Ganz im Gegensatz zu denen, die alle Leute herumlaufen lassen wollen, wie die wollen, bin ich (als Pantheist) strikt gegen das bewusste Herausstellen religiöser Zeichen. Im öffentlichen Raum wäre es dem Miteinander der Menschen mehr als zuträglich, darauf zu verzichten. Religion ist Opium fürs Volk, menschengemacht und interessengesteuert. Hier wird Herrschaft befestigt. Und wo die Opiate missionarisch und brutal aufeinandertreffen, ist für mich Schluss mit lustig. Die 2015 erlebte Aufstockung des Religiösen, die daraufhin intensivierten „Religionskriege“ zwischen Muslimen und Nazis, zwischen Muslimen und bedürftigen Deutschen, zwischen Muslimen und Juden, zwischen Nazis und Juden, aber auch die Feststellung/Aufforderung „Berlin trägt Kippa“ sind mir ein Graus. Toleranz übe ich mit Freude im Klima der Zurückhaltung. Wenn schon Religion, dann in kirchlichen Gebäuden oder zu Hause. Wer die Affinität zu Gott (welchem auch immer) zur Schau tragen muss, suggeriert den Fundamentalisten – einen Menschen, der mir doppelt verdächtig ist. Und er provoziert Gewalt – eine Gewalt der intoleranten Gläubigen anderer Provenienz und der Nazis. Genau das muss verhindert werden. Unsere Gesellschaft, geschweige denn die GesamtWelt, sind nicht reif für die große Akzeptanz. Ich für meinen Teil würde das Tragen religiöser Symbole (und zwar aller!) in der Öffentlichkeit – wenn nicht verbieten, so doch maßgeblich einschränken. Zuvor aber an die Betroffenen appellieren, sich selbst zu beschränken. Kardinal Marx, den ich sonst eher nicht zitiere, schlägt auch in diese Kerbe - wenn er Ministerpräsident Söder, der bayrische Behördengebäude mit Kreuzen vollpflastern will, in die Schranken weist. Die Demonstration - so Marx' Kommentar - spalte Deutschland, schaffe Unruhe und ein Gegeneinander http://www.rp-online.de/politik/deutschland/kreuz-in-behoerden-kardinal-marx-wirft-markus-soeder-spaltung-vor-aid-1.7547645. Wie wahr!
Was die Kippa angeht, so finde ich den ersten Kommentar in der ZEIT vom 26. April überaus zielführend:
„Ich finde diese Aktion typisch deutsch übertrieben moralisch. Jetzt sind wir alle Juden, auch wenn man Atheist ist? Ich setze mir keine Kippa auf, ich schreite ein, wenn ich Antisemitismus oder Rassismus mitbekomme. Das bringt einiges mehr.“ https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-04/judenfeindlichkeit-kippa-tragen-aktion-staedte-protest-antisemitismus-fs
Dr. Ulrich Scharfenorth, Ratingen
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