Die Araber in Leon Uris EXODUS

Rassenhass-Schnulz Mit seinem Weltbestseller "Exodus" gelang Leon Uris ein Lehrbuch, in dem er zeigte, wie man Rassismus perfekt zu eigenen Propagandazwecken platziert.

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Leon Uris´ Roman “Exodus” von 1958 erzählt von der Gründungsgeschichte Israels. Das Buch wurde weltweit über 50 Millionen mal verkauft und mit Paul Newman in der Hauptrolle verfilmt.

Die Geschichte: tapfere, idealistische, fleissige jüdische Zionisten bauen in Palästina ihren Staat auf. Gegen die Briten, die als Mandatsmacht im Land sind, und gegen die Araber, die bis dahin die große Mehrheit im Land waren.

Selten hat ein Roman so nachhaltig die öffentliche Wahrnehmung eines politisch-historischen Vorgangs geprägt wie “Exodus”.

Rassismus in Reinform

Der Roman war nicht nur ein enormer ökonomischer Erfolg.

Er war und ist auch die Erfolgsgeschichte, wie man Lesern haarsträubenden Rassismus leicht verdaulich verkaufen kann: Man erschafft die Figuren “seiner” Seite als sympathische, arbeitsame, fürsorgliche, liebende und humorvolle Menschen. Damit identifiziert sich der Leser. Dann kann man diese sympathischen Menschen die widerwärtigsten Dinge über “die anderen” sagen lassen, ohne jemanden zu irritieren.

Die deutsche Taschenbuchausgabe von Exodus* beginnt mit einem Bibel-Zitat (Mose 5. Buch 3,20). Mose, der bereits das Land westlich des Jordans eingenommen hat, spricht zu seinen Israeliten

Bis Gott auch euren Brüdern Ruhe gibt, wie Er sie Euch gab; und auch sie das Land in Besitz nehmen, das Gott ihnen gibt jenseits des Jordans; dann sollt ihr wiederkehren zu eurem Besitztum, das ich euch gegeben habe.

Dieses Motto zu Beginn des Buchs werden viele Leser als biblische Folklore aufnehmen. In Wahrheit ist es brisante, aktuelle Nahostpolitik. Jedes Jahr leben mehr jüdische Siedler in “Judäa und Samaria“, also dem oben angeführten Land Mose, dem heutigen arabischen Westjordanland, das nach dem Willen der Oslo-Verträge Teil eines künftigen palästinensischen Staates sein soll.

Die Rede Mose und der Auftrag an Josua bezieht sich allerdings auf das Land “jenseits des Jordans”. Der Herr verweigert Moses Wunsch, selbst in “das gute Land jenseits des Jordans” zu ziehen, doch gebietet er den Israeliten unter Moses Heerführer Josua “über den Jordan [zu] ziehen vor dem Volk her, und [er] soll ihnen das Land austeilen”. Das Land, von dem hier die Rede ist, gehört zum heutigen Jordanien.

Leon Uris hat diese Bibelstelle kaum zufällig gewählt. Entweder wollte Uris das Maximal-Programm der Zionisten beschreiben, oder er formulierte seine eigenen Wunschvorstellungen. Vielleicht beides.

In “Exodus” fangen die Nachkommen der Israeliten gewissermaßen bei Mose an: Sie müssen sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts erst das Land diesseits des Jordans aneignen. Dort leben noch die Araber.

“Araber sind Betrüger, Verräter und Mörder”

Leon Uris gibt dem Leser folgenden Rückblick über das ruhmlose Ende der arabischen Kultur, die den Todesstreich offenbach durch die türkischen Ottomanen erhalten hatte:

Die Araber hatten ihre Kräfte in endlosen Kämpfen erschöpft, [...].

So waren sie nicht mehr fähig, den letzten vernichtenden Schlag abzuwehren, den diesmal die eigenen Glaubensgenossen gegen sie führten. [...]

Die arabische Welt [...] versank im Dreck [...] überall herrschten Unwissenheit und Armut.

