Deutschland verspielt sein Image

Niemand liebt uns Die deutsche Politik ist dabei, Europa zu spalten und der egoistischen Formel von BIG-Deutschland zu folgen

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Deutschland steckt in einer handfesten Krise. Auf der Beliebtheitsskala der Europäer dürfte es inzwischen den vorletzten oder letzten Rang einnehmen. Da hat triftige Gründe. Die finden sich zunächst im finanzpolitisch-wirtschaftlichen Bereich. Hier spielt Deutschland seit mehr als drei Jahren eine verhängnisvolle Rolle, weil es Menschen – viele davon aus Osteuropa - zu Dumpinglöhnen beschäftigt und dadurch gegenüber den Ländern, die ordentliche Löhne (bei Mindestlöhnen) zahlen, Wettbewerbsvorteile erschlichen hat http://www.stoerfall-zukunft.de/blog/506-agenda-2010-10-jahre-massive-ausbeutung und http://www.spd-europa.de/web/pressemitteilungen-1522.html. Die fußen auf fast gleichbleibenden Lohn-Stück-Kosten, während bei unseren Nachbarn bis zu 25% höhere Steigerungsraten zu verzeichnen sind (http://www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=5015). Unsere europäischen Partner sind folglich immer weniger konkurrenzfähig, verzeichnen eine zunehmende Anzahl von Firmenpleiten und viele Arbeitslose http://www.stoerfall-zukunft.de/buchtipp/349-zehn-mythen-der-krise. An dieser Stelle kommt Hass 1 auf.

Hass 2 hat mit dem Thema "Euro" zu tun. Hier sind es vor allem Angela Merkel und Wolfgang Schäuble, die die Wut schüren - mit ihrem untauglichen Versuchen, die Schuldenprobleme (vor allem der Südländer) allein durch Sparen zu lösen. Mit ihrer Austeritätspolitik, einer Strategie verweigerter Solidarität, tragen beide ganz entscheidend zum Elend vieler Europäer bei http://www.stoerfall-zukunft.de/blog/387-neue-gedanken-zur-eurokrise.

Hass 3 hat mit deutscher Vergangenheit zu tun, damit, dass Massaker aus der Hitlerzeit bis heute nicht aufgearbeitet sind, im Ausland verurteilte Naziverbrecher jahrzehntelang unbehelligt in Deutschland leben konnten, große Mengen von Naziraubgut noch immer in deutschen Museen lagern und derzeit ein heuchlerischer Prozess gegen 51 verhandlungsunfähige, weil scheintote Auschwitz-Wärter angestrengt wird http://www.dw.de/sp%C3%A4te-suche-nach-s%C3%BChne-justiz-ermittelt-gegen-51-kz-w%C3%A4rter-von-auschwitz/a-16728481. Forscher des "United States Holocaust Memorial Museum" haben gerade festgestellt, dass Deutschland im Dritten Reich 42.000 Lager unterhalten hat, in denen Menschen gefoltert, getötet oder für unmenschliche Arbeiten "vorgehalten" wurden http://www.shortnews.de/id/1012843/studie-neue-zahlen-veroeffentlicht-fast-42-000-lager-waehrend-holocaust?utm_source=rss&utm_medium=feed&utm_campaign=wissenschaft. Man habe die Einpeitscher, Folterer und Mörder vor allem deshalb nicht früher aburteilen können, weil es zu viele waren, schlussfolgerte kürzlich ein Freund. Ob er Recht hat?

Hass 4 wächst in unmittelbarer Nachbarschaft. Er speist sich aus den unzähligen NSU-Skandalen. Hier wurden Informationen ausgebremst, dort wurden Akten vernichtet, hier war man auf dem rechten Auge blind, dort entwickelte man Sympathien für die Neo-Nazis. Alle Akteure scheinen in bester Manier verstrickt, unfähig oder unwillig, die Aufklärung voranzutreiben. Jetzt will man sich auf die vorerst letzte Täterin, Beate Zschäpe, stürzen – von der bislang niemand weiß, ob sie getötet hat oder doch nur als V-Frau beim Verfassungsschutz in Lohn und Brot war http://www.taz.de/!113727/. Warten wir’s ab.

Hass 4 richtet sich gegen die selbstgerechte Darstellung deutscher Geschichte in unseren Medien. Vor allem die Polen sind aufgebracht. In dem spektakulär bejubelten Fernsehfilm "Unsere Mütter, unsere Väter" ist ihr Widerstand gegen Nazi-Deutschland auf eine aus Antisemiten bestehende Raudi-Truppe reduziert. Während Deutsche ihre Leidensfähigkeit ausleben. Das Nachrichtenmagazin „Uwazam Rze …“ reagierte umgehend und verpasste Angela Merkel eine KZ-Häftlingsuniform http://www.spiegel.de/kultur/tv/eklat-in-polen-um-unsere-muetter-unsere-vaeter-a-893399.html. Nachdem sie Wochen zuvor in Griechenland noch das Gegenteil auskosten musste: Merkel in SS-Uniform mit Hakenkreuz.

Hass 5 richtet sich gegen die aufkommende Großmannssucht. Deutschland ist wieder wer, und wer das leugnet, ist ein Defätist. Wie formulierte RP-Redakteur Lothar Schröder kürzlich, als es um das neu zu errichtende Berliner Schloss ging? "Das Schloss dokumentiert auch ein neues deutsches Selbstbewusstsein, indem es sich der architektonischen Vergangenheit stellt. Die Retrokultur … führt zu einer täglichen Begegnung mit Geschichte und zugleich zu einer Rückbesinnung auf vergangene Größe. Und wer sich die Computersimulation mit der darauf schon errichteten Residenz anschaut … , ahnt, dass im Zentrum der Hauptstadt ein neues, wuchtiges Kraftzentrum entsteht." (Rheinische Post, 13./14. April). Toll diese Rückbesinnung auf Größe, die sich schnell auf Nazideutschland und unser heutiges Vaterland ausdehnen ließe, wenn es denn dieses blöde Demokratiegedudel nicht gäbe.

Scherz beiseite! Das, was im Zwei-plus-Vier-Vertrag ausdrücklich angestrebt wurde, nämlich die strikte Einbindung Deutschland in Europa, beginnt sich aufzulösen. Nicht etwa dadurch, dass eine neu entstandene Partei den Euro-Verbund aufkündigt http://www.tagesschau.de/inland/afd108.html (der war – zu diesem Zeitpunkt und in falscher Reihenfolge natürlich ein Fehler), sondern vor allem wegen der o. a. irrsinnigen Politik und Verhaltensweisen. All das reicht weit in unser Volk hinein, das dösig trüb und desinteressiert den allfälligen Lügen unserer Zeit auf den Leim geht.

Fazit: Der unbeleckte Dumm-Deutsche darf beherzt in die Klage-Frage der ähnlich konditionierten US-Amerikaner einstimmen: Warum, bitte, liebt man uns nicht?

Dr. Ulrich Scharfenorth, Ratingen

www.stoerfall-zukunft.de

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Geschrieben von

Scharfenorth

Bis 1990 fuer die DDR-Stahlindustrie tätig. Danach Journalist/ Autor in Duesseldorf. 2008: "Stoerfall Zukunft"; 2011: "abgebloggt" und Weiteres

https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Scharfenorth

Scharfenorth

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