein Umsturz ein Horrorszenario ist. Das wird nicht so bleiben, wenn Organisationsgrad, Infrastruktur und mittlerer Bildungsgrad sich so weiterentwickeln, wie in den letzten zehn Jahren. Es dürfte aber noch etwa weitere zehn Jahre dauern, ehe eine Mehrheit das politische System aufgibt.
Nein, 1945 ist nicht zu vergleichen mit den heutigen Vorgängen in der arabischen Welt.
Deutschland war ein industrialisiertes Land, das vor der Nazi-Diktatur bereits in einer Demokratie organisiert war (nach WK I.). Arabische Länder wie Afghanistan sind Stammesgesellschaften, die aufgrund mangelnder Infrastruktur wie Versorung mit Elektrizität tatsächlich auf dem Land noch steinzeitliche Lebensbedingungen haben - ich spreche jetzt nicht von den Großstädten - und sich dementsprechend so organisierten, wie sie am besten überleben konnten und wie es ihrer Kultur und Religion entsprach.
Außerdem: Manche Stammeskultur mag bedeutend demokratischer organisiert sein als manche parlamentarische Demokratien. Auch Stämme wählen ihre Anführer und diese wiederum ihre Landesfürsten - oder wie man sie nennen mag. Dies kann innerhalb eines sehr offenem Disputs erfolgen.
Der Vergleich Aghanistan 2021 mit Deutschland 1945 hinkt nicht nur, er hat Plattfüße.
Die Behauptung eines erfolgreichen Demokratie-Imports durch US-amerikanische Truppen 1945 übersieht, dass es bereits zuvor demokratiefreundliche Ereignisse in Deutschland gab, etwa 1848.
Mein Tipp: mal die eigenen historischen Lücken überarbeiten und erst dann eine Ver-laut-barung ins Netz stellen.
"Die Regierung heißt die Rückkehrer willkommen, sie braucht ihre Talente."
Diese Rückkehrwelle scheint mir seit etwa zehn Jahren im Gange zu sein. Der chinesische Doktorand, den ich 2003-2006 in Mainz hatte, wollte damals nicht nach China zurück. Inzwischen sind aber an den besten Institutionen in China die Forschungsbedingungen hervorragend und es kommen auch immer mehr hochgradige Publikationen aus China.
Ich selbst war seit 2015 nicht mehr dort, hatte voriges Jahr aber eine Einladung zu einer Konferenz, die jetzt auf 2022 verschoben ist.
ich hätte gegeifert? hätte ich ihre antwort
gekannt, hätte ich grund dazu gehabt.
aber was soll ich noch sagen, wenn die friedfertigkeit
der herren gaddafi, hussein, assad, der taliban,
der iran-mullahs nach außen und innen Ihnen fraglos ist ?
https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/usa-afghanistan-armee-petraeus-101.html
soweit mir bekannt ist, haben die haitianischen
diktatoren keinen terrorismus gegen die USA oder
nachbarländer unterstützt.
und die unterstützung der usa für den schlächter
"papa doc duvalier" liegt einiges zurück.
von "us-herrschaft" dort kann keine rede sein.
eher von vernachlässigung.
aber ein lehrstück über despotie gibt es dennoch ab:
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/despoten-papa-doc-haitis-albtraum-102.html
nur bis 25.8.!
Auf dem Foto sind nur Männer. Fast so wie bei den Flughafenbildern. Können wir es bei der Rettung der Ortskräfte nicht so machen wie früher beim Schiffbruch: Frauen und Kinder zuerst?
Ich stimme allen Ihren Ausführungen ausdrücklich zu. Vielen Dank!
Ein wenig "off-topic", im weitesten Sinne zum Thema Staatszerfall im Westen:
Ich frage mich, wie es wohl nach den Wahlen in Deutschland weitergeht. Es ist m.E. denkbar, dass es eine monatelange Hängepartie geben wird bei den Koalitionsverhandlungen. Denn vermutlich wird eine Koalition aus drei Parteien benötigt, wobei einige Parteien mehrere mögliche Optionen haben werden. Auch der Abstand der größten drei Parteien dürfte nicht all zu groß ausfallen. Vielleicht bekommen wir bald belgische Verhältnisse, hier...
