http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/1/1c/Guttenberg-800.jpg/300px-Guttenberg-800.jpg
Der König ist tot, es lebe der König!
Tatsächlich?
Herr zu Guttenberg ist als Verteidigungsminister zurückgetreten.
Er habe "immer gekämpft", aber nun die "Grenze seiner Kräfte erreicht", wie er heute vor der Presse sagte.
Das ist die letzte selbstgefällige Rechtfertigung in einer langen Reihe von Vorwärtsverteidigungen.
Nur: Guttenberg hat mit seiner Doktorarbeit nicht geschummelt, sondern allen Indizien nach betrogen.
Oder wie der Kabarettist Helmut Schleich heute meint: "Früher hat der Adel Universitäten gegründet, heute werden sie von ihm beschissen." (auf BR3 v. 01.03.2011)
Politiker treten nicht oft zurück, aber sie kehren oft zurück.
Das haben trotz schwerwiegender Rücktritsgründe unter anderem Franz-Josef Strauß (Spiegel-Affäre), Wolfgang Schäuble (CDU-Parteispendenaffäre) oder Cem Özdemir (Bonusmeilen-Affäre) gezeigt.
Die alte Boxerdevise They never come back gilt im Politgeschäft nur bedingt.
Kommt Karl-Theodor zu Guttenberg politisch zurück?
Antwort: Nein.
Warum nicht, werden sich viele fragen, immerhin haben auch andere Fehler gemacht und sind zurück gekommen. Nicht zu reden von der Mehrheit der Deutschen, die meinen Guttenberg hätte gar nicht zurück treten dürfen.
Es gibt politische Gründe, die einen Rücktritt unausweichlich machen: Die Rechtsbeugung im Fall von Strauß, Verstoß gegen das Parteispendengesetz bei Schäuble, Vorteilsnahme bei Özdemir. Joschka Fischer kam massiv unter Beschuss, weil er als junger Aktivist Steine warf und einen Polizisten getreten haben soll.
Diese Verfehlungen haben eines gemeinsam: Es sind "juristische" Verfehlungen, "einmalige" Fehltritte. Wäre Fischer notorisch gewalttätig gewesen oder hätte Schäuble permanent Parteispenden verschleiert, dann läge der Fall anders. Dann wären auch sie dauerhaft und vermutlich irreparabel beschädigt gewesen.
Beim ehemaligen Doktor zu Guttenberg ist die nicht bewiesene aber mehr als nahe liegende Illegalität seiner Dissertation nur Nebensache. Es geht gerade nicht um einen einmaligen Fehltritt, nach dem er eine "zweite Chance" erhalten könnte.
Das Wesentliche am ganzen Vorgang ist der zugrundeliegende Charakter des Freiherrn zu Guttenberg, so wie er in der aktuell vorgelegten Biografie von Eckart Lohse und Markus Wehner aufgezeigt wird.
Die beiden Autoren legen den Grundzug Guttenbergs ebenso plausibel wie schonungslos offen: Er ist ein Blender, ein Aufschneider und Opportunist, dem von klein auf beigebracht wurde, wie er das Publikum zu seinen Gunsten beeinflussen kann. Inhalte hin oder her.
Daher werden aus seinen trivialen Praktika in Frankfurt und New York sogleich "berufliche Stationen".
Deswegen wird aus einem Praktika bei einer Zeitung sogleich der Status eines "freien Journalisten".
Deswegen wird aus einem 18-jährigen Jung-Adeligen gleich einer, der eine Firmenfusion "begleiten durfte", obwohl er nur zusah.
Das alles unterscheidet sich wesentlich von den Verfehlungen eines Strauß, Özedemir oder Fischer.
Zu Guttenberg ist ein maßloser Aufschneider. Das durchzieht alle Lebensbereiche, und die falsche Doktorarbeit ist nur ein Aspekt davon.
Was aber darf man noch glauben von einem, der immer aufschneidet, der Blei immer als Gold verkaufen will? Antwort: Nichts.
Diese Erkenntnis wird ein wenig Zeit brauchen, um sich breit zu machen, aber sie wird sich durchsetzen.
Diese Einsicht wird ein überaus schales Gefühl beim Publikum hinterlassen, das zuvor so sehr zu ihm aufgesehen hat.
Was gibt es Schlimmeres als eine Liebe, die nicht bloß enttäuscht wurde, sondern von der man einsehen muss, einem Heiratsschwindler aufgesessen zu sein? Denn es ging bei Guttenberg nie um seine Arbeit - so auffallend oft und hochtrabend er das auch betonte - sondern es ging immer nur um den Glanz seiner Person. Dafür gibt es einen Begriff: Narzissmus.
