Biden oder Trump? Nothing will change

US-Präsidentschaftswahlen Bernie Sanders zieht sich aus dem Rennen der US-Demokraten um die Präsidentschaft zurück. Joe Biden als Alternative zu Präsident Trump? Der Ex-Vizepräsident ist Trump 2.0

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Der 8. April 2020 wird in die Geschichte der US-Politik eingehen. Nicht, weil die Corona-Krise erneut Hunderten von Menschen im Land das Leben gekostet hat oder weil Trump wieder einen seiner berüchtigten Tweets auf einen politischen Gegner von der Leine ließ.

Der 8. April 2020 ist der Tag, an dem die Demokratische Partei, immerhin die älteste politische Partei der Welt, die Hälfte ihrer Wählerschaft mit Blick auf die Zukunft verlor. Die USA besitzen ein Zwei-Parteien-System, in dem sich die Republikaner und Demokraten immer abwechselnd die Macht aufteilen. Dazwischen tummeln sich hin und wieder Unabhängige wie Bernie Sanders, die aber de facto auch Mitglied der Partei sind und sie unterstützen. Doch dieses Zwei-Parteien-System könnte nun ins Wanken geraten: Bernie Sanders ist an jenem 8. April 2020 aus dem Präsidentschaftsrennen der US-Demokraten ausgestiegen; er wird nie Präsident werden. Joe Biden, der Ex-Vizepräsident von Barack Obama, ist somit automatisch der Auserwählte der Demokraten, um im Herbst gegen Präsident Donald Trump anzutreten.

Täglich grüßt das Murmeltier

Nun verlor Sanders bereits 2016 die Vorwahlen gegen Hillary Clinton. Alles wieder auf Start sozusagen?

So ungefähr. Nur mit dem Unterschied, dass diesmal viele junge Menschen nicht mehr dem Aufruf des demokratischen Establishments folgen werden, für Biden wählen zu gehen.

66 Prozent der 17- bis 29-Jährigen stimmten beispielweise bei den Vorwahlen in Nevada 2020 für den selbst ernannten "demoratic socialist" (demokratischen Sozialisten) Bernie Sanders. Oder 2016: Mehr junge Menschen stimmten für Sanders als für Trump und Clinton- zusammengenommen. Diese Zahlen und Fakten können nicht einfach beseite gewischt werden. Nicht, nachdem das Expirement Clinton 2016 krachend gescheitert ist. Damals sprachen alle in den Medien davon, wie einfach die Wahlen für Clinton sein würden; dass Clinton bereits sicher die Präsidentschaft in der Tasche hätte; dass Trump nicht gewählt werden kann.

Zeitreise ins Jahr 2020. 8. April. Täglich grüßt das Murmeltier. 2016 scheint sich zu wiederholen.

Sanders steigt aus dem Rennen aus, obwohl gerade jetzt sein Haupt-Wahlkampfthema "Medicare for all", die Krankenversicherung für alle, sich wachsender Beliebtheit über Parteigrenzen hinweg erfreut; und in Zeiten von Corona, in denen Millionen von Amerikaner ohne Versicherung dastehen, eine Sache von Leben und Tod geworden ist.

Schon 2o16 blieben viele junge Wähler zuhause oder wählten die Green Party, die Grünen. Aus Enttäuschung, Wut oder Trotz? Wahrscheinlich eine Mischung aus allem.

Doch der Druck, der in diesem Jahr auf den Demokraten lastet, ist bedeutend größer als der bei den Republikanern. Die Republikaner sind, bedingt durch ihre Ideologie, immer bereit, sich hinter ihrem starken Mann zu vereinen. Egal ob das Reagan in den 80er Jahren war oder jetzt Trump. Biden dagegen muss um jede Stimme kämpfen. Aber gerade jungen Wählern sind die Inhalte wichtig, an denen Biden kein Interesse zeigt. Diese jungen Wähler werden nicht automatisch zu Biden überlaufen. Sie haben genug vom Status quo. Die Bildung einer neuen Partei ist denkbar.

Die Demokraten behaupten stur wie ihr Esel im Wappen, der Progressiven Allianz anzugehören, die sich international aus sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien zusammensetzt. Auf dem Papier tun sie das auch, aber in der Realität: wählen sie eben Politiker wie Biden aus, die für genau das Gegenteil stehen. Themen wie kostenlose Universitätsbildung (77 Prozent Unterstützung), Mindestlohnerhöhung (86 Prozent) oder eine Krankenversicherung für alle (72 Prozent) sind einhelliger Konsens bei den Demokraten. Vor allem bei jungen Wählern. Doch die Kandidaten, die letztlich aufs Schild gehoben werden, unterstützen keine dieser Positionen. Weder Clinton 2016, noch Biden 2020 tun dies.

