Historische Ereignisse haben ihre Bilder. Am 5. Februar gratuliert im Erfurter Landtag AfD-Mann Björn Höcke dem gerade zum Ministerpräsidenten gewählten FDP-Politiker Thomas Kemmerich. Die Galionsfigur des faschistischen Flügels der Partei senkt sein Haupt und gibt dem großen, glatzköpfigen Kemmerich betont ehrerbietig die Hand.
Die Geste erinnert an jenes berühmte Bild aus dem März 1933, als Adolf Hitler Reichskanzler Paul von Hindenburg die Hand reichte und demütig auf den Boden blickte. Es war die demonstrative Verneigung der Nazis vor dem Reichspräsidenten, um von ihm Unterstützung für die gerade erst geschmiedete Regierung zwischen NSDAP und Deutschnationalen zu erhalten.
Höcke ist kein Reichskanzler, Kemmerich kein Reichspräsident, der Aufstieg der AfD nicht eins zu eins mit jenem der NSDAP vergleichbar – und dennoch machte der Vergleich kurz nach der Wahl die Runde.
Für Höcke, den AfD-Fraktions- und Landesvorsitzenden in Thüringen, war der Tag ein grandioser Erfolg, seine Strategie ging voll auf: mit einem Taschenspielertrick die Gegner in Panik zu versetzen. Es ist die Strategie des Angriffs aus dem Hinterhalt; aus einer zahlenmäßig unterlegenen Position dem Gegner mit minimalem Aufwand maximalen Schaden zufügen, um mittelfristig aus der Schwäche der anderen gestärkt hervorzugehen. Höcke ging es nie um tatsächliche Zusammenarbeit, sondern um absolute Macht, „konsequentes ‚Durchregieren“, einen „vollständigen Politikwechsel“, wie er im Buch Nie zweimal in denselben Fluss schreibt. „Wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen.“
Doch noch ist diese „Wendezeit“ nicht gekommen, das wissen auch Höcke und Kameraden. Bis dahin ist es ratsam, den Gegner durch Nadelstiche zu beschädigen. Götz Kubitschek vom neurechten Institut für Staatspolitik, Freund militärisch anmutender Diskurstaktiken und Höcke-Vertrauter, war begeistert: „So konstruktiv-destruktiv wie Höcke hat aus dieser Partei heraus noch keiner agiert. In Thüringen jemanden so auf einen Stuhl setzen, dass es in Berlin einem anderen Stuhl die Beine abschlägt: Das taktische Arsenal der AfD ist um eine feine Variante reicher.“
Zunutze kommen der AfD jene Konservativen, die auf einen „bürgerlichen“ Block gemeinsam mit FDP und AfD setzen, etwa die rechte Werteunion innerhalb der CDU, namentlich Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen oder Strippenzieher wie Karl-Eckard Hahn, jahrelang Sprecher der CDU-Fraktion in Thüringen. Er fragte bereits am 2. Februar im Internet auf theeuropean.de: „Doch was ist, wenn eine Regierung mit Stimmen von AfD-Abgeordneten ins Amt kommt?“. Seine Antwort: „Die Stimmabgabe zugunsten eines FDP-Kandidaten, der ohne einen Koalitionsvertrag oder sonstige politische Zusicherungen an den Start ginge, verpflichtete diesen politisch zu absolut nichts. Weder gegenüber der AfD noch irgendjemandem sonst.“ Kein Problem also. Drei Tage vor der Wahl war deren Ausgang absehbar. Hahns Stimme hat in der Thüringer CDU Gewicht – und er ist bestens vernetzt mit der parteiübergreifenden Neuen Rechten.
In Sachsen-Anhalts Landtag hat derweil CDU-Vize-Fraktionschef Lars-Jörn Zimmer eine von der AfD unterstützte Minderheitsregierung seiner Partei für „absolut denkbar“ erklärt. Außer in Magdeburg stehen 2021 Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und, dem Plan nach, im Bund an.
Kommentare 8
- die manipulative --->provokation(wikipedia), regel-verletzung,
gehört nicht zum alltag des ruhigen herrschens und
kann un-gewollte reaktionen hervor-rufen.
- in der medizin rufen provokationen die körpereigenen kräfte
zur abwehr herbei.
