Das verfluchte FRACKING

Gas als Waffe Die Problematik des großen Gasgeschäftes - und damit auch des Fracking - ist hoch komplex. Deshalb wird es höchste Zeit, die vorhandene Unwissenheit zu beseitigen.

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Was heute in der Fracking-Diskussion vor allem zu beachten ist:

Es wird viel über die niedrigen Gaspreise in den USA lamentiert, die durch umfangreiches Fracking möglich wurden. Es wird wenig über die Bedingungen gesprochen, die dort herrschen: 1) große, unbewohnte Freiflächen, die in Mondlandschaften verwandelt werden; Grundwasserverseuchung und "brennendes Wasser" in Wohngebieten 2) Fördertiefen um 3.000 m 3) eine Bevölkerung, der, weil es so gut wie keine Bürgerinitiativen gibt, alles Üble übergestülpt werden kann: Genmanipulierte und mit Hormonen verpestete Lebens- und Futtermittel, Chlorhühner, ungesundes Fastfood und … Fracking

Im Aufsuchungsgebiet "Ruhr" (u.a. Kreis Mettmann) liegen die Vorkommen an unkonventionellem Erdgas teilweise in weniger als 1.000 m Tiefe, sprich: in geringem Abstand zu den Grundwasservorkommen. Im Vergleich dazu wird Fracking in den USA in ca. 3.000 m Tiefe und in Niedersachsen in ca. 4.000 m Tiefe betrieben je tiefer, desto ungefährlicher

Die größten Gefahrenpotentiale ergeben sich 1) in der Vermischung giftiger Einsatzstoffe und giftigem Lagerstättenwasser mit dem Grundwasser 2) in Undichtigkeiten entlang des Bohrstranges und ausgehend von den Rissen im Gestein ⇛ Erdgas kann ungehindert an die Oberfläche gelangen und austreten. Die Folge: Umweltbelastung und Gesundheitsgefahren 3) das bei der Gasförderung mit ausgeschleppte Gemisch aus eingesetztem Chemiecocktail und Lagerstättenwasser wird in natürliche, undichte, unterirdische Kavernen verpumpt, die schleichende Zeitbomben darstellen. Denn auch aus ihnen dringt das Gift in die umgebenden Bereiche Technologie und Gefahren http://www.stoerfall-zukunft.de/aktuelles/631-fracking-es-ist-hoechste-wachsamkeit-geboten

• Gas wird in der Politik als Waffe eingesetzt. Gelingt es den Frackingbefürwortern, das Verfahren zu legitimieren, dann sind fallende Gaspreise angesagt, die die laufenden Gaskontrakte mit Russland konterkarieren, sprich: Putin muss mit geringerer Gasabnahme und geringeren Abnahmepreise rechnen, was seine wirtschaftliche Macht untergräbt. Weil ihn das auch politisch schwächt, wird besonders viel Druck fürs Fracking aufgemacht Wer Putin bei den Energieexporten zu packen versteht, hat ihn im Würgegriff http://www.stoerfall-zukunft.de/aktuelles/630-die-hetze-gegen-putin-verstaerkt-den-druck-auf-das-fracking

Die US-Firma Exxon Mobile behauptet, über 20 verschiedene Fracking-Zusatzstoffe (Chemiecocktail) zu verfügen, „von denen keiner offiziell als giftig oder umweltgefährlich gekennzeichnet werden müsse" ("Rheinische Post" vom 4. April; S. A4). Hierbei handelt es sich offensichtlich um eine faustdicke Lüge, denn zum einen hat Exxon die Einsicht in US-Erfahrungsberichte verweigert, zum zweiten wird die Zusammensetzung der Zusätze als streng gehütetes know-how geheim gehalten (schließlich wird nur der König, der sich dem giftfreien Zusatz am meisten nähert!). Folglich weiß niemand, um welche Stoffe es sich handelt, ob es bekannte oder neue, bisher ungetestete und deshalb auch unbewertete (und eben auch giftige) Stoffe sind etc.

Was richten fallende Gaspreise (außer Turbulenzen im russisch-deutschen Gasgeschäft) noch an? 1) Sie machen den für die Energiewende zwingenden Aufbau von Gaskraftwerken noch schwieriger, weil die Refinanzierung einbricht. Diese Stromlieferanten, die bei ausfallender Sonne und ausbleibendem Wind "einspringen" sollen, müssten bereits heute für das Vorhalten von Kapazität vom Staat subventioniert werden. Derzeit denkt niemand daran, was die Energiewende massiv beeinträchtigt. Fallende Gaspreise versprechen im Bereich der Erzeugung billigeren Strom, eine nicht gewollte Konkurrenz zu den alternativen Energien (Verzerrung der Energiewende!), aber auch geringere Renditen für die Erzeuger. Letzteres wiederum würde den Trend zu größeren Produktionsmengen (dann mehr Rendite) befördern, die es aber im Sinne der Energiewende gar nicht geben soll, denn es geht – wie oben bereits gesagt – um das Vorhalten von Kapazitäten für den Mangel-Fall.

• Was hier nicht an letzter Stelle stehen sollte, weil es gleichrangig, also eben so wichtig ist: Die deutsche Industrie – selbst die sog. Energieintensive – ist auf billiges Gas nicht angewiesen. Denn der Wirtschaftsmotor läuft auch so – wie die immer währenden Exportrekorde anschaulich demonstrieren. Wenn Gabriel die "Fracking-Bande" in Schach halten und in Brüssel die geplanten Ausnahmen von der EEG-Umlage für die energieintensive Industrie zumindest teilweise durchsetzen würde, wäre die Kuh gänzlich vom Eis. Wir Deutschen aber könnten unsere Gasreserven für spätere Zeiten bewahren. Zu einem bestimmten Zeitpunkt nämlich wird man sie umweltverträglich erschließen können. Zum anderen ist das un-intelligente Verballern (Verbrennen) von immer knapper werdenden fossilen Energieträgern eine Todsünde. Denn das Fracking-Gas der Zukunft muss natürlich der chemischen Industrie zur Verfügung gestellt werden, damit dort in intelligenzintensiven Produkten eine 10fach höhere Wertschöpfung erreicht wird.

Für die Erteilung der Bohrgenehmigungen in NRW ist allein die Bezirksregierung Arnsberg, eine dem Bund unterstellte Behörde zuständig. Sie benötigt allerdings die Zustimmung der sog. unteren Wasserbehörde (das sind die Kreise und die kreisfreien Städte), die eine Umweltverträglichkeit/die Wahrung des Trinkwasserschutzes attestieren muss. Es wird höchste Zeit, eine bundeseinheitliche Gesetzgebung - ganz speziell zum Fracking - zu schaffen, um ein generelles Verbot in ganz Deutschland umsetzen zu können.

Dr. Ulrich Scharfenorth, Ratingen

www.stoerfall-zukunft.de

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Geschrieben von

Scharfenorth

Bis 1990 fuer die DDR-Stahlindustrie tätig. Danach Journalist/ Autor in Duesseldorf. 2008: "Stoerfall Zukunft"; 2011: "abgebloggt" und Weiteres

https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Scharfenorth

Scharfenorth

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