Viele Jesusfilme, auch Das Leben des Brian von der Komikergruppe Monty Python, enden mit der Kreuzigungsszene auf dem Hügel Golgatha vor den Toren Jerusalems: Drei Kreuze, vorn Jesus von Nazareth, flankiert von Männern, die als Banditen gerichtet werden, über Jesus der Titel des Vergehens, „König der Juden“. Allen sind Hände und Füße ans Kreuz genagelt, die Sonne brennt auf die Männer, die nur einen Schurz tragen.
Es gibt eine Reihe überlieferter Kreuz-Worte, von „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ über „Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ bis zu „Es ist vollbracht“ und dazwischen kurze Szenen am Kreuz: das Auftauchen der Mutter; der Römer, der Jesus einen essiggetränkten Schwamm anbietet; die Reaktionen der Menge, die höhnisch oder in Erwartung göttlicher Rache ist.
Der Höhepunkt ist erreicht, sobald Jesus seinen grausamen Tod als Konzept offenbart. Der Gott des Alten Testaments ist nun tot, Gott wird durch seinen leidenden Sohn zum Menschen; verletzlich, angewiesen auf Vergebung. Der Himmel reißt auf, Licht bricht aus den Wolken, sphärische Musik, Fanfaren, und ein Chor von Engeln jubiliert, auf dass die Zuschauer einfallen mit ihren Tränen oder es sein lassen.
Nervöser Hedonist
Der neueste Jesus-Film Auferstanden macht es nun vielversprechend anders – er setzt die Kreuzigung an den Anfang und macht nicht Jesus zur treibenden Figur, sondern den fiktiven Militärtribun Clavius, der als antiker Detektiv die Umstände der Auferstehung aufzuklären hat. Wir befinden uns im römisch besetzten Palästina, im Jahr 30 oder 31 nach Christus (die Forschung geht davon aus, dass der historische Jesus 4 bis 7 vor Christus geboren wurde).
Ein politisch extrem unruhiges Jahrhundert, geprägt von der brutalen römischen Unterdrückung, fruchtlosen Aufständen und gnadenlosen Gemetzeln. Die jüdische Bevölkerung lebt in einer apokalyptisch-messianischen Erwartung, die von den Hohepriestern, die mit den Römern paktierten, nur mühsam gedämpft werden kann. Diese Lage, die der römische Statthalter Pontius Pilatus zu kontrollieren hat, arbeitet Auferstanden auf Anhieb souverän heraus. Pilatus, vom Briten Peter Firth als nervöser Hedonist interpretiert, ruft Clavius zu sich, der gerade von einem Gemetzel, das er unter Aufständischen angerichtet hat, in die Stadt zurückkehrt. Er will nur ein Bad nehmen, aber das ist ihm nicht vergönnt, Pilatus hat einen neuen „Job“ (Zitat!) für ihn: die Kreuzigung eines gewissen Joshua zu überwachen und sicherzustellen, dass der Mann tot ist.
Das macht Clavius gewissenhaft und regungslos. Die Kreuzigung der drei Männer, die wir hier sehen, konzentriert sich auf die Folter und den Todeskampf, auf Eisen und Blut, kein Engelschor, kein Lichtstrahl, nur ein Erdbeben erschüttert den Ablauf, Joshua murmelt etwas, Exitus. Für Clavius, gespielt von Joseph Fiennes, der 2003 in der internationalen Filmproduktion Luther den großen Reformator gab, ist das Töten wirklich nur ein dreckiger „Job“, und doch hätte man auf die Verwendung des neuzeitlichen Worts besser verzichten, sich insgesamt mehr Gedanken machen sollen über das, was in der Musik historische Aufführungspraxis heißt. Die Kostüme und Filmsets, gedreht wurde auf Malta und in Spanien, verlieren einiges an Wirkung, wenn die Sprache nicht stimmt.
An anderer Stelle, als Joshuas Leichnam aus der versiegelten Grabkammer verschwunden ist, spricht ein Zeuge von einer „Explosion“, was ärgerlich ist, denn Schwarzpulver war noch lange nicht erfunden; ob der Begriff angesichts von Vulkanismus in der Antike bereits genau diesen Ausdruck fand – darüber zu sinnieren, sollte nicht die Aufgabe des Publikums sein.
Clavius muss nun den mysteriös verschwundenen Leichnam finden, damit Pilatus den Gerüchten über den auferstandenen Messias begegnen kann. Die Zeit drängt, die Verwesung lässt bei der Hitze nicht mehr als drei Tage. Es gehört zu den reizvollsten Szenen, Clavius und seinem Assistenten Lucius (eine viel zu klein geratene Rolle für Tom Felton, den platinblonder Draco Malfoy aus Harry Potter) bei der Leichenschau zuzusehen.
Eine Art antikes CSI spielt sich hier ab; den naturwissenschaftlich-deduktiven Pfad hätte der Film ruhig ausbauen sollen. Doch sobald die ersten verzückten bis hysterisch lächelnden Jünger auftauchen, die Joshua gesichtet haben wollen, hat Clavius dem Mysterium kaum etwas entgegenzusetzen. Er wandelt sich schnell vom Jobber zum Jünger, fischt mit den Aposteln, folgt dem Auferstandenen nach Galiläa und erlebt einige Wundertaten mit. Diese tradierten, aber doch mythischen Erzählungen werden ernst, mitunter ergreifend ausgeführt, man holt den Zuschauer bei seinen emotionalen Reflexen ab. Nächstenliebe, Vergebung, alles richtig, alles wichtig, Jesus war schon ein Toller.
Lustiger Revoluzzer
Dem Jesusfilm von Kevin Reynolds hätte, wenn er schon mit Detektivfigur operiert, mehr historisch-kritischer Widerstand gutgetan. Die Forschung ist da weiter als das Populärkino, sie erkennt im historischen Jesus von Nazareth den Revolutionär, keinen friedliebenden Frömmler. Der Darstellung Joshuas, dem der maorische Neuseeländer Cliff Curtis seine ethnische Mehrdeutigkeit verleiht, hätte das Wissen um den Revoluzzer Jesus großen Dienst erwiesen. Curtis scheint nicht zu ahnen, welch „explosiver“ Wert in den Worten „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“ steckt, er spricht sie aus wie ein Wellnessangebot, es ist aber die Zurückweisung der kaiserlichen Versuche, die Revolution zu kaufen.
Der Religionswissenschaftler Reza Aslan, der in seinem Bestseller Zelot vom aufrührerischen Jesus erzählt, hat, ausgerechnet, den Monty-Python-Film gelobt. Bei allen Gags hätte Das Leben des Brian den revolutionären Geist der Zeit – gefiltert durch die Kenntnis des linken Dogmatismus und der Selbstzerfleischung in der Szene der 70er Jahre – kongenial erfasst, weil der Film den Kampf einer „Judäischen Volksfront“ nicht gegen den Statthalter, sondern gegen die „Volksfront Judäas“ zeigte. Das Dauerlächeln von Auferstanden scheint dagegen von neobuddhistischen Badekatalogen inspiriert zu sein.
Info
Auferstanden Kevin Reynolds USA 2016, 108 Minuten
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