Das wird auf ihn zurückfallen. Das wird an ihm haften bleiben, weil es zu ihm gehört. Daran würde er im Fall eines politischen Comebacks immer wieder scheitern.
Am Ende wird nur eins vom Herrn zu Guttenberg bleiben:
Der Lügenbaron.
Seine politische Karriere ist zu Ende. Endgültig.
-- Schlesinger
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Kommentare 21
Danke. Fabelhaft geschrieben. Konservativ-Liberal suchte nach der eierlegenden Wollmilchsau und musst erkennen, dass sie nur ein Trugbild ist. Auch Gutti kochte nur mit Wasser und bei der Dr.-Arbeit hatten sogar Andere für das wasser bezahlt.
Tja, die Doktorarbeit war nicht von schlechten Eltern, aber von Adel!
Da haben Sie sehr schön und plausibel beschrieben, dass Guttenberg als Minister oder gar Kanzler eine echte Gefahr darstellen würde.
Der hastige Umbau der Bundeswehr zu einer schnellen Einsatztruppe - nach seinen Vorstellungen – die er bisher noch nicht gegenüber der Öffentlichkeit und den Abgeordneten begründete, ließ erkennen, dass da nichts Gutes zu erwarten war. Er gab sich auch stets als überzeugter Kriegsminister.
Ich hoffe, Sie haben Recht, wenn Sie eine Rückkehr Guttenbergs in die Politik ausschließen. Es gibt leider immer noch zu viele, die Guttenberg voller Überzeugung aber vollkommen unbegründet für einen guten Politiker halten.
In einem Blog habe mal versucht die Essenz/Botschaft seinerRücktrittsrede herauszufiltern.
Er sagt sinngemäß: Die Medien hätten Schuld, sie würden ihn bekämpfen, er wäre perfekt, die Bürger würden mehrheitlich nicht wollen, dass er zurücktritt. Aber er kann nicht mehr...
Es machte den Eindruck, als würde er sich als Lichtgestalt im Spiel halten wollen.
Der Umbau der Bundeswehr zu einer schnellen Einsatztruppe ist nicht die Idee von Guttenberg, sondern seit mindestens 10 Jahren Allgemeingut unserer Volksparteien (und auch der Zahnärzte-/Apothekerpartei). Fast alle vorliegenden Vorschläge zum Umbau der Bundeswehr hat bereits die Weizsäcker-Kommission gemacht. Das Einzige, was jetzt 'neu' ist, ist der betriebswirtschaftliche 'touch', nämlich 'prozeßorientierter' Umbau. Was im Endeffekt bedeutet: Wir wollen kostenoptimiert killen !
Sicher, Verkleinerung und Flexibilisierung stehen schon länger auf der Agenda, aber die Ausgestaltung und strategische Zielsetzung sollte (und das wollte G. auch ausdrücklich) von ihm kommen. Nur ist er damit noch nicht rausgerückt. Selbst das Kanzleramt mahnte an: „Demnach vermisst das Kanzleramt in dem Konzept eine "als zwingend erachtete sicherheitspolitische Herleitung". Außerdem fehlten Aussagen darüber, welche strategischen Zielsetzungen ("level of ambition") die neue Bundeswehr erfüllen solle. Quelle
Auch von Bundeswehrvertretern hörte man immer wieder, das solle Guttenbergs Reform werden – daher auch deren Skepsis.
Die Offenlegung seiner strategischen Zielsetzungen wären wahrscheinlich ziemlich schockierend geworden.
"Es wird sich mancher wundern, was am Ende tatsächlich umgesetzt wird" so Guttenberg
„Eine Gefährdungsanalyse sei nicht erfolgt, kritisiert der frühere Brigadegeneral Peter Kniehase am Montag in einem Leserbrief an die Frankfurter Allgemeinen Zeitung. "Sonst hätte man die neuen Streitkräfte nach allem, was man heute erkennen kann, nicht so überwiegend auf einen Einsatz als Expeditionskorps in fernen Ländern ausrichten dürfen.“ Quelle
http://img41.imageshack.us/img41/1808/ktfb.jpg
Wir werden das beobachten, Herr Minister a.D.
www.freitag.de/community/blogs/gsfrb/neue-vorwuerfe---getoeteter-soldat-guttenberg-belog--bundestag
Im Übrigen: Jetzt könnte er doch endlich zugeben wer für ihn die Diss zusammenkopiert hat, oder?
Nur eine kleine Anmerkung. Diese alte Boxerdevise "They never come back" , wie sie es hier so locker einflechten, gilt nicht in der Politik nur bedingt, sondern hat bereits 1960 ihre Gültigkeit verloren.
Floyd Patterson durchbrach sie. Damaliger Gegner Ingemar Johansson.
Ob der Hochstapler noch einmal in die Politik zurückkehren kann, wird sich dann entscheiden, wenn alles und alle Umstände aufgeklärt sind. Das kann dauern.
