Ein moderner Klassiker Argentiniens

Gestorben Ricardo Piglia war einer der bedeutendsten Schriftsteller Argentiniens der letzten 50 Jahre. Am 6. Januar starb er im Alter von 75 Jahren

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Ricardo Piglia
Ricardo Piglia

Bild: LEO RAMIREZ/AFP/Getty Images

Emilio Renzi ist Professor an der Universität von Buenos Aires. Für eine Gastprofessur geht er in den kalten Norden - an die US-amerikanische Ostküste, wo er eine intime Beziehung zur dortigen Star-Literaturwissenschaftlerin Ida Brown eingeht. Als diese Opfer eines Unfalls wird, der sich als vermeintliches Attentat entpuppt, nimmt Renzi eigene Ermittlungen auf und kommt auf die Spur des Serienkillers Thomas Munk. Das war in Kürze der Plott Piglias letzen Romans Munk.

In der Figur des Thomas Munk erkennt man schnell das reale Vorbild Theodore John Kaczynski, besser bekannt als der Unabomber. Ebenso schnell kommt man darauf, dass auch Emilio Renzi ein reales Vorbild hat, nämlich niemand geringeren als den Autor selbst, dessen voller Name übrigens Ricardo Emilio Piglia Renzi ist. Munk wird Piglias letzter Roman bleiben, denn der Argentinier ist am 6. Januar in Buenos Aires gestorben. Seit mehreren Jahren litt er an der unheilbaren Muskel- und Nervenkrankheit ALS.

Sein internationaler Durchbruch gelang dem 1941 geborenen Piglia Anfang der 1980er Jahre mit dem Roman "Respiración artificial" (deutsch: "Künstliche Atmung"), mit dem er einen Wende der postmoderenen lateinamerikanischen Literatur einläutete, indem er das Genre des Kriminalromans mit politischem Zeitgeschehen und höherer Literatur verband. In seinem Werk versuchte er stets, die Komplexität der Welt in Worte zu fassen. Argentinische Zeitungen nannten ihn einen Wort- und Weltenschöpfer. In Argentinien galt Piglia bereits zu Lebzeiten als Klassiker, darüber hinaus war er aber auch in den USA zu Hause, wo er an der Universität Princeton drei Jahrzehnte lang Literatur unterrichtete.

Als ihn zuletzt seine schwere Erkrankung am Schreiben hinderte, begann Piglia damit, noch unveröffentliche Schriften herauszugeben, etwa seine 327 Tagebücher, die er mit 16 Jahren zu schreiben begann. Der erste Band erschien vorletztes Jahr bereits in Spanien.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Sandro Abbate

Alltagshermeneut | Freier Autor | Kulturwissenschaftler | Blogger | novelero.de

Sandro Abbate

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden