Eine gespenstische Veranstaltung in Fulda

#hassprediger In Fulda haben sich etwa 1.000 Mitglieder der Römisch Katholischen Kirche zu ihrem alljährlich stattfindenden Kongress 'Freude am Glauben' getroffen.

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Der vom ‚Forum Deutscher Katholiken’, unter Mitwirkung des Fuldaer Bischofs Algermissen, ausgerichtete Kongress steht 2015 unter dem Motto "Ehe und Familie - gottgewollter Auftrag und Weg zum Glück", wird via Web-TV und durch eigene katholische Fernsehsender in alle Welt übertragen und bereits der gestrige erste von drei Veranstaltungstagen hatte es in sich:

  • Aus Chur in der Schweiz war Bischof Vitus Hounder angereist und hetzte, was das ‚Alte Testament’ hergab, gegen homosexuelle Menschen: „(…) sollen beide des Todes sterben (…) usw.“ und er meinte dann auch noch aus dem, ja nachweisbar von Menschen verfassten und in einem ganz anderen zeitlichen Kontext entstandenen, *Buch folgendes ableiten zu müssen „die Homo-Ehe sei ein Angriff auf die Schöpfung“. Weitere Themen seines Vortrags waren die „Gefahr der Unzucht“ und als Folge davon der „Abfall von Gott“, der „finanzielle Schadensausgleich bei vorehelicher Entjungferung“ [sic] und der „sittlich geordnete Vollzug des Geschlechtsaktes als Segen der fruchtbaren Ehe“; Sex sei keine Spaßveranstaltung und keine Privatsache [sic]. Hounders Vortrag wurde anschließend von den Gläubigen frenetisch beklatscht.
  • Da wollte der gastgebende Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen offenbar nicht nachstehen und wetterte gegen die "Gefährdung der sakramentalen Ehe und christlichen Familie", etwa durch die Öffnung der Zivil-Ehe für gleichgeschlechtliche Paare (wie sie bereits in vielen Ländern seit Jahren Realität ist). Algermissen meinte dann auch noch „Fiebersymptome einer kranken Gesellschaft" erkennen zu können und warnte vor einer drohenden „Verwahrlosung der Elternhäuser“, ausgelöst durch den liberalen Zeitgeist [sic]. Weitere Stichworte seiner Untergangsbeschwörung = „ein erschreckender Relativismus“ und daraus folgend „kirchliche Konfusion“ sowie (nicht anders erwartet) die „Auflösung der Gesellschaft“.
  • Das Ehepaar Renate und Norbert Martin (Mitglieder des päpstlichen Rates Familie) hatte es bei solchen Vorrednern naturgemäß schwer noch weitere rhetorische Höhepunkte zu setzen, doch es gelang Ihnen. Mit „die gleichgeschlechtliche Ehe kann die zerstörerische Wirkung einer Atombombe haben“ und „wie ein Tsunami über die Erde fegen“ versetzten sie ihre Zuhörer in Kampfeslaune.
  • Hedwig Freifrau von Beverfoerde, CDU steht der rechtspopulistischen sog. „Initiative Familienschutz“ vor, ist Mitarbeiterin der stellvertretenden AfD-Vorsitzenden Beatrix von Storch und außerdem Koordinatorin der regelmäßig in Stuttgart stattfindenden, gegen homosexuelle Menschen gerichteten, Demonstrationen. Sie rief die Teilnehmer „zum Handeln gegen die Ehe-Öffnung“ auf, wetterte gegen Sexualkunde-Unterricht in Schulen („Enthemmung sei Trend“) und nannte die Diskussion um die gleichgeschlechtliche Ehe „eine Schlacht“. Die CDU-Freifrau rief dazu auf Protest-Leserbriefe an Zeitungen und Fernsehsender zu schicken, Petitionen zu unterstützen und Briefe an Regierung und Abgeordnete zu schreiben. Von Beverfoerdes Rede wurde mehrfach von „Szenen-Applaus“ unterbrochen, nur die „Zugabe“ Rufe fehlten :-)

Bibeltexte zurecht gebogen:

Hedwig Freifrau von Beverfoerde, CDU (Referentin beim Katholischen Kongress ‚Freude am Glauben’ in Fulda) +++ Birgit Kelle, CDU +++ Gabriele Kuby und einige andere „bibeltreue“ Damen aus dem rechten Polit-Spektrum scheinen es mit der Wahrheitstreue nicht so genau zu nehmen. Andernfalls dürften sie nicht nur Passagen befolgen, die ihnen in den erzkonservativen, menschenverachtenden Kram passen, sondern auch diejenigen Bibelstellen, die ihnen ganz eindeutig ihre Rolle in der katholischen Gemeinde und in der Gesellschaft zuweisen:

  • Heißt es doch in 1. Korinther 14, Vers 34 - 35 unmissverständlich: „Lasset eure Weiber schweigen in der Gemeinde, denn es soll ihnen nicht zugelassen werden, dass sie reden, sondern sie sollen untertan sein, wie auch das Gesetz sagt. Wollen sie etwas lernen, so lasset sie daheim ihre Männer fragen. Es steht den Weibern übel an in der Gemeinde zu reden.“
  • Auch 1. Timotheus 2, Vers 12 verbietet Frauen in der Öffentlichkeit den Mund (- was nebenbei nicht mit unserem Grundgesetz vereinbar und somit verfassungswidrig ist, Stichwort: Gleichberechtigung von Mann und Frau -): „Einem Weibe aber gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch nicht dass sie des Mannes Herr sei, sondern stille sei.“

Und auch sonst scheint manchem reaktionären „Hassprediger“ aus dem politisch weit rechts stehenden Spektrum die Bibel nur als Vorwand für die eigene reaktionäre (im Denken und Handeln stets rückwärts gerichtet, statt vorwärts) Grundeinstellung zu dienen:

So etwa bei der Einschätzung von Homosexualität. Hier handelt es sich, so etliche Bibel-Experten, ohnehin nur um einen Übersetzungsfehler, da im hebräischen Ursprungstext (der falsch übersetzt wurde) gar nicht die mann-männliche Sexualität zwischen Erwachsenen kritisiert wird, sondern (und das selbstverständlich völlig zu recht) jene von Erwachsenen mit Kindern.

Fazit: In den, von Hass (statt von christlicher Liebe) geprägten, rechtskonservativen und rechtsextremen Katholiken-Zirkeln biegt man sich Bibeltexte einfach so zurecht, dass sie als Grundlage der eigenen Menschenverachtung und Homophobie zu taugen scheinen. Andere Bibelpassagen werden dagegen geflissentlich übersehen.

Heuchelei ist noch eine freundlich formulierte Bezeichnung für derartige Verhaltensweisen; im Grunde müssten solche Zirkel durch den Verfassungsschutz überwacht werden, weil sie eindeutig gegen die Grundrechte (z.B. Menschenwürde) verstoßen.

Rekord-Austrittswelle aus der Römisch Katholischen Kirche

Über 200.000 Menschen sind im vergangenen Jahr in Deutschland aus der RKK ausgetreten, mehr als jemals zuvor.

  • „(…) Religion darf nicht zur Rechtfertigung der Diskriminierung von homosexuellen Menschen benutzt werden …“ (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteile vom 15.01.2013, 48420/10 +++ 59842/10 +++ 51671/10 +++ 36516/10)
  • „Wer in einer Weise, die geeignet ist den öffentlichen Frieden zu stören, die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er zum Hass gegen Teile der Gesellschaft aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert, oder sie beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft“ (§ 130, StGB)

Die *Bibel wörtlich nehmen, bedeutet auch …

  • auf meinem Balkon Stiere als Brandopfer darzubieten, da dies einen lieblichen Geruch erzeugt (Lev 1:9),
  • meine Tochter in die Sklaverei zu verkaufen (Ex 21:7),
  • Frauen nach ihrer Menstruation zu befragen, bevor ich mit ihnen rede (Lev 15:19-24),
  • Sklaven von benachbarten Nationen zu erwerben (Lev 25:44),
  • einen am Samstag arbeitenden Nachbarn eigenhändig zu töten (Ex 35:2),
  • bei Strafe keine Schalentiere (Krabben, Austern, Muscheln etc.) zu essen (Lev 11:10),
  • mich nicht einem Altar zu nähern, wenn ich eine Brille trage (Lev 21:18-20),
  • meine Freunde zu töten, weil sie sich Haupt- und Barthaare schneiden lassen (Lev 19:27),
  • nicht Fußball zu spielen, weil das Berühren der Haut eines toten Schweins verboten ist (Lev 11:7-8),
  • meinen Onkel zu steinigen, wenn er zwei verschiedene Saaten auf einem Feld anpflanzt (Lev 24:10-16),
  • Männer zu verbrennen, die mit ihren Schwiegermüttern schlafen (Lev 20:14)

Informationen zum Kirchenaustritt:

https://www.freitag.de/autoren/saul-rednow/es-reicht-kirchenaustritt-jetzt-1

Die unheilige Allianz zwischen Rechtsextremen und religiösen Eiferern:

https://www.freitag.de/autoren/saul-rednow/unheilige-allianz

Fernsehauftritt der CDU-Freifrau Hedwig von Beverfoerde:

https://www.freitag.de/autoren/saul-rednow/derzeit-noch-in-der-mediathek-tv-empfehlung-2

"Dies und das" zur Ehe-Öffnung:

https://www.freitag.de/autoren/saul-rednow/dont-leave-you-with-that

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Saul Rednow

Meine Themen: Rechtsextremismus - Rassismus - Homophobie - Politik - Musik u.a.

Saul Rednow

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