...."wie es wohl nach den Wahlen in Deutschland weitergeht."
https://www.freitag.de/autoren/martin-franz/jahrhundertreform
Uiuiui, erstens war das kein direkter Vergleich, sondern bezog sich auf eine Satz im Artikel, der sich wiederum auf die Exportbemühungen des Hegemons im Allgemeinen bezog.
Zweitens waren die „demokratiefreundlichen Ereignisse” ja bekanntermaßen in diesem Land leider wenig erfolgreich. Danach ist in Punkto Demokratie aus eigener Kraft nicht viel Nachhaltiges herausgekommen.
Mein Tipp: immer freundlich bleiben und weniger oberlehrerhaft
Schönen Sonntag noch.
Mein Tipp: manches erscheint oberlehrerhaft, was nicht so gemeint ist.
Der Psychologe in mir verweist gerne auf Diskrepanzen zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung. Ein Thema, das selbst im direkten, persönlichen Kontakt zum Tragen kommen kann.
Freundlichkeit bleibt im Übrigen nicht auf Formfragen beschränkt. Das gilt für ALLE, nicht nur die Anderen.
Was den topos 'Demokratie' angeht: ist Ihre Auffassung, dass Demokratie in Deutschland dem Einsatz der GIs zu verdanken ist? Immerhin sprechen Sie ja auch von "Exportbemühungen des Hegemons" - und nicht von Demokratie-Musterschüler.
Ich bemühe deshalb immer wieder gerne die Ur-Alten Chinesen. Mit den modernen habe ich hingegen wenig am Stoff-Hut.
Noch exklusiv für @ Robert Frank:
:-) :-) :-)
Jetzt ist aber gut ...
Liebr Wu Ming - danke für Ihre sehr richtigen Bemerkungen. Ich hatte ´Unterdrückung radikalisierter Uiguren`geschrieben, die Redaktion hatte leider ´radikalisierte`gestrichen wie einige andere Stellen auch. Ich bin selbstverständlich für die Unterdrückung radikalsierter Islamisten, wo auch immer sie auftreten.
Ach.
Die Guten (vermeintlich Guten) dürfen also das, was den Bösen (vermeintlich Bösen) untersagt wird?
Unterdrückung als Lösungsweg?
Ich hoffe, Sie meinten das ironisch.
na, an der (vermuteten zahl) der weg-geschlossenen,
irre um-erziehung "genießender", hat die radikalisierung
der uiguren ja einen erheblichen stand erreicht.
woher kommt das?
Der Sufismus entstammt einer radikalen Bewegung des Islam und dehnt sich von Afrika (Sudan) bis China aus.
Von Erdogan rekrutiert kämpfen die Uiguren mit den Gotteskriegern des IS auf den Schlachtfeldern in Libyen, Syrien und in den von Kurden besetzten Gebieten des Irak. Als Kämpfer sickern sie dann in China ein.
Auch in Europa werden diese Leute laut Seehofer zu den Gefährdern gezählt. Insofern reagiert China hier wie Europa auf islamistischen Extremismus. Nur das wir unsere Extremisten in Elendslagern outsourcen und das "Umerziehen" den andern überlassen!
also sind die militanten islamisten unter den uiguren:
fashion-follower, spleenige sapeurs, die
spreng-gürtel für den letzten schrei halten?
und wieviele der uiguren sind auf diesem weg?
sie verwechseln sufismus mit salafismus.
// Das ist rassistisch und geschichtsvergessen. Man erinnere sich nur an die 1960er- und 1970er-Jahre, in denen eine breite, von Studenten geführte laizistische Schicht in Afghanistan einen zähen Kampf gegen die herrschenden Feudalkräfte führte //
Oh je, gleich die Rassismuskeule.
In der laizistischen Zeit der 70er war aber eine kommunistische Diktatur, wenn man das mal so sagen darf, an der Regierung. In manchen Städten konnte man mit Mini-Rock rumlaufen aber auf dem Landwehte kein laizistischer Wind.
Wo war dieses röttgen- Interview? Schönen Sonntag!
Wer das kennt und versteht, versteht Afghanistan.
Vielleicht.
https://en.wikipedia.org/wiki/Buzkashi
Wer das fühlt, gewinnt.
https://www.imdb.com/video/vi3437863193/
Geo-Politik - gilt nur für ein paar Teile von Kabul.
