Annegret Kramp-Karrenbauer 'mal wieder

Sommerloch? Keine Ahnung was mit der CDU-Frau los ist.

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Das mediale Sommerloch genutzt?

Ob sie wohl an einer Profilneurose leidet, als Regierungschefin permanent unterbeschäftigt ist oder einfach zu wenig vom Geschehen außerhalb des Saarlandes mitbekommt und folglich in der Saarbrücker Parallelwelt der 1980er Jahre stecken geblieben ist?

Immerhin erhält sie durch ihre unfreiwillig komischen Äußerungen jetzt wieder einmal kurzzeitig etwas mediale Aufmerksamkeit.

Nachdem die Ministerpräsidentin des kleinsten Bundeslandes erst kürzlich „intelligente Vorschläge“ (so bezeichnete sie zumindest ein dF-Redakteur und stand damit ziemlich allein da) zur, von ihr offenbar befürchteten, Einführung der Vielehe, Geschwisterehe usw. vom Stapel ließ, schlägt sie jetzt erneut zu:

  • Sie sei gegen ein volles Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare, weil Kinder Papa und Mama brauchen, erklärte sie dem verblüfften Journalisten der ‚Wirtschaftswoche’, während eines Interviews, das am 24. Juli 2015 veröffentlicht wurde.
  • Da staunt der Leser, denn das volle Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ist bereits Realität, weil es durch das Bundesverfassungsgericht längst für zulässig erklärt wurde. Mit seinem Urteil hatte das höchste deutsche Gericht die Bundesregierung angewiesen entsprechende rechtliche Hindernisse zu beseitigen, was auch geschah.
  • Der einzige, derzeit noch bestehende, Unterschied zum Adoptionsrecht von heterosexuellen Paaren ist ein Verfahrensdetail. Während Hetero-Paare gemeinsam (und damit zeitgleich) adoptieren dürfen, ist es Homo-Paaren bisher lediglich nacheinander, also jeweils als Einzelperson, möglich (Sukzessiv-Adoption), das führt aber letztlich zum selben Ergebnis. Klagen zur Zulassung des gemeinsamen (also zeitgleichen) Adoptionsrechts sind anhängig.
  • Und nun Frau Kramp-Karrenbauer? Sollten Sie nicht besser erst einmal die Grundsatzurteile des Bundesverfassungsgerichts studieren (in den vergangenen Monaten und Jahren wurde bereits in etwa einem Dutzend Urteilen zugunsten gleichgeschlechtlicher Paare und gegen die Bundesregierung und deren Rechtsauffassung entschieden), bevor Sie sich auf weitere Interviews zum Thema einlassen?

Trio Infernale?

Vielleicht sollte sich CDU-Mitglied Kramp-Karrenbauer aber auch mit zwei anderen CDU-Damen zusammentun, die ebenfalls das Sommerloch 2015 nutzen, um in den Medien Erwähnung zu finden:

Erika Steinbach, CDU die auf Twitter das Abstimmungsverhalten der Berliner Christdemokraten gegen die „Ehe-Öffnung“ lobte und sich erfreut über die „Klugheit der CDU in Berlin“ zeigte :-). Mal ernsthaft, wer hätte von den, ob ihrer reaktionären Einstellung berüchtigten, „Wilmersdorfer Witwen“ im Rentenalter, die traditionell Mitglied der CDU sind und dort den Ton angeben, eine andere Haltung erwartet? Unter den jüngeren CDU-Mitgliedern in Berlin, die an der Abstimmung teilgenommen haben, waren dagegen bekanntlich satte 70 % für die Ehe-Öffnung. Dass die CDU inzwischen in keiner einzigen deutschen Großstadt mehr den Bürgermeister stellt, spricht für sich.

Hedwig Freifrau von Beverfoerde, CDU (- mehr zu der Dame ist unter diesem Text verlinkt -) wird auch ein wenig Aufmerksamkeit erreichen, wenn auch nur im als erzkatholisch und reaktionär berüchtigten Fulda.

Aber immerhin darf die Leiterin der rechtspopulistischen sog. ‚Initiative Familienschutz’, Organisatorin der homophoben Stuttgarter Demos „bekloppte Christen/Bürger/Eltern“ oder wie die Veranstaltung heißt und Mitarbeiterin der stellvertretenden AfD-Vorsitzenden Beatrix von Storch, auf Einladung des „Forums deutscher Katholiken“ und mit Billigung des Fuldaer Bischofs Algermissen (der bezeichnete gleichgeschlechtliche Ehen schon mal als „abartig“) beim Kongress: "Ehe und Familie - gottgewollter Auftrag und Weg zum Glück" (31. Juli - 02. August 2015 Kongresszentrum Esperanta, Fulda) in einem Vortrag wieder einmal die eigene irrationale Furcht vor homosexuellen Menschen zum Besten geben.

