Equality? Warum die NBA Heuchelei betreibt

Black Lives Matter Justice, Equality, Liberation: Die US-Basketball-Liga verkauft sich mit ihrer Unterstützung für die BLM-Bewegung politisch, bleibt aber nur bei Plattitüden.

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Die Aufregung war groß. LeBron James, einer der besten Basketball-Spieler aller Zeiten, weigerte sich, sein Trikot auf der Rückseite beschriften zu lassen. Was war passiert?

Die nordamerikanische Basketball-Profiliga (NBA) hatte beschlossen, für ihr Finalturnier in Orlando (Florida) eine Liste mit 29 Slogans zu erstellen. Jeder teilnehmende Spieler konnte sich für einen Spruch entscheiden, der auf seinem Trikot prangen sollte. Darunter waren Sprüche wie „Equality“ (Gleichheit), „Justice“ (Gerechtigkeit) oder auch „Black Lives Matter“.

Eine vollständige Liste der Slogans findet sich hier.

James dagegen verzichtete auf einen Spruch-und verwies auf seinen Aktivismus im Hinblick auf die afroamerikanische Gemeinde in den USA.

Im weiteren Verlauf sprachen sich auch weitere Spieler gegen einen Schriftzug aus.

Nun ist ein grundsätzliches politisches Engagement von Sportlern und besonders sportlichen Organisationen wie der NBA nichts Verwerfliches; gerade, wenn es um Themen wie Rassismus, Diskriminierung, Gewalt und soziale Benachteiligungen aller Art geht. Doch das Problem mit der NBA ist, dass sie ihr Engagement nicht allzu ernst meinen kann.

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Wo war die NBA in der Vergangenheit?

Nochmal: damit sind nicht die einzelnen Spieler wie James oder auch Chris Paul, der Präsident der Spielervereinigung, gemeint, die seit Jahren auf soziale Ungerechtigkeiten in den Vereinigten Staaten aufmerksam machen; gemeint sind in erster Linie die Beteiligten der NBA als Organisation: das Management und die sogenannten Team-Owner, also die Besitzer der einzelnen Team-Franchises.

Black-Lives-Matter (BLM) ist eine Organisation, die bereits im Jahr 2013 gegründet und etabliert wurde (mehr zur Geschichte von BLM zum Beispiel im Buch „The Making of Black Lives Matter: A Brief History of an Idea“ von Christopher J. Lebron).

Auslöser war damals der Mord am Teenager Trayvon Martin, der auf dem Nachhauseweg auf öffentlicher Straßeerschossen wurde. Der Mörder, George Zimmerman, kam ohne Anklage frei. Daraufhin gab es einen Proteststurm im Internet. Die sozialen Medien setzten den Hashtag „BLM“ in Gang.

Damals gab es jedoch keine Solidarität vonseiten der NBA. Weder wurden Trikots beschriftet noch wurden Werbeclips in den Spielpausen eingespielt, um die Bewegung zu promoten.

2014 und 2015 kam es ebenfalls zu Polizeigewalt gegenüber unbewaffneten Afroamerikanern in den USA, doch erneut blieben die öffentlichen Kanäle der NBA stumm.

Deshalb muss die Frage im Jahr 2020 erlaubt sein: Wieso ausgerechnet jetzt?

Eine Erklärung ist sicherlich die anstehende Präsidentschaftswahl im Land, die im November abgehalten wird. Der Republikaner Donald Trump, amtierender Präsident, ist nicht gerade ein Freund der afroamerikanischen Wahlbevölkerung und hat auch vonseiten der NBA-Spieler viel Kritik einstecken müssen. Seine Recht-und-Ordnung-Rhetorik sorgt für Missmut.

Dazu passt dann auch der Spruch „Vote“, der auf manchen Trikots der Spieler die Zuschauer zum Wählen auffordert. Die Botschaft dahinter ist eindeutig: Wählt Joe Biden, den Demokraten, der besonders bei der afroamerikanischen Bevölkerung beliebt ist. Er diente unter dem ersten afroamerikanischen Präsidenten Barack Obama als Vizepräsident.

