Linke Moralapostel

Eiertanz der Demokraten: Was linke Moralapostel mit rechten Stammtisch-Diplomaten verbindet. Und was sie von "kompromisslosen Demokraten" unterscheidet.

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Was erwarten linke Moralapostel?

In einem aktuellen Kommentar zur Armenien-Resolution des deutschen Bundestages - von der sich die Merkel Regierung wunschgemäß, und Erdogan konform distanziert- gibt der Spiegel eine wirklich überzeugende Antwort auf diese Frage:

»Der Umgang mit solchen Partnern erlaubt es einer Regierung schlicht nicht, immer nur "Hardball" zu spielen«

Was man von ihnen nicht erwarten sollte

Na klar, - das ist es...

Nicht, was linke Moralapostel erwarten - das sollte man sich vielleicht sowieso besser ersparen - aber immerhin, was sie nicht erwarten:

Natürlich nicht die wertebasierte Moral, auf die es die freien Medien und die (besser gestellten) freien Bürger abgesehen haben. "Hardball" spielt man eben geeigneterweise nicht mit harten, aber wichtigen Partnern, sondern mit Softies. Das sind - neben Warmduschern - Habenichtse, Flüchtlinge, Arbeitslose, auch Demonstranten, wenn sie für oder gegen eine falsche, beispielsweise naiv-friedensbewegte Sache oder TTIP demonstieren , im Vorfeld oder vor Ort keine Ordnungskräfte bereitstellen, um zu verhindern, dass sich die falschen Leute an ihren Demonstrationen beteiligen.

Also mit einem Wort: Diejenigen, die von Realpolitk, wie sie der Spiegel, die etablierte Politik und andere Institutionen unserer freien westlichen Welt verstehen, keinen blassen Schimmer haben. Wie auch? Diesen Durchblick bekommt man ja schließlich erst, wenn man sich, aller Illusionen ledig, mit einem Pöstchen oder einer Gewinnbeteiligung, durch Honorare, Tantiemen, Saläre belohnt, damit abgefunden hat, dass Völkermord eben nicht gleich Völkermord und Moral nicht gleich Moral ist. Weshalb man sie ja auch richtig "Doppelmoral" nennt.

Auch das rechte Maß an Druck im rechten Moment auf- und wieder abzubauen - wie ein olympisches Dorf, je nachdem, ob es sich um "unsere Spiele" oder um Behinderte handelt, die natürlich auch spielen wollen und sollen - erfordert schon Augenmaß. Das aber kann nur vorhanden sein, wenn auch der Messende über die rechte Gesinnung verfügt. Und wenn seine Maßgaben, von den Kollegen weltweit erkannt und ohne Rücksprachen politisch korrekt bewertet wird.

Der naive Glaube linker Moralapostel

Naiv wäre jeder Glaube an eine Moral, die dazu führen könnte, "uns und die Türkei vollständig zu isolieren und in ein Bündnis mit Wladimir Putin zu treiben". Wie der Spiegel das als konkrete Bedrohung auch eindeutig benennt. Dass Recep Tayyip Erdoğan und Wladimir Putin ziemlich beste Freunde sind, und sich von abhängigen Partnern, wie die Deutschen und Angela Merkel sie darstellen, niemals davon abbingen ließen, Bündnisse nach Belieben und Bedarf einzugehen, was sie ja auch öffentlich demonstrieren, ist kein Argument, sondern ein Scheinargument und ein weiteres Beispiel für das, was der Spiegel "das rechte Maß zwischen Moral und Realpolitik" nennt.

Was ist Realpolitik und was falsche Moral?

Nicht, dass irgendjemand das falsch versteht: Natürlich ist Kompromisslosigkeit angesagt. Aber eben nur da, wo man sie sich leisten kann. Den oben zitierten Moralaposteln gegenüber beispielsweise , oder wenn es darum geht, kompromisslos, und gegen alle Erfahrungen die Politik fortzusetzen, die uns weiterhin auf dem Erfolgskurs hält, mit dem wir seit dem selbstverschuldeten Crash der sowjetischen Politapostel die Welt so unglaublich frei und ins Positve verändert haben. Das "rechte Maß zwischen Moral und Realpolitik" eben, und diesbezüglich sollte man sich auf keine Kompromisse einlassen.

Fazit

"Hardball" mit wichtigen Partnern spielen geht jedenfalls gar nicht, das erfährt man hier eindeutig und ohne Skrupel. Und wie wäre es, in dem Sinne eine angemessene Antwort auf real vorgefundene Tatsachen zu geben, egal ob jemand nun ein Autokrat, ein Despot militärisch und wirtschaftlich unverzichtbar ist? Und sei es "nur", um daraus einen politischen Wertekanon ableiten zu können, der nicht das Etikett "scheinheilig" verdient? Das wäre vermutlich nur naiv. Oder eben etwas für rechte Stammtisch-Diplomaten oder linke Moralapostel. Auf keinen Fall aber für die seriöse Politik und auch nicht für seriöse Berichterstattung über seriöse Politik. Über das schwindende Vertrauen, der Bürger in die Möglichkeiten der Demokratie, Politikmüdigkeit und irrationale Tendenzen muss man sich keine Gedanken machen. Und warum die Distanzierung der Merkel Regierung öffentlich nicht Distanzierung genannt werden darf, ob und was man selber als mediale Öffentlichkeit dazu beiträgt, das sind offenbar nicht mehr die Fragen, denen man sich zu stellen hat. Auch nicht, wenn man den Anspruch vor sich her trägt, die so genannte "Vierte Gewalt" im Staate zu sein. Das kann man als Anspruch zwar ganz selbstverständlich formulieren, aber nur um es empört weiter zu reichen. An diejenigen, die sich dann innerhalb dieser Inszenierung von Demokratie wieder "auf der anderen Seite" befinden: an die Politik. So macht man das mit wichtigen Partnern eben.

Und für alle linken Moralapostel: Das nennt sich Realpolitik!

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

schna´sel

Flüchte nichtin ein Land,in dem der GeizhalsSchätze hortet

schna´sel

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