Biden, Clinton, Trump? Alles das Gleiche

Apropos Biden.

Biden ist nun also der Auserwählte gegen Trump.

Das Problem: Joe Biden ist ein männlicher Abklatsch von Clinton. Clinton 2.0, serviert mit einer Portion Obama-Nostalgie. Biden entfacht null Enthusiasmus: weder in der demokratischen Basis noch im Lager der Independents, die wichtig sind, um wahlentscheidende Swing States wie Wisconsin, Michigan oder Pennsylvania zu gewinnen.

Inhaltlich unterscheidet sich Biden keinen Zentimer von Clinton: beide haben für den Irak-Krieg gestimmt, der Millionen Menschen das Leben kostete und den Islamischen Staat aus den Ruinen Al-Qaidas auferstehen ließ. Beide stehen für eine imperialistische Außenpolitik mit Kriegs- und Drohneneinsätzen rund um den Globus. "American exceptionalism" nennt man das im Fachjargon, also die Theorie, dass die USA einen besonderen Status in der Welt einnehmen und daher auch letztendlich politische Entscheidungen treffen können, wie sie wollen.

Sowohl Clinton als auch Biden finanzierten ihren Wahlkampf hauptsächlich über private Großspenden: viele davon aus den Taschen der Wall Street und von Milliardärs-Familien. Joe Biden's Motto für den Wahlkampf war dementsprechend auch: Nothing will fundamentally change. Nichts wird sich grundlegend ändern. Na also, warum sollen dann Wähler für ihn stimmen?

Vielfach wird auch vergessen, dass Biden in den 90er Jahren für Handelsabkommen wie NAFTA stimmte und eine "crime bill" unterstützte und sogar im Senat aktiv bewarb, durch die Millionen von Afroamerikanern und Latinos für Mariuhana-Vergehen und anderer kleiner Delikte hinter Gittern landeten.

Nicht zu vergessen: er wollte Social Security kürzen, die Rentenversicherung in den USA. Und das mehrmals in seiner 40-jährigen Karriere. Zuletzt als demokratischer Vizepräsident von Obama. Das ist gerade einmal 8 Jahre her.

Biden oder Trump? Nothing will change

Die Frage, die jetzt noch bleibt: Biden oder Trump? Wer gewinnt im Herbst die Präsidentschaftswahlen?

Die Antwort ist einfach: Die Finanz-Eliten des Landes, die beide Parteien (Demokraten und Republikaner) finanzieren. Schon jetzt gehören 90 Prozent des Vermögens in den USA 20 Prozent der Bevölkerung. Zum Vergleich: Die restlichen 80 Prozent haben gerade einmal ein Vermögen von 10 Prozent, um das sie sich streiten.

Diesen Finanz-Eliten ist es egal, ob Trump oder Biden gewinnt. Sie sind beide Kandidaten von Hochfinanz Gnaden. Denn ohne dieses System wären sie selbst nicht in der Position, in der sie jetzt sind. Berichte sickerten bereits durch, nach denen Biden Schlüsselpositionen seines zukünftigen Kabinetts mit Wall-Street-Bankern besetzen möchte. Also eine Fortsetzung zu Trumps Kurs: sein Finanzminister Mnuchin und sein ehemaliger ökonomischer Chefberater Cohn stammen ebenfalls von der Investment-Großbank Goldman Sachs, die maßgeblich für den Finanzkollaps 2008 verantwortlich war.

Biden ist wie Trump. Nur eben ohne Beleidigungen und böse Tweets bei Nacht.

Sowohl Trump als auch Biden stehen für die Fortsetzung korporatistischer Politik in den USA und Imperialismus rund um den Globus. Sowohl Trump als auch Biden sind überführte notorische Lügner.

"Nothing will fundamentally change", sagt Biden.

"Keep America great", sagt Trump.

Und es änderte sich nichts.

Ob Trump, ob Biden.

Bleibt nur zu hoffen, dass der 8. April 2020 in die Geschichte eingeht als der Tag, an dem eine wirklich progressive Partei in den USA ihren Grundstein legte.

Demokraten und Republikaner werden nicht den Wandel bringen. Biden und Trump sind vom selben politischen Holz geschnitzt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden