Vier Prügeleien und kein Todesfall

Jogis Tagebuch 20 Heute berichtet Jogi, warum sich Schürrle und Reus die Unterhosen über den Trainingsanzug anziehen. Außerdem versuchen Niersbach und Bierhoff, nicht einzuschlafen
Vier Prügeleien und kein Todesfall

Illustration: der Freitag

Dienstag, 26. Juni

Heute habe ich Schweini auf der Intensivstation besucht. Zum Glück ist er wieder aus dem künstlichen Koma erwacht, seinem Knöchel geht es den Umständen entsprechend. Ich habe seine Verletzung ehrlich gesagt zunächst unterschätzt, aber als ich ihn dort liegen sah, angeschlossen an diesen ganzen Schläuchen und Kanülen, wurde mir anders. Da merkst du erstmal, wie schnell so ein sorgenfreies Fußballerleben vorbeisein kann. Wir haben ein paar Worte miteinander gesprochen, aber er ist noch sehr schwach und musste nach jedem Satz pausieren.
„Wie geht es dir, Schweini?“
„Trainer, ich will unbedingt am Donnerstag gegen Italien spielen… ich will diesen Titel…“
„Werd erstmal wieder richtig gesund. Ich soll dir übrigens alles Gute von der Mannschaft überbringen.“

Das war eine Lüge. In Wahrheit hatte sich jeder gefreut, einen Konkurrenten weniger zu haben.
Bevor ich das Zimmer verließ, sagte er noch: „Trainer, sagen Sie Sarah, dass für Sie gesorgt ist… falls ich mal nicht mehr sein sollte.“
Ich wischte mir mit dem Ärmel übers Gesicht.

Als ich zurück ins unser Hotel kam, herrschte dort Krieg. Der Kampf um einen Platz in der Startelf nahm Formen an, die empfindliche Gemüter als übertrieben empfinden würden. Ich aber sagte „Solange es nicht genäht werden muss, ist es okay.“ Im Foyer hatten sich Reus und Schürrle in einen Wrestling-Kampf mit Müller und Podolski begeben. Sie hatten sich dazu extra ihre Unterhosen über die Trainingshosen angezogen und sich die Brust eingeölt. Hühnerbrust Schürrle lag allerdings nach drei Minuten bewegungslos unter der Couch, während Reus mit seinen haarspraygestählten Stachelschweinsträhnen Podolski mehrfach ins Auge gestochen hatte, bis dieser hinter einen Sessel geflüchtet war. Bei Redaktionsschluss dieses Tagebuchs war der Kampf noch nicht entschieden.

Boateng hingegen hat sein Duell gegen Bender ziemlich schnell beendet. Beim Mittagessen hatte unser Partyprinz von Zamunda ihm fünf Ecstasy-Pillen in den Orangensaft geworfen. Als ich vorhin noch einmal nachsah, tanzte Bender im Aufenthaltsraum noch immer zu „Leider geil“. Die Ärzte sagen, er wird heute Nacht einfach umkippen und ungefähr drei Tage kein Fuß mehr vor den anderen setzen können.

Etwas Sorge macht mir das Duell zwischen Gomez und Klose. Der Superkatholik Klose war ganz begeistert zu hören, dass der Papst sich möglicherweise das Halbfinale ansieht. Das ließ ihn das rechte Maß vergessen. Dass er morgens Gomez mit einem mustergültigen Salto umsäbelte, lasse ich ja noch als Bubenstreich durchgehen. Dass er aber im Anschluss die Tönung mit der Spülung vertauschte, ging doch zu weit. Er weiß doch, wie wichtig Mario seine Haare sind. Gomez revanchierte sich angemessen. Zuerst hetzte er ihm einen Awo-Altenpfleger auf den Hals, dann nahm er ihm seine Schnabeltasse weg, was ihn nahe an den Verdurstungstod führte. Der Zweikampf ist noch völlig offen, aber ich begrüße es, wenn die Spieler mir die Entscheidung abnehmen.

Überraschend hat sich auch unter den Funktionären ein Duell entwickelt. Bierhoff und Niersbach streiten sich darum, wer der zweitwichtigste Mann beim DFB ist. Da die beiden aber nicht über besondere Fähigkeiten, also genaugenommen über gar keine Fähigkeiten verfügen, ist der Zweikampf relativ öde. Sie sitzen sich bloß im Speisesaal gegenüber und versuchen, erst nach dem anderen einzuschlafen.

Ich möchte noch mit einer Fehlinformation aufräumen. Sony vermeldete vorhin, dass sich die Spieler schon den Film The Amazing Spider-Man ansehen durften. Özil soll wörtlich gesagt haben: „Klasse, dass wir den Film THE AMAZING SPIDER-MAN™ vorab in unserem Mannschaftshotel sehen konnten. Danke, dass unser Partner Sony das möglich gemacht hat.“ Das ist natürlich Blödsinn. Der Film hat schließlich erst eine Altersfreigabe ab 12 Jahren.

Jogi Löw ist damit beschäftigt, Europameister zu werden. Sein geheimes Tagebuch muss unser Autor Sebastian Dalkowski schreiben. Der hält sich deshalb bis zum Ausscheiden der Nationalmannschaft für den Bundestrainer.

Der digitale Freitag

Mit Lust am guten Argument

Geschrieben von

Die Vielfalt feiern – den Freitag schenken. Bewegte Zeiten fordern weise Geschenke. Mit dem Freitag schenken Sie Ihren Liebsten kluge Stimmen, neue Perspektiven und offene Debatten. Und sparen dabei 30%.

Print

Für 6 oder 12 Monate
inkl. hochwertiger Weihnachtsprämie

Jetzt sichern

Digital

Mit Gutscheinen für
1, 6 oder 12 Monate

Jetzt sichern

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden