Als ich heute die "Rheinische Post" in die Hand nahm, schlug mir der Kommentar von Antje Höning wie ein Hammer ins Gesicht. Diese Frau entblödete sich nicht, die Vergabe des Wirtschaftsnobelpreises an Elinor Ostrom als vertane Chance zu deuten. Wie dumm muss man sein, diesen Preis vor allem für Leute zu verlangen, die "daran arbeiteten, Finanz- und Wirtschaftkrisen zu verhindern" ? Als ob Einzelpersonen auch nur wüssten, was da zu tun wäre, geschweige denn, brauchbare Rezepte vermitteln und durchsetzenkönnten. Wer die "Innereien" des Kapitalismus kennt, weiß schließlich, dass allein Gier und Machtgeilheit- beides schier unauslöschbare Eigenschaften von Menschen – zu den immer wiederkehrenden Verwerfungen führen. Hier gegenzusteuern, ist verdienstvoll, aber – ausgehend von den in der Welt herrschenden Machtverhältnissen – kaum denkbar. Allenfalls fundamentale Krisen vermögen hier etwas auszurichten – vermutlich aber auch nur zeitweise. Es sei denn, der Planet wäre in seiner Substanz bedroht.
Dass Elinor Ostrom gewürdigt wurde, ist ein Zeichen dafür, dass Leute im Nobelpreis-Komitee weiter denken als das im Meanstream gemeinhin zu erwarten ist. Die Bürgerrechtsbewegung Attac hat dazu einiges ausgeführt (Rundmail vom13. Oktober 2009). Dem ist meines Erachtens nichts hinzuzufügen:
"Elinor Ostrom hat in ihrem wissenschaftlichen Werk den Nachweis erbracht,
dass Gemeinschaftsbesitz sehr gut und nachhaltig bewirtschaftet werden kann.
Voraussetzung ist die gemeinsame demokratische Kontrolle über das
öffentliche Gut. Die sogenannte 'Tragik der Allmende' wurde als
neoliberale Legende widerlegt.
Die Übernutzung unserer Erde erfolgt durch von jeglicher demokratischer
Kontrolle losgelösten Privatkonzerne. Aber auch Staatswirtschaft
ruiniert die Umwelt, wenn es ihr gelingt, Demokratie und Mitsprache zu
unterdrücken oder zu umgehen. Der von Attac mitgegründeten Initiative
'PPP-Irrweg' wird seit Jahren als sogenannter "Dritter Weg" empfohlen,
um Schulen, Krankenhäuser und Gefängnisse privatisiert zu errichten und
zu betreiben. Dabei verdienen Bauindustrie, Wirtschaftsberater und speziali-
sierte Anwaltskanzleien Milliarden. Verkauft wird PPP (Public Private
Partnership) damit, dass dieses sogenannte "Finanzierungsinstrument" die
Vorteile von Staat und Privat vereinen würde. Dazu Carl Waßmuth (PPP-Irrweg):
'Eine dreistere Behauptung ist kaum denkbar: PPP-Projekte vereinen die
Nachteile von Staat und Privat. Risiken trägt die öffentliche Hand, Gewinne
gehen an die Privaten. Die Befürworter von PPP werben zudem mit dem
Begriff Nachhaltigkeit. Es werden aber weder die Umwelt noch Steuergelder
geschont, ganz im Gegenteil!'
Wie Elinor Ostrom eindrucksvoll belegt, bedarf der umweltschonende
dritte Weg der ständigen Regel bewehrten demokratischen Kontrolle durch
die Nutzer. Bei PPP werden hingegen Geheimverträge abgeschlossen, die
über 25, 30, manchmal sogar 40 Jahre laufen. Nutzer und Bürger werden
von jeder Mitsprache dauerhaft ausgeschlossen. Schon bei der
Projektplanung von PPP bekommen die Parlamente nur Zusammenfassungen
oder Auszüge der immer mehrtausendseitigen Verträge vorgelegt. Kein
PPP-Projekt hat bisher das Ende seiner Laufzeit erlebt, zahlreiche
wurden jedoch schon nach wenigen Jahren als gescheitert bezeichnet und
teilweise abgebrochen.
Sowohl die Theorie von Public Privat Partnership (PPP) als auch die
zahlreichen desaströsen Erfahrungen mit laufenden PPP-Projekten zeigen
überdeutlich: PPP ist ein Wahnsinn mit gravierenden Folgen für Umwelt
und öffentliche Kassen. Dennoch wird PPP weiter von CDU, FDP, SPD und
teilweise auch von den Grünen propagiert. Auf Bundesebene werden weiter
PPP-freundliche Gesetze vorbereitet, auf kommunaler Ebene wird
durchschnittlich jede Woche eine weitere Schule oder ein weiteres
Krankenhaus per PPP-Geheimvertrag den Bürgern entzogen. Die Initiative
PPP-Irrweg fordert ein sofortiges Moratorium für alle PPP-Projekte und
den Stopp der PPP fördernden Gesetzgebung."
Dieser Bogen ließe sich durchaus noch weiter spannen: Auch das Wasser,
Energieträger, Verkehrssysteme (Stichwort: Bundesbahn), Gesundheitsver-
sorgung, Pflegeund die Gesundheitsversorgung könnten, ja müssten als
Gemeinschaftsbesitz verstanden werden – wenn es die Mehrheit der
Bevölkerungso wollte. Der allerdings wird – völlig zu Unrecht -
vorgegaukelt, dass Privatisierung auch in diesen Bereichen ein Allheilmittel
darstelle. Nicht auszudenken, dass eines Tages auch Sonne, Wind und Regen
der Privatisierung anheimfallen könnten – dann nämlich, wenn Wissenschaft
und Forschung Mechanismen für die Wetterbeeinflussung auf den Tisch knallen.
Daran gearbeitet wird mit Sicherheit.
Ulrich Scharfenorth, Ratingen
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