Verwunderlich für ist allerdings, dass jetzt bereits wieder von einem Comeback gefaselt wird.
Ob auch hier die alte "Weisheit" greift "Ist der Ruf erst ruiniert, dann lebt............" sollte wir abwarten.
Übrigens, jeder, aber jeder hinterläßt eine Lücke, die sich von selbst schließt.
@sachichma ad 02.03.2011 um 02:50
Hast Du überprüft, ob das von seinem eigenen Account aus geschrieben wurde?
Erst mal wird er Papst Gutti I.
Als Messias
wird er dann im Strahlekranz vom Guttenberg hinabsteigen! Ach was: Hinabschweben wird er auf Wolken.
Der Schummel-Heiland vom Hofgut. Und die willfährigen Journalisten werden ihn gebenedeien. Hosianna!
Sarrazin schenkt den Messwein aus.
So stehts schon in der Guttenberg-Bibel.
"Daran würde er im Fall eines politischen Comebacks immer wieder scheitern." - Ich bin ja auch eher skeptisch, was ein von vielen prognostiziertes Comeback angeht, ganz einfach, weil die Figur verbrannt ist, nicht mehr brauchbar. Das Problem ist, darauf haben hier an anderer Stelle schon Kommentatoren hingewiesen, dass es auf die konkrete Person gar nicht ankommt. Es braucht mehr Aufruhr gegen Politik, weniger gegen Personen.
Lieber Herr Schlesinger,
Das Comeback des Narziss ist aber der heimliche Wunschtraum aller, die schillernde Personen als Leitfiguren in der Politik unbedingt brauchen. Die haben sonst ganz miese Vorstellungen von "den" Politikern und auch wenig Möglichkeiten oder Fähigkeiten, Politik stark mit Sachfragen zu verknüpfen, weil das ihnen viel zu wenig identitätsstiftend ist.
Mindestens zwei Seiten brauchen die Politiker mit dem Geschmäckle:
Ein Teil der Presse (BILD z.B.), die derzeit noch einmal vergeblich versuchte, das Programm der Casting-Shows, des TV-Dauertalks, des Showbiz, des BILD-Kolumnistmus und des werbeindustrienahen Marketings, ganz weit ins Feld der Politik auszudehnen. Denn mittlerweile, das haben die Statements der letzten Tage erbracht, glauben auch viele, meist konservative Politiker, sogar die Staatsführung (Fischer und Schröder sind aber die eigentlichen Prototypen, das wird häufig vergessen) selbst, genau daran. Sie haben also die "Erfolgsmodelle" und seien sie nur auf Zeit, direkt vor Augen.
Unsere Kanzlerin glaubt sogar ganz fest daran, dass mit Friede Springer, Liz Mohn, Hubert Burda und ein wenig Glamour, die "Weltherrschaft" (;-)) ) errungen werden kann.
Andererseits braucht es eine nicht unerhebliche Zahl von willigen Fans im öffentlichen Publikum. Ein Fan kennt keine Sachverhalte die das Bild seines Stars ernsthaft trüben. Wirkliche Fans haben keine kritische Haltung zum Gegenstand, allenfalls erleben sie eine Art Enttäuschung, wenn der Star nicht geschickt genug auftritt, gegen die bösen und feindlichen Mächte.
Fast wäre die Operation "von G." ja gelungen, hätte nicht Frau Merkel, mit ihrem Satz von den "wissenschaftlichen Mitarbeitern", ganz ungeschickt eine Lawine der Entrüstung ins Rollen gebracht. Der Verteidigungsminister hatte bis zuletzt ganz viele Fans in jenen Kreisen, die die Kanzlerin nun so vergraulte.
Der öffentliche Narziss entlarvt nicht nur sich, in der ewigen Selbstbespiegelung, in seiner Klage um den unausweichlichen Untergang, der Trauer um seine schnelle mediale Alterung in der plötzlich bösen Öffentlichkeit, -Er glaubt ja, diese Fatalität sei hauptsächlich den Mächten neben ihm am Spiegel-Tümpel geschuldet, weil die plötztlich Steine ins fluide Oberflächenbild fallen lassen und ihn damit so schrecklich verzerren.- , sondern sein Scheinbild ist auch Wunsch und Traum einer selbstunsicheren Gesellschaft, die sich starke Idole herbei sehnt. - Wohlgemerkt, Idole mit Macht, nicht nur solche auf der Bühne und in der Unterhaltungsbranche.
Sie sind zwar mutig, was die Prognose angeht, er komme unbedingt nicht wieder, -fünf Kreuze panaschiert, für jeden Gegenkandidaten wünsch´ ich mir-, aber ganz glauben kann ich die Entwarnung noch nicht. Von Guttenberg befriedigte diese Sucht im Publikum, gerade in Bayern, die nicht leicht abzustellen ist und sprächen auch noch so viele Tatsachen gegen ihn.
