Kein Generationenroman

Debüt Über Ronja von Rönnes Roman wurde bereits im Vorfeld viel gesprochen. Gut und mit Wortwitz geschrieben ist es jedoch nicht der Aufreger, den man vielleicht erwartet hat.

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„Wir kommen“ heißt Ronja von Rönnes Debütroman, der jetzt im Aufbau-Verlag erschien. Das Erscheinen des Buches wurde von vielen schon herbeigesehnt, nicht zuletzt aufgrund der sehr kontrovers diskutierten Artikel, die von Rönne in der „Welt“ schreibt, und ihrer Teilnahme 2015 am Bachmann-Preis in Klagenfurt. Bereits beim Titel mag man fragen, wer da wohl kommen mag - etwa die viel beschworene Generation Y?

Wenig Handlung, wenig Belang

Protagonistin des Romans ist die Ich-Erzählerin Nora. Zusammen mit Jonas, ihrem Ex-Freund Karl und dessen Freundin Leonie lebt sie in einer Viererbeziehung. Dann ist da noch Leonies Tochter Emma-Lou, die nie spricht. Mit dieser Viererbeziehung brechen die Mittzwanziger nicht nur herrschende Konventionen, sondern sichern ab, dass keiner von ihnen alleine bleibt, wenn einer der vier sich einmal abwenden sollte. Zusammen fahren sie ans Meer in ein Strandhaus, das Karl und Nora schon früher öfter aufgesucht haben, wenn die beiden Probleme in ihrer Beziehung hatten, was relativ oft vorkam. Neben diesen Fünfen ist da noch Maja, Noras Jugendfreundin vom Dorf. Nora hat die Nachricht von Majas Tod erhalten und erreicht so jetzt nicht mehr. „Maja ist nicht tot. Wenn Maja gestorben wäre, hätte sie mir davor Bescheid gesagt. Solche Dinge haben wir immer abgesprochen.“

Das Gefühl fehlt

„Wir kommen“ ist ein Roman über junge Menschen, denen das Leben scheinbar nichts Neues mehr zu bieten hat. Alles wirkt etwas trist, gefühllos, unbedeutend. Es erscheint, als sei der Protagonistin Nora alles so unbedeutend, dass sie über ihre Panikattacken schreiben kann, als seien dies Hustenanfälle oder eine verschnupfte Nase – dabei gibt es wohl kein intensiveres Gefühl als eine Panikattacke.

Ein Generationenroman ist das Buch gewiss nicht, auch wenn es angestrengt versucht, einer zu sein. Natürlich werden sich viele – vor allem junge – Menschen in den etwas blass gezeichneten Figuren wiederfinden, aber von Rönne wird dadurch nicht zum Sprachrohr der heutigen jungen Erwachsenen. Wenn auch die große Sensation ausbleiben wird, halte ich „Wir kommen“ dennoch für ein gelungenes Debüt. Den Anspruch, unterhalten zu wollen, erfüllt das Buch. Dass sie zu polarisieren weiß, hat Ronja schon des öfteren bewiesen.

Erstveröffentlichung auf novelero.de

Ronja von Rönne: Wir kommen
Aufbau Verlag
208 Seiten
18,95 €

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Geschrieben von

Sandro Abbate

Alltagshermeneut | Freier Autor | Kulturwissenschaftler | Blogger | novelero.de

Sandro Abbate

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