Bomben auf Syrien?

Drohende Eskalation Endlich scheint ein Vorwand für das militärische Eingreifen des Westens gefunden - ein Giftgasangriff Assads, der unbeweisbar bleiben dürfte.

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Auf der einen Seite der Verbrecher Assad, auf der anderen die verbrecherische Clique derer, die jetzt ihre Bomben auf Syrien abwerfen wollen. Irgendwie so stellt sich die Lage jetzt dar, und die Wahrscheinlichkeit, dass noch mehr Blut fließt, wächst von Tag zu Tag. Die syrische Bevölkerung könnte auch dafür büßen, dass Putin dem Aufklärer Snowden Asyl gewährt. So ein Spielchen, bei dem Damaskus eher nebenbei dem Erdboden gleich gemacht würde, käme den USA gerade recht. Schon sammelt sich die unheilige Allianz der Weltpolizisten: Der Friedensnobelpreisträger, der Pudel aus Great Britain und das politische Leichtgewicht aus France. Sie alle scheinen erneut zuschlagen zu wollen – wegen eines Giftgases, dessen Ursprung und Anwendung niemals zweifelfrei identifiziert werden kann (oder glaubt irgendwer ernsthaft an eine objektive Analyse?). Dennoch könnte sich die Gesamtbilanz – zumindest aus der Sicht des Westens – sehr positiv darstellen: Tausende frisch produzierte Bomben und Marschflugkörper verballert (TOP-Profite für die Rüstungskonzerne), den Stützpunkt der Russen ad absurdum geführt, die Syrer dem Gemetzel zwischen Aufständischen aller Couleur, Assadgetreuen und Al Qaida ausgeliefert … und damit extrem geschwächt (was Netanjahu und Co. genauso extrem nützen dürfte) und die Chance, eine dem Westen verpflichtete/genehme Bande auf den „syrischen Thron“ zu hieven. Was dem syrischen Volk bliebe, wäre das Chaos, eben das, was wir aus Libyen, Tunesien und dem Irak zur Genüge kennen. Schließlich schreien überall, wo die Boben der US-amerikanischen, britischen und französischen Bomben und Marschflugkörper verraucht sind, Verzweiflung und Elend empor. Anschläge en Masse und Völker, die ausbluten. Hunderttausende von Toten generieren gerade Hunderttausende von Befreiern, die gegen Mörder und Kollaborateure zu Felde ziehen. Dieser zweite Feldzug schwächt die Muslime erneut: Aufrechte Patrioten töten Verräter, fanatisierte Sunniten töten Schiiten und umgekehrt, die Hisbollah tötet syrische Aufständische, Israel tötet syrische Soldaten, Assad tötet, was sich ihm in den Weg stellt und Al Qaida mordet sowieso, was an Gegnern vor die Flinte kommt. Im Wirrwarr der Blutströme/im Niedergang einst berechenbarer Regime aber installieren sich bereits tausende, miteinander im Krieg befindliche Warlords, formiert sich ebenso schnell wie unsichtbar der neue, lukrative Zugang zu preiswerten Rohstoffen. Fast überall dürften korrupte Strohmänner der Sieger auf den goldenen Handschlag warten. All das ist vom Westen gewollt und geschieht nahezu lautlos. Wer schon spricht heute von irakischem Öl, wer von … libyschem? Niemand. Doch panta rhei – alles fließt. Fehlt nur noch der neue MUBURUK (den ich 2011 voraussagte) … und der Niedergang all dessen, was der Tahrir-Platz beschwor. 1,3 Milliarden US-Dollar fließen auch jetzt an die ägyptischen Generale – und das zählt irgendwie, selbst wenn uns verlogene Politiker eines besseren belehren wollen. Wie verkommen müssen wir uns als Europäer eigentlich fühlen?

Dr. Ulrich Scharfenorth, Ratingen

www.stoerfall-zukunft.de

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Geschrieben von

Scharfenorth

Bis 1990 fuer die DDR-Stahlindustrie tätig. Danach Journalist/ Autor in Duesseldorf. 2008: "Stoerfall Zukunft"; 2011: "abgebloggt" und Weiteres

https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Scharfenorth

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