Da muss die Freiheit wohl grenzenlos sein

Profit Die Lufthansa feiert einen Rekordgewinn. Das freut die Aktionäre – und überblendet, wie der Staat dieses Ergebnis zu Lasten von Beschäftigten und Klima begünstigt
Dem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, denkt der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa, Carsten Spohr, gerade an die Geschichte hinter der Erfolgsgeschichte
Dem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, denkt der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa, Carsten Spohr, gerade an die Geschichte hinter der Erfolgsgeschichte

Foto: Daniel Roland/AFP/Getty Images

In der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der Lufthansa macht die Arbeit derzeit sicher viel Freude. Das beste Ergebnis der Konzern-Geschichte gilt es zu verkünden, eine Steigerung des operativen Ergebnisses um 70 Prozent auf rund drei Milliarden Euro, der Überschuss wuchs um ein Drittel auf 2,4 Milliarden Euro. Der Vertrag Carsten Spohrs, des Vorstandsvorsitzenden, wurde gerade bis Ende 2023 verlängert. Das alles ist eine schöne Geschichte für die Texter von Pressemeldungen, die Vorstandsetagen und die Aktionäre – neben den in Streubesitz befindlichen Aktien ist der Vermögensverwalter Blackrock größter Einzelaktionär. Die Geschichte hinter der Geschichte ist nicht so schön.

Den großen Riemen dahinter stellt die Transformation der zivilen Luftfahrt "von einer weitgehend staatlich organisierten Angelegenheit zu einem durch und durch kapitalistischen Business" im Interesse des dringend nach Anlagemöglichkeiten suchenden Privatkapitals dar. Aber es geht auch eine Nummer kleiner: vor allem die boomenden Billigflieger bringen den Aktionären Profit und der Branche Perspektiven – seien die Folgen des mitunter durch den Flugverkehr beförderten Klimawandels noch so offensichtlich.

Erst die Befreiung der gewerblichen Luftfahrt von der Mineralölsteuer und der Verzicht auf eine etwa vom Mobilitätsverband VCD schon lange eingeforderte Kerosinsteuer ermöglichen Profite wie den jetzigen der Lufthansa. Deren gezielte Bevorteilung durch die Bundesregierung hat aber noch andere Facetten – am eindrücklichsten hierfür war zuletzt die Insolvenz der Air Berlin.

150 Millionen "Kredit"

Die Lufthansa ist der große Profiteur dieser durch eine staatliche, als "Kredit" getarnte 150-Millionen-Euro-Spritze abgefederten Insolvenz. Ihr ehemaliger Konzernbeschäftigter Thomas Winkelmann hatte seit Februar 2017 als Air-Berlin-Chef allem Anschein nach entsprechende Vorarbeiten leisten dürfen – und wird dafür noch bis 2021 mit knapp einer Million Euro pro Jahr belohnt.

Derweil wissen viele der einst bei Air Berlin Beschäftigten oft nicht, wie sie ihre nächste Miete bezahlen sollen. Im Februar schilderte Verdi, wie wenig sich die Lufthansa-Tochter Eurowings um derartige Schicksale bei der von ihr übernommenen Air-Berlin-Tochter LGW schert. Warum sollte sie auch? Die Senkung von Kosten, das Drücken von Löhnen, Einbußen bei der Altersversorgung – all das ist das Credo eines Konzerns, für das dessen Billigtochter nicht allein, aber am exemplarischsten steht – und das sich auszahlt. "Trotz der hohen Belastungen durch Sondereffekte im Rahmen der Marktkonsolidierung", schreibt die Lufthansa über Eurowings, sei eine Steigerung der "Marge in der Summe um 7,3 Prozentpunkte und ein positives Ergebnis von rund 100 Millionen Euro" festzustellen.

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Geschrieben von

Sebastian Puschner

Stellvertretender Chefredakteur und Ressortleiter „Politik“

Sebastian Puschner studierte Politik-, Verwaltungswissenschaften und Philosophie in Potsdam und wurde an der Deutschen Journalistenschule in München zum Redakteur ausgebildet. Bei der taz arbeitete er als Redakteur im Berlin-Ressort. 2014 wechselte Sebastian Puschner zum Freitag, wo er den monatlichen Wirtschaftsteil mit aufbaute. Seit 2017 ist er verantwortlicher Redakteur für Politik, seit 2020 stellvertretender Chefredakteur. Er interessiert sich besonders für Politik und Ökonomie von Hartz IV bis Cum-Ex sowie für Fragen zu Geopolitik, Krieg und Frieden.

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