Was soll das, Ströbele?

Naivität pur Welch populistischer Aufklärungs-Wahn hat hier Pate gestanden. Und wer darf sich anmaßen, Snowden so in Gefahr zu bringen. Freies Geleit - dass ich nicht lache!

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Ein Knaller ist das zweifellos, ein Knaller für die Medien: Der Grünen-Politiker Ströbele trifft, gemeinsam mit zwei deutschen Journalisten, Edward Snowden. Der wiederum erklärt, weiter an der Aufklärung der NSA-Spionage-Aktivitäten mitwirken zu wollen, gibt sich dabei gleichermaßen entspannt wie auskunftsfreudig. Sagt aber nichts Konkretes – weil er Putin ja versprechen musste, keine weiteren Geheimnisse zu lüften. Wir erinnern uns: Schon die Linke hat mehrfach gefordert, Snowden nach Deutschland einzuladen, auf dass er hier mit freiem Geleit aussage. Der Mann, dem wir alle viel zu verdanken haben, kommt jetzt - und gerade mit der jüngsten Aktion - in eine immer fragwürdigere, gefährlichere Situation. Immerhin wird ihm suggeriert, dass er irgendwo – am besten in Deutschland oder aber in Moskau – gefahrlos weiter auspacken könnte. Wenn die Randbedingungen (welche denn wohl?) stimmten. Glaubt Snowden selbst an diese Strategie und verlässt er die sichere russische Asylsituation, dann gerät er in akute Lebensgefahr. Denn der Bundesrepublik liegt längst ein Auslieferungsersuchen der USA vor, und Putin wird einen Teufel tun, die Lage weiter eskalieren zu lassen. Warum auch sollte er deutschen Aufklärungseiferern mitten in Moskau eine Verhörstation genehmigen – wo er doch weiß, wie Obama schäumt und dass er den Ball tief halten muss. Und warum sollten gerade die Deutschen, die Putin permanent beschimpfen, bei Putin um Zustimmung ersuchen? Nein, das Ganze scheint mir eine populistische Luftnummer zu sein, mit der bestimmte Leute punkten, andere Auflagen und Quoten steigern wollen. Ströbele ist sicher um das Wohl der angeschlagenen Grünen bemüht. Das ehrt und blamiert ihn zugleich. Anders kann ich wirklich nicht ordnen, was heute ablief. Davon auszugehen, dass vielleicht auch noch NSA-Chef Alexander nach Deutschland käme, um Auskunft zu erteilen, setzt der absurd anmutenden Naivität vollends die Krone auf. Gewiss: Ein Teil der Deutschen möchte Snowden danken und unterstützen. Das ist verständlich. Doch der andere Teil verdammt ihn mit gleicher Inbrunst. Die abgefahrene Show muss die Unterstützer ob der angedachten Modalitäten entsetzen, den Gegnern aber treibt sie erneut die Wut ins Gesicht. Beides schadet der Sache. Wollte man von Snowden mehr erfahren, dann sollten entsprechende Aktionen diskret ablaufen. Der Traum vom tribunalähnlichen Ablauf des Aufklärungsdramas dürfte schon im Ansatz zerplatzen. Denn weder wird Angela Merkel eine öffentliche Untersuchung in Deutschland, noch Putin das Entsprechende in Russland gestatten. Man fragt sich wirklich, wo die Ströbele und Co. leben.

Dr. Ulrich Scharfenorth, Ratingen

www.stoerfall-zukunft.de

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Geschrieben von

Scharfenorth

Bis 1990 fuer die DDR-Stahlindustrie tätig. Danach Journalist/ Autor in Duesseldorf. 2008: "Stoerfall Zukunft"; 2011: "abgebloggt" und Weiteres

https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Scharfenorth

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