Klang ja letzte Woche schon an: Alles gerade so schön bunt hier im Dschungel der Serien, von denen viele okay sind, bei denen man eigentlich aber nur auf die siebte Staffel von Game of Thrones wartet – und auf die Beantwortung der Frage, ob die Chemie zwischen Jon Snow und Daenerys Targaryen ausreichen wird, eine machtvolle Vermählung herbeizuführen und gemeinsam den Eisernen Thron zu besteigen. Oder ob die beiden nicht doch Halbgeschwister sind, die sich die Drachenpflege teilen, aber nicht das Bett. Abwarten, ab dem 17. Juli kriegen wir Antwort, wöchentlich portioniert bei HBO beziehungsweise Sky.
Bis dahin lässt sich der Frühling gut überbrücken: Am 21. April startet die dritte Staffel von Fargo bei Netflix. Sicher ist schon, dass Ewan McGregor eine Hauptrolle hat, entscheidende Szenen wieder im Schnee spielen und manche Männer brutaler sind als andere. Wohingegen Frauen – wahlweise schwanger – besonnen reagieren.
Am 12. Mai dann kommt I Love Dick heraus, die Adaption des feministischen Romans von US-Autorin Chris Kraus mit Kevin Bacon in der Rolle des Dick, des Professors für gewisse Projektionen. Ab 19. Mai ist Unbreakable Kimmy Schmidt wieder da, die beste schnellsprechende Serie aller Zeiten. Das Tempo der Dialoge und Gags ist hier mindestens so hoch wie früher in den Spielfilmen von Billy Wilder und I. A. L. Diamond. Nur ohne Kastagnetten.
Ende Mai findet der Spaß dann sein definitives Ende, der schlimmste Schlimmgrusel kehrt zurück, die fünfte Staffel House of Cards (HoC). Ist HoC nicht sowieso schuld an Trump und allem Schlechten seither? Erwies sich das politische Kartenhaus, das Showrunner Beau Willimon jahrelang vor uns aufbaute, nicht als Chimäre über dreckige Geheimnisse der Clinton-Ära, die leicht von Frauenhassern, Rassisten und Rechten gekapert werden konnte, um Hillary Clinton zu dämonisieren?
Nun ist Beau Willimon nicht mehr als Showrunner involviert, während ein wirtschaftskrimineller Trash-TV-Star die Idee der Präsidentschaft im real life aushöhlt. Diese Umstände schreien nach einer Neubesinnung bei HoC. Es kann doch nicht Kevin Spaceys Ziel sein, uns zu zeigen, mit welcher Hand POTUS twittert und mit welcher er sich anschließend den Arsch abwischt. Ich als Kulturprotestantin möchte im Lutherjahr Kevin Spacey beziehungsweise Frank Underwood büßen sehen, vorzugsweise im Gefängnis; er ist immerhin ein Mörder, ein U-Bahn-Schubser, der seit Jahren damit durchkommt.
Erstaunlich naturalistisch von der Revolution der Fake News berichtet die aktuelle Homeland-Staffel, die das Pech hatte, parallel zum US-Wahlkampf gedreht werden zu müssen. Doch die Macher überraschen mit ihrer Story um schattenhafte US-Geheimdienste, die islamistische Terroranschläge vortäuschen, um eine unliebsame Präsidentin-Elect zu schwächen. Ja, die Homeland-Produzenten haben falsch gewettet, als sie eine Frau als Siegerin der US-Wahlen antizipierten. Aber das wirkt nicht wie ein Patzer, es ist eher das Bohren in einer offenen Wunde. Den räudigen Trollfarmer Stephen Bannon hatte man bereits im Visier und die Not der Geheimdienste, die sich plötzlich in einer Oppositionsrolle sehen. Das ist verzerrt und anders als in Trumptown, aber was, wenn die Wirklichkeit verzerrt und Homeland authentisch ist?
Dann hilft nur noch Weltflucht. Wer nichts weiter wünscht, als die Füße hochzulegen und den Second Screen aufzuklappen, dem sei Sneaky Pete empfohlen, eine Geschichte um einen genialen Trickbetrüger, der untertaucht und sich in einer Familie von sympathischen, aber nicht ganz unschuldigen Kautionsagenten als falscher Enkel einquartiert.
Nach vier oder fünf Folgen sollte man den Second Screen zuklappen, um sich nicht um den Genuss zu bringen, den irren und etwas kompliziert herbeigeführten großen Trick, auf den alles am Ende hinausläuft, zu verstehen. Da Trickbetrug eine (kriminelle) Kunstform ist, die theatral und psychologisch operiert, steht auch die Serie unter der Beweisnot, ihre Zuschauer mit Drehungen und Wendungen zu überwältigen. Das gelingt. Es handelt sich bei Sneaky Pete um eine klassische Story, die von einem A zu einem B führt, mit einigen Kapriolen, doch ohne, dass die Figuren aus der Fiktion ausbrechen und die NATO, die LGBT-Community und existierende Klimaschutzprogramme bedrohen. Dieses einfache Vergnügen ist wieder sehr kostbar.
Kommentare 14
Sneaky Pete ist in der Tat überdurchschnittlich – unvorhergesehene Wendungen, schwarzer Humor à la Fargo, Pingpong-Rededuelle am Laufmeter und Darsteller, denen man anmerkt, dass sie mit Freude dabei sind. Generell allerdings muß man in Rechnung stellen, dass die Streaming-Anbieter ihre User derzeit mit Serien zuschütten. Persönlich habe ich dabei den Eindruck, dass aus dem Genre »Qualitätserie« mittlerweile die Luft raus ist und jeder nur noch versucht, Erfolgsrezepte bereits gelaufener Serien abzukupfern.
