„Mein Onkel schwieg lange“

Holocaust Memorial Day Frank Nonnenmacher stritt für die Anerkennung von „Asozialen“ und „Berufsverbrechern“ als NS-Opfer. 2020 ist der Bundestag dem gefolgt. Die versprochenen Finanzmittel für Entschädigung und Aufarbeitung aber sind bis heute nicht in Sicht
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 04/2022
Noch immer sind nicht alle Opfer rehabilitiert – die „Sicherungsverwahrten“, zumeist Polen, wurden 2020 ausgespart
Noch immer sind nicht alle Opfer rehabilitiert – die „Sicherungsverwahrten“, zumeist Polen, wurden 2020 ausgespart

Foto: Ken Cedeno/Getty Images

Zwei Jahre ist es her, dass der Bundestag die von den Nazis als „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ Verfolgten endlich offiziell als Opfergruppe anerkannt hat. Der Sozialwissenschaftler Frank Nonnenmacher zieht eine kritische Zwischenbilanz.

der Freitag: Herr Nonnenmacher, 75 Jahre nach Kriegsende hat der Bundestag „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ offiziell als NS-Opfer anerkannt. Lebten überhaupt noch Betroffene?

Frank Nonnenmacher: Ja, einige Betroffene haben es noch mitbekommen.

Ihr Onkel, Ernst Nonnenmacher, konnte das aber nicht mehr miterleben.

Mein Onkel war vier Jahre im KZ. Zunächst hatte er einen schwarzen Winkel – ein Stoffdreieck auf der linken Brustseite der Häftlingskleidung –, galt also als sogenannter Aso