Man muss sich schämen, vor allem, weil es Deutschland ist und das alles unter den Augen des Auslands passiert. Die NZZ fragt sich was los ist in DE. Faktisch haben FDP und CDU sich in eine Falle der Faschisten begeben! Das wieder aufzufangen dürfte sehr sehr schwer sein. Wir brauchen einen Dialog, der stets auf die zerstörerische Intention der AfD hinzuweisen hat. Notfalls muss jemanden, der die Meinungsfreiheit missbraucht und einfach sinnfrei gegen die Meinung von Demokraten anbrüllt, auch mal Rede- oder Berufsverbot geben. Den sog. Radikalenerlass erließ man in wesentlich ruhigeren Zeiten, nur weil die Macht der CDU auf dem Spiele stand. Wegen NSU, AfD, Synagoge in Halle oder Lübcke müssen Staat und seine Bürger wieder Respekt verschaffen gegen den braunen Sumpf.
»Außer in Magdeburg stehen 2021 Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und, dem Plan nach, im Bund an.«
Das heißt: noch ein Jahr Zeit. Zeit, die Fugen abzudichten, nötige Reparaturarbeiten anzugehen, den Deich mit einer funktionierenden Deichwache zu besetzen und einen funktionierenden demokratischen Katastophenschutz aufzugleisen im Anblick der schwarz-blau-braunen Brühe, die da auf uns zuschwappen und, so ihr oberster Trommler, »keine halben Sachen« machen will.
Anders gesagt: Es ist Ernst. Jedermann und jedefrau ist gefragt.
“- in der Medizin rufen Provokationen die körpereigenen Kräfte“ Wir sollten den med. Teil den Experten überlassen, denn das Immunsystem kann auch zum Feind werden. Hier in diesem Fall war die “Kollektive“ Entscheidung ausschlaggebend, keiner kann sich mehr hinstellen, dass haben wir nicht gewusst, dass wollten wir nicht so! ( AfD Protestwähler eingeschlossen )!
da haben Sie recht: gezielte provokationen können
zu unsteuerbaren reaktionen und über-reaktionen führen:
nicht nur im körper.
Man sollte sich beim Kampf gegen Rechts nicht zum Nützlichen Idioten Neoliberaler Hintermänner*Innen machen lassen. Davor warnt Rainer Mausfeld in den NachDenkSeiten. Es sind nicht die Menschen, die wir bekämpfen müssen, sondern ihre menschenverachtende Ideologien.
Geht die Sache gelassen an: Gebt diesen Demagogen recht, wo sie recht haben und bekämpft zielgerichtet ihre gefährliche Propaganda und lasst dabei den eigenen Hass zu Hause.
Ich möchte auf einen viel sagenden Widerspruch in der Argumentation Sebastian Friedrichs hinweisen. Auf der einen Seite sagt er, dass es Höcke durch einen "Taschenspieltrick" gelungen sei, seine Gegner " in Panik zu versetzen, und spricht von einem gelungenen "Angriff aus dem Hinterhalt". Auf der anderen Seite verweist er auf die "Werteunion" und einzelne CDU-Landespolitiker, die einer Zusammenarbeit mit der AFD durchaus positiv gegenüberstehen.
Doch es gab weder Taschenspielertrick noch Hinterhalt und sicherlich sind nicht alle Mitglieder der Thüringer CDU und FDP in der Werteunion. Höcke hat FDP und CDU in Thüringen schon im November 2019 eine Zusammenarbeit angeboten und als notwendig dargestellt, um Rot-rot-grün um jeden Preis zu verhindern. Diesem Ziel hatten sich auch CDU und FDP verschrieben und dementsprechend ihren Erfolg, die Wahl Kemmerichs, gefeiert.
Nein, hier geht es nicht um Höckes AFD, die ihren Gegnern eins ausgewischt haben, sondern hier wuchs zumindest kurzzeitig zusammen, was inhaltlich programmatisch zusammen gehört unter den Parolen: Antikommunismus, Antisozialismus, Deutschland zuerst, Neoliberalismus und freie Marktwirtschaft!
Ganz egal. ob man nun mit der AFD sympatisiert oder nicht: Sie wurden demokratisch gewählt. Statt nun aber selber in in hinterhältige Trickserein zu verfallen, sollte man sich lieber Gedanken drüber machen, wieso es soweit kommen konnte. Aber genau dieses Thema meiden die Etablierten, wie der Teufel das Weihwasser, denn dann müsste man ja eingestehen, dass man den Schlamassel selber angerührt hat.Ein überwiegend homogenes egoistisches elitär-dekadentes Polit-Gesocks, dass nur die eigenen Pfründe im Schilde führt - DAS ist es, was viele Wähler derart ankotzt, dass sie in Scharen den rechten Rattenfänger hinterher laufen.Dazu die tägliche neoliberale Hirnwäsche in Form des systemkonformen Eiheitsbreies der "Leitmedien" ... und die Suppe ist am dampfen. Wen wunderts?