Vielen Dank für den Hinweis auf Pepe Escobar und Ihre eigenen, weiterführenden Beiträge zum Thema! Gerne mehr davon.
Bei dieser Gelegenheit kann ich den Mitgliedern der fc, die sich auf einer breiter informierten Basis mit den Entwicklungen in Asien allgemein und aktuell jetzt in Afghanistan auseinandersetzen wollen, die ASIA TIMES empfehlen https://asiatimes.com/subscribe-at/
Neben Escobar publizieren hier zahlreiche solide recherchierende Journalisten. Ein erfrischendes Kontrastprogramm zu dem, was uns in der hiesigen Presselandschaft zum Thema überwiegend serviert wird.
++ Man erinnere sich nur an die 1960er- und 1970er-Jahre, in denen eine breite, von Studenten geführte laizistische Schicht in Afghanistan einen zähen Kampf gegen die herrschenden Feudalkräfte führte ++
Aber hatten die Wurzeln im Volke? Ich glaube nicht. Ich weiß nur, dass z. B. Uschi Obermaier mit ihrem damaligen Freund in diesem Riesenbus durch Afghanistan gefahren ist. Die Leute waren wohl gastfreundlich, aber mehr eben auch nicht. Und auch die Sowjets, die dort zugangen waren, hatten keine Basis, obwohl sie sich durchaus auch für Frauenrechte und Bildung eingesetzt haben. Sie stießen, weil sie alles mehr oder weniger mit Druck durchsetzen wollten oder mussten, auch auf enormen Widerstand.
Auch mit den USA und den NATO-Truppen sind NGOs dort tätig gewesen und das hatte auch zeitweilig gute Wirkung. Gewollt oder ungewollt sind da emanzipatorische Entwicklungen entstanden, die jetzt völlig darniederliegen und von manchen Kritikern des Afghanistan Einsatzes noch zusätzlich diskreditiert werden. Manchen ist der Sieg der Taliban ganz recht.
Das "Volk" aber - dieses Stammesvolk ist offensichtlich ganz schwer zu erreichen. Die Taliban werden dort eher angenommen. Recht bald aber werden zwischen ihnen auch Kämpfe ausbrechen. Es sind offensichtlich sehr verschiedene Strömungen unter ihnen.
>>Aber hatten die Wurzeln im Volke?<<
Hatte Uschi Wurzeln im deutschen Volke?
Das ist schon unverschämt. Damit wurde nicht nur zensiert, sondern auch der Inhalt Ihres Satzes komplett verdreht.
Doch, bei Maischberger war's. Danke - hier der Link:
https://www.youtube.com/watch?v=hvhfuk3H7Fg
Guter Auftritt von Gysi.
Und bizarrer Auftritt von Röttgen.
bizarr für mich war,
daß gysi dem us-krieg gegen nazi-deutschland
sinn konzedierte. während er dem aufbau
quasi-staatlicher terror-organisationen in
afghanistan (und anderswo? IS? boko haram?)
die legitimität absprach.
da fehlts man konsequenz in gysis argumenten.
korr.: da fehlts an konsequenz in gysis argumentation.
Ich nehme an, dass ist eine rhetorische Frage. Wie auch immer. Ich weiß nicht, warum mein Kommentar versteckt wurde. Vor allem, weil ich Frau Kebir sogar ganz gut kenne als Autorin und Referentin. Na, bitteschön. Ich behaupte dennoch, dass die Kräfte in Afghanistan, die sich für Emanzipation engagierten, auch im Grunde kleinere Gruppen waren. Und ich behaupte weiter, dass es - im Windschatten dieses langjährigen interventionistischen Krieges - auch emanzipatorische Bewegungen gegeben hat.
Sicher ist das so & es war überall so, nicht nur in Afghanistan _ von daher meine Frage. Worauf wollen Sie denn hinaus? Diese Entwicklungen wurden in den 70-er Jahren in Afghanistan durch die Unterstützung der Mudschaheddin torpediert. Über 20 Jahre später wurde die NATO-Intervention u.a. mit dem Einsatz für Frauenrechte erklärt. Das ist nicht nur absurde Politik sondern eine Verarschung der Bevölkerung.