Gott, der Tod und andere Fragen

Musik Auch wenn vielleicht nur ein sehr kleiner Teil der Welt 35 Jahre darauf gewartet hat: Endlich kommen die Black-Sabbath-Riffs wieder von Black-Sabbath!
Ausgabe 24/2013

Hinterher ist man immer schlauer. 1970 urteilte Rainer Blome, Gründer der Musikzeitschrift Sounds, über das Debütalbum von Black Sabbath, dass „in der Richtung, die Black Sabbath einschlägt, so gut wie alles schon gesagt worden“ sei. Rückblickend eine historische Fehleinschätzung, war das selbstbetitelte Debüt der Briten doch nicht der Endpunkt einer musikalischen Entwicklung, sondern der Gründungsakt eines ganzen Genres. Keine Geschichte des Heavy Metal kommt ohne Verweis auf das revolutionäre Potenzial von Tonny Iommis tiefer gestimmter Gitarre und den legendären Teufelsakkord in der Bandhymne „Black Sabbath“ aus.

Auch über 40 Jahre später ist, frei nach Hesse, dieser Zauber, der dem Anfang innewohnte, nicht verflogen und wird nach wie vor zelebriert, denn im traditionell strukturkonservativen Metal mit seinem ausgeprägten Geschichtsbewusstsein werden Pioniertaten gewürdigt. Das Black-Sabbath-Epigonentum ist mittlerweile ein eigener Business-Zweig. Ohne Innovationsanspruch versuchen Bands wie Orchid, Witchkraft oder die Berliner Kadaver möglichst nah an den Sound der Altvorderen heranzukommen. Dieser Authentizitätswahn führt zu skurillen Auswüchsen, etwa wenn die Spätgeborenen Aufnahmetechnik verwenden, die älter ist als sie selbst, um den Klang der Siebziger bestmöglich zu reproduzieren. Die Folge ist eine Flut von Alben, die Black-Sabbath-Riffs variieren.

Wenn nun aber Black-Sabbath-Riffs wieder von Black Sabbath kommen, sind der Erwartungsdruck und die Angst vor einer Selbstdemontage der Legende groß. Die Ankündigung des Labels – „35 Jahre hat die Welt darauf gewartet“ – tut ihr Übriges. Nach dem Tod von Ronnie James Dio, 1979 der Nachfolger und von 2006 bis 2010 der Vorgänger von Ozzy Osbourne, haben sich drei Viertel der legendären Ur-Besetzung (Osbourne, Iommi und Bassist Geezer Butler) zusammengerauft und mit Produzent Rick Rubin ihr neues Album 13 eingespielt. Rubin ist ein Fachmann, wenn es darum geht, Stars aus der Musikwelt des 20. Jahrhunderts für die Gegenwart fit zu machen. 13 verbindet vieles, was die alten Platten zu Klassikern machte, ohne auf einen Retrokult zu verfallen. Obgleich das Düstere, Bedrohliche und irgendwie Okkulte damals noch mehr zur Geltung kam, sind die unverkennbaren Black-Sabbath-Trademarks geblieben. Das Wabern von Iommis Riffs unterlegt Osbournes charakteristisches Quengeln, das, anders als bei seinen Soloalben, kaum technisch aufgepeppt wurde.

Der Neunminüter „God Is Dead?“, gleichzeitig auch die Single, sticht heraus. Der Song könnte eine Vertonung der transzendentalen Obdachlosigkeit unserer Tage sein und begibt sich auf die Sinnsuche zwischen einem apodiktischen „Gott ist tot“ und dessen Infragestellung. Dabei wogt die Musik zwischen schwerfälligem Tasten und gebremstem Nachvornestampfen. „Zeitgeist“, der Ruhepol des Albums, bewegt sich nah am Eigenplagiat. „Planet Caravan“ vom Paranoid-Album stand hier eindeutig Pate. Selbst die Bongo-Trommeln hat man übernommen. Aber wenn es schon en vogue ist, Black Sabbath nachzuspielen – warum sollten sie selbst es dann nicht auch machen?

13 Black Sabbath Universal Music

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