In dieser Welt waren Betrug, Verrat, Mord und Blutrache an der Tagesordnung.

In diese Welt geraten nun

die Juden, die jetzt in das Gelobte Land kamen [...]

Sie gehörten einer neuen Generation an [...]

Es waren junge Leute, geschult im Geist des Zionismus, voller Idealismus und fest entschlossen, das Land zu erschliessen und zu gewinnen.

Yossi, einer der Protagonisten im Roman, der “besser als irgend ein anderer [...] so viel Erfahrung im Umgang mit Türken und Arabern hat” wird als Realist dargestellt, der “die Araber” kennt.

Im Gegensatz zu seinem Bruder Jakob, der als naiver Träumer dargestellt wird, glaub Yossi nicht an ein friedliches Nebeneinander von Juden und Arabern. Yossi ist trotzdem “fasziniert” von den Arabern.

Autor Uris schildert Yossi als jemanden, der das Gute im Menschen durchaus zu würdigen weiß, auch das Gute im Araber, denn Yossi

war stets von neuem beeindruckt von ihrer nicht zu überbietenden Gastfreundschaft

Aber was hilft diese Gastfreundschaft, scheinen Leon Uris und mit ihm sein Yossi sagen zu wollen, denn außerhalb ihrer eigenen vier Wände sind die Araber doch anders. Yossi beobachtet sie auf dem Markt in Jaffa. Dort erkannte er ihre “skrupellosen Methoden” und kommt zum Schluss:

Habgier und Genußsucht, Haß und Schläue, Hinterlist und Gewalt, Freundlichkeit und Wärme – sie alle waren Bestandteile des fanatischen Gemischs, das den arabischen Charakter für den Außenseiter zu einem erstaunlichen Rätsel machte.

Volksverhetzung im Stürmer-Stil

Millionen Leser haben sich offenkundig einlullen lassen von all den schönen Herz-Schmerz-Geschichten in Exodus, und diese abstossenden Verunglimpfungen hingenommen, die der Form nach aus dem nationalsozialistischen Schmierblatt “Der Stürmer” stammen könnten.

Hatte “Exodus” in Deutschland auch deshalb ab seinem Erscheinen so großen Erfolg? War man noch an diesen Jargon, an diese verführerische Mischung von “Wir Guten in der heilen Welt gegen die halsabschneiderischen Untermenschen” gewohnt?

Auf Amazon hat das Buch fast nur Bestnoten…

Unglaublich …aber dennoch wahr. Die Geschichte Israels. Ich habe dieses Buch soeben zum mindestens fünften Male durchgelesen, und jedes Mal packt es mich von neuem.

… und formt bis heute am Bild des jüdisch-arabischen Konflikts:

Ich bin keine Jüdin, keine Araberin, ja ich war noch nichtmal in Israel. [...]
Die neuesten Geschehnisse in Israel (Tod Arafats) haben mich zum ersten Mal stutzig gemacht. Wie kann das eigentlich passieren, so ein Konflikt? Warum hassen sich Menschen so? [...]

Ich habe meinem Vater davon erzählt und prompt schleppt er mir ein ganzes “Exodus”-Paket (Buch, CD, Film) an.”Das musst du unbedingt lesen! Dann wird dir einiges klar!” das war eine gewaltige Untertreibung.
Dieses Buch [...] verpackt geschichtlichen Hintergrund in eine packende, anrührende Geschichte.

* HEYNE-Verlag, 1990. HEYNE gab auch Bücher von “Paul Carrell” heraus, wie “Die Wüstenfüchse. Mit Rommel in Afrika”. “Carrell” hieß in Wirklichkeit Paul Karl Schmitt und war SS-Obersturmbannführer. Mit seinen Erfolgsromanen wie “Unternehmen Barbarossa” über den “Rußlandfeldzug” (besser: Weltanschauungs- und Vernichtungskrieg im Osten) betrieb er Geschichtsklitterung im grossen Stil.

Die Zitate sind den Seiten 288 ff. entnommen

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Geschrieben von

schlesinger

"Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt" Jorge Louis Borges

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