Kurt Kister schrieb dazu in der SZ:
www.sueddeutsche.de/politik/guttenberg-ruecktritt-die-grenzen-der-celebrity-1.1066572
Hoffentlich behalten Sie Recht mit ihrer Einschätzung!
Liebe Grüße
Christoph Leusch
Das, lieber Schlesinger, wäre ja eigentlich zu schön. Ich glaube, fürchte, es kommt anders.
In ein bis zwei Jahren kommt die Autobiographie, in der Zeit bis dahin hält er sich in Bayern zurück, ist aber immer dabei. Bei Landtagswahlen in B. wird er erst in zweiter, dann in erster Reihe für ein gutes Ergebnis sorgen und in 10 Jahren, politisch gereift (bis zur Gärung), die Kanzlerkandidatur in Angriff nehmen. Er ist dann noch keine 50.
Sie wissen ja, es gibt immer mehr ältere Menschen und die bekommen oft eine Demenz.
Guttenbergs Problem scheint mir erheblich größer als die seiner CSU-Ahnen Friedrich Zimmermann (Meineid, in zweiter Instanz wegen durch „Unterzuckerung“ bedingter verminderter geistiger Zurechnungsfähigkeit freigesprochen, später Bundesinnenminister) oder Wiesheu (alkoholbedingter motorisierter Totschläger, später Verkehrsminister in Bayern). Die konnten sich mit einmaligen Black Outs rausreden, nach dem Motto: das kann doch jedem Mal passieren; wohl nicht zufällig eine der Verteidigungsstrategien der Guttenberg PR-Gruppen in den Medien. Nur funktioniert das beim Lügenbaron nicht. 6-7 Jahre geistige Umnachtung – da muss man schon sehr guttgläubig sein, um den Unsinn zu glauben. Und dafür findet man nicht mal in Bayern einen medizinischen Sachverständigen. Bleiben also 6-7 Jahre vorsätzlicher Betrug. Aber den streitet er ab, und den wird er vermutlich auch niemals zugeben.
Ich hoffe, dass er eine seiner zahlreichen Qualifikationen anderweitig verwerten kann (z.B. Dressman, Promotionsberater, Fremdenführer in Afghanistan etc) und der Politik zukünftig erspart bleibt!
@ C. Leusch
Sehr schöner Kommentar, dem ich prinzipiell zustimme, selbst wenn er meiner mutigen Prognose etwas von der Plausibilität nimmt.
Mit Ihrem "Ein Fan kennt keine Sachverhalte die das Bild seines Stars ernsthaft trüben. Wirkliche Fans haben keine kritische Haltung zum Gegenstand" haben Sie einen wichtigen Punkt benannt, der als relativ neues Phänomen eine nicht zu unterschätzende Rolle im Politgeschäft spielt.
Auf die Schnelle würde ich sagen, dass einerseits das Potenzial für Informiertheit stark gewachsen ist (mehr Quellen, schnellere Informationserzeugung und -bereitstellung, schnellerer Zugang zur Information, schnellere Kommunikation -> siehe Guttenplag) und sich damit günstig auswirken sollte im Hinblick auf eine aufgeklärtere Politikwahrnehmung.
Andererseits setzt das die Befähigung zur "angemessenen" Informationsverwertung voraus. Das stellen Sie mit Ihrem Hinweis zurecht in Frage.
Wäre das ganze ein Mensch, wäre er etwas unproportioniert: großer Denkerkopf, aber auch gewaltiger (Bier-)Bauch. Was setzt sich durch?
Meine Antwort ist optimistisch für den Fall KTzG (ja, man will Fan für den Politsuperstar sein, aber vielleicht doch nicht Fan einer Art Trickbetrüger), ansonsten tendiere ich zu Ihrer Einschätzung.
@merdeister: Ich hoffe Sie irren sich ;-)
No comment. Alles ist gesagt. DANKE!
Schön erkannt.
Falls Interesse besteht,kannst du dir einen Kommentar von mir zu Gemüte führen.
Unter dem Titel Frontbesuch des Thronfolgers von Lutz Herden am 17.12.10 habe ich meine Meinung dazu abgegeben.
KTG scheint in "guter" Gesellschaft
...und der Strom zum Kochen der Dr.-Arbeit war auch beim Nachbarn angezapft.
Er ist aber zurüchgetreten und ich will nicht nachtreten, weil man das nicht macht.
Es gibt so viele Kampffelder für irgendwie links.
Greifen wir doch einfach an und sind froh, dass Bild noch nicht alles in diesem Land bestimmt. ;)