Eine Bitte, Wählen zu gehen, ist nicht schlimm, sondern grundsätzlich richtig. Doch wie schon eingangs berichtet: Die Unterstützung der NBA, nach sieben Jahren Schweigen, wirkt politisch instrumentalisiert und heuchlerisch. Die NBA ist wie jeder privatwirtschaftlich organisierte Konzern im kapitalistischen System ein auf Profitmaximierung ausgelegtes Unternehmen. Jede Aktion, vor allem abzielend auf die Öffentlichkeit, folgt zuvorderst der Marktlogik; und weniger dem Humanismus. Umfragen belegen eine Solidarität der Menschen in den USA gegenüber den Befindlichkeiten im Hinblick auf Polizeigewalt.

Die NBA: Kein Humanismus, sondern Kapitalismus

Die NBA hat im Jahr 2020 den perfekten Zeitpunkt gefunden, ihre Botschaft von „Black Lives Matter“ am besten zu verkaufen. Zudem kam die Corona-Pandemie hinzu, die ihren Betrieb monatelang lahmlegte. Durch das Aufgreifen der BLM-Proteste hatte die NBA die perfekte Vermarktungsstrategie, um ihr Finalturnier passend zu vermarkten.

Einen Beweis gefällig?

Als im vergangenen Jahr Berichte über Chinas Konzentrationslager für Uiguren auftauchten, in denen bis zu 1 Million Menschen der Minderheit eingesperrt sein sollen, schwieg die NBA dezent und verwies auf den großen Markt an potenziellen Zuschauern.

China ist heute schon ein wichtiger Markt für die NBA und den Sport im Allgemeinen, genauso wie für alle anderen Wirtschaftszweige.

Die NBA blieb jedoch stumm. Wo waren hier ihre Schlagwörter „Justice“, „Equality“ oder „Liberation“: die Trikots zeigten Spielernamen und Nummer, aber keine Solidaritätsbekundungen mit der leidenden muslimischen Minderheit in China.

Auch der englische Fußballclub FC Arsenal wollte sich damals nicht zu diesem Thema äußern, nachdem sein Spieler Mesut Özil mit seinem Tweet (siehe unten) für Aufregung gesorgt hatte:

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Darin fordert er auf, Solidarität mit den Uiguren zu zeigen und endlich etwas gegen diese Ungerechtigkeiten zu unternehmen.

Eine Übersetzung findet sich unter anderem hier.

Der ehemalige Fußballspieler, Demba Ba (u. a. TSG 1899 Hoffenheim), fasste obige Einschätzung wunderbar zusammen. Er ist sich sicher, dass Vereine wie der FC Arsenal Black-Lives-Matter unterstützen, weil sie mit ihrem Support kein finanzielles Risiko eingehen. Das ist zum Beispiel beim Thema der Uiguren nicht der Fall, kritisiert er.

Was können die Spieler selbst tun?

Im Verlauf von COVID-19 haben über 30 Millionen US-Amerikaner (Stand: Anfang Juni) ihren Job verloren, etwa 5 Millionen ihre Krankenversicherung. Jedes Jahr sterben in den USA bis zu 45.000 Menschen wegen fehlender Krankenversicherung. Hunderttausende Afroamerikaner sitzen wegen kleiner Drogendelikte wie Besitz und Verkauf von Marihuana im Gefängnis.

Doch anstatt konkrete politische Forderungen an die politischen Entscheidungsträger zu stellen (Republikaner und Demokraten), wirft sich die NBA mithilfe von Plattitüden und leeren Worten an die Seite der Spieler. Sie verkauft sich politisch, weiß aber, dass ihr durch diese Aktion keine Profite verloren gehen. Sonst würde sie schnell den Mund halten.

Die Spieler selbst, wie LeBron James oder Chris Paul, haben die Möglichkeit, in der Zukunft mit konkreten Forderungen (wie oben beschrieben) an die Politik heranzutreten. Sie haben die Plattform und den Einfluss, auch mächtige Organisationen wie die NBA zum Nachdenken zu bringen.

Wieso zum Beispiel nicht streiken, bis diese konkreten Forderungen auch erfüllt werden.

Wieso nicht Proteste organisieren, die wichtige soziale Themen in den Vordergrund stellen, bei denen Schwarze immer noch am meisten benachteiligt werden:

Allgemeine Krankenversicherung, kostenlose Universitätsbildung, faire Entlohnung über einen Mindestlohn, Legalisierung von Cannabis.

Die Spieler haben mehr Einfluss auf die NBA als andersherum.

Von der NBA ist kein Wandel zu erwarten.

Zumindest nicht die Art von Wandel, die sich viele erhoffen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
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