Die Partei des Bürokratieabbaus hat es nicht anders gewollt. Nach dem von der FDP initiierten und mit 56 Prozent für die Offenhaltung des Flughafens Berlin-Tegel gewonnenen Volksentscheid läuft die Maschinerie nun an: Parlamente und Regierungen, Verwaltungen und Gerichte vermag ein Ergebnis zu beschäftigen, das von allerhand Tegel-Nostalgie gerade im Westen der Stadt, von 105 Großplakaten und 30.000 Euro vom Billigflieger Ryanair sowie von Empörung über das Fiasko BER geprägt war.
Als einziger Großflughafen der Region Berlin-Brandenburg soll Letzterer einmal dienen und Tegel sechs Monate nach dessen Eröffnung schließen. Doch das weiter unklare Eröffnungsdatum erlaubte der FDP, ein Chaos-Szenario zu malen, in dem die Hauptstadt ohne Tegel nicht mehr aus der Luft erreichbar wäre – zumindest nicht für ausnahmslos alle Touristen, Start-up-Gründer und Gäste der Bundesregierung, die in Berlin zu landen begehren.
Was wäre daran eigentlich schlecht? Müsste dem rasenden Wachstum des Flugverkehrs nicht ohnehin Einhalt geboten werden, nähme man Erkenntnisse der Klimaforschung ernst? Warum nicht bei innereuropäischen Flügen auf eine Obergrenze hinarbeiten, was massive Investitionen in Schiene voraussetzen würde, sodass eine Zugfahrt künftig nicht nur zwischen München und Berlin verblüffend kurze vier Stunden dauert?
In der Debatte um Tegel solche Fragen zu stellen, wäre für die regierenden rot-rot-grünen Schließungsbefürworter politischem Selbstmord gleichgekommen. Freier Flug für freie Bürger – das Mantra wirkt, obwohl es mit Blick auf Tegels Zukunft, sollte der BER doch noch eröffnen, eine fromme Hoffnung bleiben dürfte: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat ein Gespräch mit der Kanzlerin angekündigt und eine gemeinsame Kabinettssitzung seines Senats mit der rot-roten Landesregierung in Potsdam in Aussicht gestellt – ohne Zustimmung Brandenburgs sowie des Bundes kann Tegel nicht offen bleiben, beides ist unwahrscheinlich. Das wusste die FDP von Anfang an, doch darum ging es ihr nie, sondern einzig um Druck auf die rot-rot-grüne Stadtregierung.
Die Koalition weiß sich zu wehren – bei einem anderen Flugverkehrsthema, das die Stadt betrifft: Mitarbeiter aus der Verwaltung von Air Berlin, die die laufende Zerschlagung der Gesellschaft den Job kosten wird, will der Senat in seinen unter Personalmangel leidenden Behörden anheuern – was Vorbildcharakter für die Transformation fossiler Branchen hat.
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