Im Grunde passiert derzeit also das, was bei der Kommerzialisierung jedes kulturellen Trends passiert: Die Kreativen der Pionierära geraten ins Abseits; standardisierte Handlungselemente gewinnen die Oberhand – ebenso die Bosse der Sender und Produktionsgesellschaften, die mittlerweile vermutlich auch Form und Ausrichtung der Produktionen weitgehend bestimmen. Gleichzeitig mäandert die Chose mehr und mehr in die Breite aus – so lange, bis der definite Grad an Marktsättigung erreicht ist.
Aus Sicht der User macht sich das gegenwärtig unter anderem dadurch bemerkbar, dass alle nur noch auf die Fortsetzungen der wenigen echten Highlights warten – also GoT oder auch HoC. Umgekehrt heißt das natürlich nicht, dass nur noch Mist läuft. Billions und The Path etwa, zwei weitere relativ junge Serien, warten durchaus mit Inhalt und Tiefgang auf. Ebenso In The Night Of – eine Miniserie über die US-amerikanische Justizmühle, die hierzulande leider mehr oder weniger durchgerutscht ist.
Last but noch least wären einige herausragende europäische Produktionen aufzuführen – Blutsbande beispielsweise, eine schwedische Serie. Glück hier, dass vor allem arte ein Auge auf europäische Produktionen hat und diese – hier wird der Senderauftrag tatsächlich einmal ernst genommen – fast im Wochenturnus ausstrahlt. Leider nicht der Fall ist dies Baron Noir – einer französischen Polit-Serie, die mit Borgen oder auch House of Cards mühelos auf Augenhöhe ist. Derzeit leider nur auf Sky – oder eben, in der Kaufversion, im iTMS.
Sicher wäre die Mini-Serie um Korruption, Seilschaften, Intrigen und Verrat – hochgezogen am Beispiel der französischen Sozialisten – auch für den Freitag ein interessantes Thema. Gerade auch im Hinblick auf die Präsidentschaftswahl, die derzeit ins Finale geht. Zeitbedingt werde ich wohl eher nicht dazu kommen – aber vielleicht … Sehen wir mal.
Wie immer?
Bonanza + Flipper? Aendert sich denn nie etwas?
:-D
P. s. – Tipp für das Einbetten von Video-Clips in Artikel: Maximalwert für »weight« ist derzeit wohl 415 px. Nimmt man mehr (oder den Wert aus dem Original-Quellcode), wird das Format tendenziell quadratisch (oder sogar hochkantig) und ein Teil der rechten Videohälfte geht verloren.
Nee. Warum? ;-)
Kommst du demnaechst an die 5. Staffel von House of Cards?
Hier kommt das ca. 6 - 12 Monate spaeter als in Deutschland wenn ich es mir nicht kaufe.
Wenn ja sage mir mal Bescheid ob es sich lohnt bitte.
Gruss
Vermutlich ja . Allerdings erst später und häppchenweise – wenn Netflix die Drittrechte-Provision von Sky verknuspert hat und das Ganze selbst ausstrahlt. Zum »Lohnen« kann ich aus aufgeführten Gründen noch keine Auskunft geben. Sobald reingeschaut, kriegst du aber Mitteilung, in welche Richtung auf der Vertikalen mein Daumen zeigt ;-).
Gruss R. G.
du hast probleme...
wenn ich senorita laura sehen will,
muß ich extra nach mexico fliegen...
Das ist doch das schoene in einem Schwellenland zu Leben:
Du weisst nie ob du Morgen etwas zu futtern hast, aber die Flimmerkiste strahlt Tag und Nacht...
Siehe einen oben:
:-D
Habe mir gestern u.a. auch Sneaky Pete aus dem Netz gefischt. (selbstverständlich ohne Angelschein) und die ersten beiden Folgen angeschaut. Erster Eindruck: mmhh, na ja, ganz nett. Zum weiterschauen reicht‘s aber kaum. Und dann diese vielen immer gleichen Serien-Fratzen, mittlerweile auch wie ne Wanderbühne dieses ganze Serienrecycling.
Heute Abend ist Fargo 3 dran, wenn‘s nur halb so schön wie Fargo 1 wird, würd ich mich freuen. Die anderen hier vorgestellten Serien spar ich mir, schon aus Zeitmangel. Und überhaupt, dieser Hype um Doof-Serien wie games of thrones und fucking homeland, kein Verständnis…
Fargo 3 ist eine gute Wahl. Ansonsten: nichts gegen GoT – ich bin stolz, in der Zeit gelebt zu haben, als diese Serie erschien ;-).
Und gute Musik machen sie in der Zeit, wenn sie nicht vor der Glotze hocken, auch noch ;-:
Interessanter Musiktip.
Seit wann kann man bei Kommentaren wieder Videos einfuegen?
Wenn sich das rumspricht wird das im Technikraum gleich wieder abgeschafft.
:-D
Dann schreib ich’s mal ganz klein:
Der HTML-Button steht bei Kommentaren weiterhin zur Verfügung. Dort muß oder darf man dann den »Einbetten«-Code von YouTube reinhauen. Und am besten auch den »Weight«-Wert auf 385 px stellen (»Height« entsprechend ebenso) – mehr Breite schafft der derzeitige Online-Freitag nicht (der neue hoffentlich mehr).