2014 wurde vom selben Verein eine durch Gabriele Kuby verfasste Resolution gegen ‚Gender Mainstreaming’ verabschiedet; in der Kuby behauptete "der *zersetzende Einfluss zeigt sich in der rechtlichen Anerkennung homosexueller Partnerschaften“ und meinte damit das Rechtsinstitut der ‚Eingetragenen Lebenspartnerschaft’ (*diese Terminologie kommt mir dann aber doch verdammt bekannt vor)

Und damit die Medien nicht allzu spöttisch und ablehnend über den sog. „Kongress“ des reaktionären Fundamentalistenvereins ‚Forum Deutscher Katholiken’ berichten, bieten die Veranstalter einige Tage vor der Zusammenkunft ein „Medien- und Kommunikationstraining“ für ihre Schäfchen an, damit Zitat: „kontroverse Themen liebevoll und überzeugend vermittelt werden“.

Gegen lästige Journalistenfragen, etwa „Wieso akzeptiert die Kirche homosexuelle Menschen nicht?“ will man dann gewappnet sein und Zitat: „liebevoll“ darauf antworten. Halleluja!

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Wer ist Annegret Kramp-Karrenbauer?

https://de.wikipedia.org/wiki/Annegret_Kramp-Karrenbauer

Wer ist Hedwig Freifrau von Beverfoerde?

https://www.freitag.de/autoren/saul-rednow/derzeit-noch-in-der-mediathek-tv-empfehlung-2

Wie ist es um die Situation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften bestellt?

Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Lebenspaare

Nach geltender Rechtslage ist die Adoption von Kindern durch eingetragene Lebenspartner (also schwule Männer) und gleich- geschlechtliche Lebenspartnerinnen (also lesbische Frauen) in Deutschland längst Realität

Hierbei kommt die vom Bundesverfassungsgericht der Bundes- regierung zur Umsetzung aufgetragene sog. Sukzessiv-Adoption zur Anwendung, wobei die beiden Lebenspartner oder Lebens- partnerinnen das Kind (umständlich) nacheinander, als Einzel- person, adoptieren. Eine anhängige Klage vor dem Bundes- verfassungsgericht dürfte wohl demnächst dazu führen, dass - wie auch bei heterosexuellen Lebenspaaren - die gleichzeitige Adoption durch beide homosexuellen Lebenspartner ermöglicht wird.

Unbestritten ist, dass es dem Kindeswohl dient, wenn beide Elternteile, anstatt nur eines, dem Kind gegenüber unterhalts-, sorge- und erbpflichtig sind.

Das Kindeswohl

Da potenzielle heterosexuelle und homosexuelle Adoptiveltern bereits heute und auch künftig sehr sorgfältig von den zuständigen Stellen (Vormundschaftsgerichte, Jugendämter etc.) auf die persönliche Stabilität und wirtschaftliche Absicherung der Lebenspartnerschaft/Ehe, sowie auf die charakterliche Reife und Eignung der beiden künftigen Adoptiveltern (hetero oder homo) überprüft werden, wird dem Kindeswohl hier regelmäßig in hervorragender Weise Rechnung getragen.

Bei diesen Überprüfungen schneiden homosexuelle Paare übrigens generell nicht schlechter ab, als ihre heterosexuellen Mitbewerber, häufig sogar besser.

Zur Situation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften:

http://www.uni-bamberg.de/kommunikation/news/artikel/regenbogenfamilie/

http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Forschungsbericht_Die_Lebenssituation_von_Kindern_in_gleichgeschlechtlichen_Lebenspartnerschaften.pdf?__blob=publicationFile

http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/39323/Ich-faende-es-seltsam-wenn-mein-Vater-eine-Freundin-haette

Eine aktuelle und international anerkannte wissenschaftliche Studie aus den USA kommt übrigens zu ähnlich positiven Ergebnissen über die Situation von Kindern und Jugendlichen in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, wie die oben verlinkte Studie der Universität Bamberg.

Selbstverständlich wachsen auch Kinder in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften nicht ohne die ständige Konfrontation (positiv gemeint) mit dem jeweils anderen Geschlecht auf, weil sie nicht isoliert leben, sondern vielfältige Bezugspersonen beider Geschlechter erleben: Lehrer und Lehrerinnen +++ Onkel und Tanten +++ Großväter und Großmütter +++ Freunde und Freundinnen +++ Klassenkameraden m/w +++ Bekannte m/w +++ usw. usw.

Die wissenschaftlich weltweit anerkannten Studien bekräftigen diese Aussage und weisen Kindern, die in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften aufwachsen, zudem einen besonders hohen Grad an intellektueller und emotionaler Reife nach.

Und noch "dies und das" zum Thema Ehe-Öffnung:

https://www.freitag.de/autoren/saul-rednow/dont-leave-you-with-that

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Saul Rednow

Meine Themen: Rechtsextremismus - Rassismus - Homophobie - Politik - Musik u.a.

Saul Rednow

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